Man kann als Standard als Seite 1 Artikel ein Interview mit Martin Selmayr über “das Bargeld ist sicher!” bringen.
Und dann einfach nichts tun, während die Bevölkerung in den Kommentaren verzweifelt zwischen Obrigkeitsgläubigkeit, jeder EU Funktioniär ist gut - weil ich bin ja kein FPÖ Jünger und dem was tatsächlich passiert versucht zu unterscheiden. 🙂 Während der Durchschnittsbürger verzweifelt “das löst mein Problem an der Billa Kassa, wenn die Omi vor mir immer noch nicht mit Karte zahlen will” als Argument einbringt. Beziehungsweise der Durchschnittsleser den der Standard eben so hat.
Als Standard Redakteur weiß man natürlich ebenfalls nicht worums tatsächlich geht, also ist man wieder fein raus. 🙂
Also worum gehts? Um eine Obergrenze bei Bargeldzahlungen (auf 10.000,- bis 15.000,- Euro) die das Europäische Parlament verabschieden wird (Verzeihung, debattieren, und dann verabschieden), bei gleichzeitig angedachter Einführung einer Central bank digital currency (CBDC).
Also wer ist Martin Selmayer?
Martin Selmayr, Vertreter der EU-Kommission in Österreich.
Der PR Honcho der EU Kommission.
Was findet Martin Selmayer?
Die Europäische Union und der Europäische Gerichtshof – das sind die richtigen Schauplätze, um die Debatte über Bargeld zu führen
Und komm, s’ geht ja nur ums Geld, dh um M0 Bargeld außerhalb des Bankensystems.
Und worum gehts jetzt im Detail?
Um Klassifikation. Um das nachvollziehbar machen aller größeren Geldflüsse für alle Swiftpartner und die dies noch werden wollen.
CBDCs sind dann ein weiterer Teil davon, da man bestimmte Zahlungen (inspesondere Sozialleistungen) dann in Form von CBDCs ausbezahlen kann.
Bedeutet für jemanden der vor vier Jahren das Whitepaper der ECB zu CDBCs gelesen hat (also mich), man hat viel mehr Instrumente zur “Planung” einer nunmehr schrumpfenden Volkswirtschaft in den kommenden Jahren.
Man kann beispielsweise das Sozialgeld (CBDCs am Smartphone) mit der Inflation wachsen lassen, aber beispielsweise das Bargeldvermögen der Bevölkerung nicht.
Man kann M2 (Ersparnisse und Geldeinlagen mit mittlerer Verfügbarkeit) anders schrumpfen lassen als die über CBDCs ausbezahlten Sozialleistungen, und man kann M0 von heute auf Morgen aus dem täglichen Zahlungsverkehr nehmen. Also nicht durch Zwang, aber durch Nudging, denn warum sollte sich der normale Bürger noch für Bargeld interessieren, wenn er damit sowieso nicht alle seine Zahlungen abwickeln kann, und es noch dazu unpraktischer ist und an der Supermarktkasse so lange dauert?!
Leider gibts dafür eine blöde einfache Antwort - weil es leider exakt die Form von Geld ist, die tatsächlich ein gesetzlich festgeschriebenes Zahlungsmittel ist. Der Rest sind Buchungen und Zahlungsversprechen in der Form von Nummern auf einem Buchungsbeleg.
Wenn ich das (also das einzig nicht durch einen Buchungsvorgang veränderbare gesetzlich gültige Zahlungsmittel) jetzt der Bevölkerung aus der Hand nehme, also nicht dezidiert, aber halt als Zahlungsmittel für alle Transaktionen im täglichen Leben so unattraktiv mache, dass es die Mehrheit nicht mehr nutzen will - dann ist das doch eine recht massive Änderung, die nicht nur Leute betrifft - die damit am Fiskus vorbeiarbeiten wollen.
Also wen frag ich in einer solchen Situation, wenn ich ein Österreichisches Qualitätsmedium bin - um der Bevölkerung die Sachlage zu erklären?
