Kurz vor Weihnachten hat der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski Offenheit für einen Kompromiss im Streit um die künftige Grenzziehung im Donbass gezeigt. Im Gespräch mit Journalisten griff er den amerikanischen Vorschlag für eine entmilitarisierte Zone in der umkämpften Region auf. Eine solche Lösung sei möglich, sagte er, wie am Mittwoch mehrere ukrainische Medien berichteten. Selenski stellte dabei allerdings mehrere Bedingungen auf, die für Russland derzeit kaum akzeptabel sind.
So ist aus seiner Sicht ein ukrainischer Truppenrückzug aus den nicht besetzten Teilen der Provinz Donezk nur möglich, wenn auch Russland seine Streitkräfte im selben Ausmass zurückzieht. Selenski fordert eine spiegelbildliche Verschiebung hinter die Frontlinie – je nach Abschnitt um 5 bis 40 Kilometer. Dies hiesse, dass die ukrainische Armee ihre Festungsstädte Kramatorsk und Slowjansk räumen würde, das russische Militär sich aber beispielsweise hinter die schon 2023 eroberte Stadt Bachmut zurückziehen müsste. Der Kreml wird dies rundheraus ablehnen.
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Selenskyj Forderungen im Detail:
Russian President Vladimir Putin continues to demand that Kyiv withdraw from the Donbas and abandon its bid for NATO membership to end the conflict. Despite the US insistence on territorial concessions, Ukrainian President Volodymyr Zelenskyy rejected this option as unacceptable. Zelenskyy also demanded security guarantees from the US against a potential new attack by Russia.
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Vergleicht man das von Selenski präsentierte Dokument mit dem ursprünglichen 28-Punkte-Plan, fallen folgende Änderungen auf:
- Nato: Es fehlt der Passus, dass die Ukraine der Nato nicht beitreten darf. Die Beitrittsfrage bleibt damit ungeregelt, was nichts daran ändert, dass Kiew keine Perspektive für eine Mitgliedschaft erhält.
- Sicherheitsgarantien: Die Frage, wie ein neuerlicher russischer Überfall verhindert werden kann, hat für die Ukraine entscheidende Bedeutung. Im ursprünglichen Plan wurde sie nicht konkret beantwortet. Hinzu kommt nun ein Punkt, wonach die Ukraine von den USA und europäischen Ländern Sicherheitsgarantien nach dem Muster von Artikel 5 des Nato-Vertrages erhalten soll. Dies bedeutet eine Verpflichtung zur militärischen Hilfeleistung im Kriegsfall.
- Armeegrösse: Gegenüber dem ursprünglichen Plan wurde die geplante Obergrenze für die ukrainische Armee von maximal 600 000 auf 800 000 Militärangehörige erhöht. Damit soll sichergestellt werden, dass das Land über genügend grosse Streitkräfte für einen künftigen Konflikt verfügt.
- Donbass-Sonderzone: Im neuen 20-Punkte-Plan ist vom erwähnten spiegelbildlichen russischen Rückzug nicht die Rede. Aber Selenski hat diese ukrainische Forderung deutlich gemacht. Alternativ wäre die Ukraine zu einem Friedensvertrag bereit, wenn die Kämpfe im Donbass entlang der jetzigen Front eingefroren würden.
- EU-Beitritt: Konkreter als im ursprünglichen Plan hält das neue Dokument fest, dass die Ukraine Mitglied der EU wird. Ein informeller europäischer Vorschlag sieht einen raschen Beitritt bis 2027 vor.
Sanktionen: Entfernt aus dem ursprünglichen Plan wurde der Vorschlag, die Sanktionen gegen Russland schrittweise aufzuheben.- Russische Gelder: Gestrichen wurde der Vorschlag, die USA an künftigen, mit eingefrorenen russischen Geldern finanzierten Wiederaufbauprojekten gewinnmässig zu beteiligen. Es bleibt unklar, was mit den russischen Geldern geschehen soll und wie die geplanten Wiederaufbau-Fonds konkret gespeist werden.
- AKW Saporischja: Für das russisch besetzte Kraftwerk am Fluss Dnipro schlägt die Ukraine eine leicht andere Regelung vor als die USA. Sie lässt offen, inwieweit Russland künftig Strom aus dem AKW – dem grössten Europas – erhalten soll. Der ursprüngliche Plan sah einen festen Anteil von 50 Prozent vor.
Russland hat über die Vermittlung der USA wahrscheinlich bereits Kenntnis von dieser neuen Version des Friedensplans erhalten. Aus seiner Skepsis macht der Kreml kein Hehl. Der russische Präsidentenberater Juri Uschakow kritisierte bereits am Wochenende, dass sich das Dokument damit nicht verbessert habe. Am Mittwoch kündigte der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow lediglich an, dass Russland eine Antwort an die USA formulieren werde.
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