Liebe Grüße an Alpbach bitte. Der Redakteur kommt aus Wien und publiziert auch beim Handelsblatt.
Polen zeigt: Wenn die Banken Firmen zum Kohleausstieg drängen, wird die Luft dadurch nicht besser
Polen produziert einen grossen Teil des Stroms mit Kohle. Für die Energiefirmen des Landes ist das ein finanzielles Problem. Der Staat will ihnen daher das Kohlegeschäft abnehmen. Die Investoren freut das – der Umwelt hilft es wenig.
Daniel Imwinkelried, Wien
20.07.2023, 16.00 Uhr 3 minEnergiefirmen, die Kohle und andere fossile Energieträger verfeuern, sind für die Banken zum Problem geworden. Deshalb ziehen sie sich aus der Finanzierung von Kohle- und Erdölgeschäften zurück. Aber gibt es deshalb auch weniger CO2-Emissionen, und wird die Luft dadurch besser? Leider nicht, wie das Beispiel Polen zeigt.
Seit über zwei Jahren verhandeln der polnische Staat und die vier halbprivaten Energieerzeuger PGE, Tauron, Energa und Enea über eine einschneidende Transaktion: Die Kohleminen und die Kraftwerke, die Stein- und Braunkohle verfeuern, sollen von einer staatlichen Gesellschaft übernommen werden.
Die Emissionszertifikate kommen die Firmen teuer zu stehen
Der Besitzerwechsel ist komplex, deshalb zieht er sich hin. Vor wenigen Tagen hat die Regierung jedoch ein weiteres Etappenziel erreicht. Sie gab den Unternehmen bekannt, zu welchen Konditionen man die Kohlegeschäfte übernehmen wolle.
Die Anleger waren erleichtert. Nach der Ankündigung stiegen die Aktienkurse der vier Energiefirmen zwischen 15 und 30 Prozent. Auch die Chefs der Unternehmen sehnen die Transaktion mit dem Staat herbei, denn sie stehen doppelt unter Druck.
Erstens seitens der Banken, die ihrerseits von den Aktionären dazu gedrängt werden, die Kreditvergabe an Firmen mit einer schlechten CO2-Bilanz einzuschränken. Wenn sie dabei trödeln, laufen sie Gefahr, ins Visier aktivistischer Investoren zu geraten. Daher betonen die Banken in ihren Geschäftsberichten mittlerweile wortreich, wie stark sie die Beziehungen zu Energie- und Rohstofffirmen reduzierten.
Zweitens wird das Kohlegeschäft für die Energiefirmen selbst zunehmend zu einer Last. Zu schaffen machen ihnen die hohen CO2-Preise im Emissionshandel. PGE hat 2021 für Zertifikate umgerechnet 1,8 Milliarden Franken ausgegeben. Das sei etwa so viel, wie man bis 2030 in Formen erneuerbarer Energie investieren wolle, sagte der PGE-Chef. Beim Staat dürfte die Nachricht angekommen sein: Investitionen in grüne Technologie gibt es nur, wenn er PGE die Altlast Kohle abnimmt.
Polen hat den rechtzeitigen Kohleausstieg verpasst
Bei der Energieversorgung befindet sich Polen in einer schwierigen Lage. Im Jahr 2022 stammten 70 Prozent der Elektrizität aus Kraftwerken, die Kohle verfeuern. Kein anderes Land der EU ist so stark vom verpönten Energieträger abhängig wie Polen.
Polen gewinnt viel Strom aus Kohle
Anteil Energieform an der Elektrizitätsproduktion 2022, in %Steinkohle 45%
Braunkohle 26%
Erneuerbare 21%
Erdgas 6%
Übrige 3%
[In etwa, von der Grafik abgeplottet.]Quelle: Forum Energii NZZ / imr.
Den Anteil zu reduzieren, ist eine gewaltige Aufgabe. Aber der Staat ist dafür kaum der ideale Akteur. Mit der Transaktion wird sein Gewicht bei der Stromversorgung steigen. Und möglicherweise wird er der Versuchung nicht widerstehen, die Rahmenbedingungen zu seinen Gunsten zu gestalten.
Ferner besteht das Risiko, dass die Regierung den Kohleausstieg hinauszögert.Dafür will sie sich ohnehin Zeit lassen. Das Steinkohlezeitalter soll in Polen erst 2049 enden, und wann der Ausstieg aus der Braunkohle vonstattengehen wird, ist offen.
Kohle ist nicht mehr konkurrenzfähig
Kohle ist in Polen ein Politikum. In gewissen Gegenden ist der Abbau Teil der kulturellen Identität. Je nach politischer Konstellation wird es sich die Regierung mit den Bewohnern nicht verscherzen wollen – lieber schiebt sie harte Schnitte vor sich her.
Gleichzeitig kommt die Kohle den Staat teuer zu stehen. Er wird zum einen für die Schliessung der Minen und die Renaturierung der vom Tagebau verunstalteten Gegenden aufkommen müssen. Zum anderen ist die Kohle als Rohstoff infolge des hohen CO2-Preises nicht mehr konkurrenzfähig.