Ganz klar - den Public Relations Honcho der EU-Kommission, und dann rauf auf Seite eins mit ihm.
Und als kleiner Lern Slogan für die Bevölkerung noch -
Die wohl bedeutendste Ausnahme sind aber private Vereinbarungen, die von der Vertragsfreiheit geschützt sind: Vertragspartner – zum Beispiel ein Restaurant und sein Kunde – können ausmachen, dass sie die Zahlung digital abwickeln. Das gilt grundsätzlich auch bei “Ex-ante-Ausschlüssen”, wie es juristisch formuliert in der Verordnung heißt. Gemeint sind damit Situationen, in denen etwa ein Lokalbetreiber sichtbar ein Schild mit “No Cash” aufstellt. Der Kunde kann sich dann entscheiden, ob er den Vertrag abschließt und sich zu einer Kartenzahlung verpflichtet oder woanders einkauft. Auch “Ex-ante-Ausschlüsse” sind nur zulässig, wenn sie verhältnismäßig sind, erklärt Selmayr. “Bei einer kleinen Trafik wird das der Fall sein, bei einem großen Supermarkt eher nicht.”
src: click
“damit gehts dann zukünftig in der Trafik schneller!” als positiv gefärbtes Zuckerl mitgegeben. Damits besser rutscht.
Jetzt störts mich persönlich aktuell wenig, wenn Bargeld aktuell komplett abgeschafft werden würde, da sich die vermuteten Auswirkungen aktuell (das ist jetzt schon das dritte mal aktuell in diesem Satz… Komisch…) für mich in Grenzen halten würden.
Aber wenn der überwiegende Teil aller Zahlungen im Alltag nicht mehr durch das gesetzlich definierte Zahlungsmittel, sondern durch digitale Buchungen bei privaten Dienstleistern, sowie durch digitale Buchungen bei der ECB über Sondergeldmengen laufen, und daher mit anderen geldpolitischen Tools als Geldmenge jederzeit erhöht und gesenkt werden können…
… freut sich gleich meine “demokratische Diktaturen” liebende österreichische Seele im Sinne eines berühmten Felix Baumgartner Ausspruches, darüber dass jetzt die ECB das für mich regelt, und ich nicht mehr so viel Schereien mit diesen Scheinen habe - die die ECB eben nicht so praktisch nach Belieben regulieren kann, weil sie auf deren Verteilung innerhalb der Bevölkerung keinen direkten Einfluss nehmen kann, da ihr der Einblick und Tools diese Geldmengen selektiv und zielgerichtet zu erhöhen oder zu schrumpfen fehlen.
Aber wie lautet der geflügelte Spruch so schön - in einer nicht mehr wachsenden Gesellschaft brauchen wir starke Institutionen die - ehm, nicht mehr dem Volkswillen verpflichtet sind, um die *hust* Übergänge zu managen.
Ein Schelm wer dabei ebenfalls selektive Vorteilsnahme vermuten würde.
Was mir aber nicht begreiflich gemacht werden kann ist, wie der Qualitätsjournalismus in der Frage den Public Relations Vertreter der Europäischen Kommission in Österreich als Ersten auf der Seite 1 featuren muss.
Naja - der Qualitätsjournalismus wirds schon wissen…
Diese Gesellschaft ist das absolut grotesk abartigst Allerletzte.
edit: Jetzt war dem Standard aber noch sein gefeaturter PR Artikel der EU Kommission zu objektiv, also hat er heute schnell noch die Reißleine gezogen um der Leserschaft folgendes zu unterbreiten:
Digitale Alternativen zu Österreichs Bargeldromantik
Heimische Banken unterstützen immer öfter Bezahldienste wie Apple Pay und Google Pay auf dem Smartphone. Eine Bestandsaufnahme mit einer erfreulichen Überraschung
src: click
Apple Pay und Google Pay sind - dass weiß man ja einfach das bessere M0 Bargeld. Wobei Garmin Pay und Swatch Pay halt auch sehr attraktiv sind, meint der Standard.
PR hat hier immer noch niemand entdeckt.