Es ist also zweischneidig, wenn Finanzinvestoren Firmen dazu drängen, aus dem Kohlegeschäft auszusteigen. Entweder landet es beim Staat, der anfällig ist für Druckversuche von Interessengruppen. Oder es kommen private Investoren zum Zug, die anders als kotierte Firmen der Öffentlichkeit keine Rechenschaft schuldig sind.An der Ökobilanz ändern solche Besitzerwechsel nichts. Die Kraftwerke werden noch lange da sein. Tief durchatmen können die Bankmanager und die Investoren – die Rechnung begleichen die Steuerzahler.
src: click
Grüße noch mal an Anthony Annett, Leadership Council Member, Sustainable Development Solutions Network, New York und vor allem an Aniket Shah, Senior Advicer, Oppenheimer Funds, New York, NY der 2018 in Alpbach bei einem nicht öffentlichen Kamintalk die Losung ausgegeben hat:
“Leider glauben immer noch zu viele Investoren, sustainable Investing sei Philanthropy, wir haben noch viel Arbeit vor uns.”
Wonach der Saal in tosenden Applaus ausgebrochen ist.
Wie war das nochmal?
Trotz der beeindruckenden wirtschaftlichen Dynamik und Armutsreduzierung in den letzten Jahrzehnten wird immer deutlicher, dass unser derzeitiges globales ökonomisches Paradigma einige grundsätzliche Konstruktionsfehler aufweist. Die anhaltenden Auswirkungen der globalen Finanzkrise, in Verbindung mit der zunehmenden Ungleichheit auch in Bezug auf die Gewinne des technologischen Wandels, belasten stark die Gesellschaften. In diesem Seminar werden wir die Neuausrichtung der Wirtschaft auf das Gemeinwohl, insbesondere im Sinne der Sustainable Development Goals, diskutieren.
src: click
Ja - hat ja prima geklappt die Gesellschaft hier mitzunehmen, die Investmentbanker sind jetzt fein raus, und können sich jetzt wieder guten Gewissens auf nen Cocktail mit grün bewegten Nationalbankern gehen - nur halt der Staat trägt jetzt die Altlasten.
Oder halt ein Masseverwalter der nicht mehr reguliert wird.
Ich mein garnicht auszudenken, wenn die Partikularinteressen hier nicht geboosted worden wären, dafür gabs im Jahr darauf ja auch Greta!
Wobei der ehemalige Eventmanager der IG Alpbach Wien Fridays for Future gleich als einer von zwei Mitgründern selbst gegründet hat. “Da wir sowas hier auch brauchen.”
Worauf Alpbach 2019 sehr glücklich war dass es “Fridays for future nach Alpbach geschafft haben”!
Also wirklich, so eine geniale demokratiepolitische Initiative UND klimapolitische Strategie hab ich ja bisher noch nie erlebt!
KEINE Veränderung am CO2 Ausstoß.
Polen musste als Staat seine Kohlekraftwerke übernehmen.
Verlangsamt aufgrund des hohen Verwaltungsaufwands jetzt vermutlich den Kohleausstieg.
Stößt die “Altlast” Kohle Richtung Masseverwalter ab - der unterliegt wiederum keinerlei Regulierung.
Und die Banker sind green und gehen derweil was trinken!
Ja hammas schon wieder Forum Zeit? Die österreichischen Medien müßten doch noch einige Ukraine Experten dort kennen lernen, glaub ich.
Zugegeben, ich verlass mich hier nur auf die NZZ und habe keine weitere Quelle - aber holladrio.
Der 40.000 Euro Heizung gehts gut?
Gut, jetzt schafft die Investmentszene durch ihre investments in renewable Energie auch viel Fortschritt und so… Moment, was heißt jetzt dieser Satz da - “Polen hat den rechtzeitigen Kohleausstieg verpasst” achso ja, shit, fuck, das Zertifikatpricing das den Markt regeln sollte…
Eh ja, wie soll ich das jetzt sagen…
Da kam wohl “bei Erneuerbaren hast du ein Drittel des gesamten Investments over time als Initialinvestment” mit den Projektionen eines europäischen Vorzeigestaats und seinen Investoren im Energiesektor nicht zusammen.
Naja, der CO2 Preis steigt jetzt stetig.
Und die Kohlekraftwerke hat jetzt der Staat, der auch keine Rücklagen mehr hat sie ordentlich abzuwickeln, weshalb sie dann auch bald darauf ein nicht mehr regulierter Masseverwalter hat.
Und der Investmentbanker ist grün.
Und das Fenster zum Kohleausstieg wurde von Polen leider verpasst.
Und der CO2 Preis steigt stetig.
Leute, fahrt ihr eigentlich auch schon Elektrofahrrad?
edit: Es gibt heute natürlich aber auch wieder gute Nachrichten. Österreich hat 16 mal soviel wie Deutschland für seine Corona Teststrategie ausgegeben. 5.2 Milliarden Euro. Sehen sie, uns ist der vergreiste, senile Babyboomer als Wähler eben noch was wert. Der bekommt alle paar Jahre auch noch seine Kinderaugen Aktivismus Initiative, und dann passts ihm wieder. Und dann freut er sich auch noch ein bisserl übern Krieg, denn damit muss ja das komplette Geschwafel das er Zeit seines Lebens verzapft hat nicht mal mehr in irgendeiner Form kongruent sein.
Diese Gesellschaft ist das absolut grotesk abartigst Allerletzte.
edit: Sagte ich Polen? ich meinte die G20…: click