Der Standard und das diffizile Feld medialer Hetze in 2023

13. Oktober 2023

Das ist das ers­te Mal, dass ich das so for­mell im Titel habe.

Also - wo sind wir ste­hen geblieben?

Ach­ja, also --

- Bedeu­tung des Slo­gans (“from the river to the sea”) vor drei Tagen umde­kla­riert. Demo­kra­tisch? Nein, uns reicht es doch wenn das eine UK Poli­ti­ke­rin fordert.

- Auf­grund des umde­kla­rier­ten Slo­gans, der seit ges­tern “Terror-Unterstützung” reprä­sen­tie­ren wür­de, wegen “Gefahr im Ver­zug” die Pro-Palästina Demo in Wien abgesagt.

- Die vor­ges­tern dann unge­neh­migt in klei­ne­rem Rah­men ohne Aus­schrei­tun­gen (? hof­fent­lich, Quel­len­la­ge schlecht) in Wien über die Büh­ne gegan­gen ist.

- Ges­tern: Jour­na­lis­ti­scher Schul­ter­schluss zu “sogar die ver­bo­te­ne Paro­le wur­de skan­diert, das war ja der Grund für die Absa­ge zuvor!” - Fol­ge: Öffent­li­che Empörung.

- Heu­te: Stan­dard: “Pod­cast mit Nico­le Schön­dor­fer ent­fernt”.

Ihr Ein­satz für die Sache der Paläs­ti­nen­ser und die Boy­kott­kam­pa­gne gegen Isra­el (BDS) hat für Nico­le Schön­dor­fer jetzt Kon­se­quen­zen. Sie nahm etwa auch an der unter­sag­ten Pro-Palästina-Demo am Mitt­woch in Wien teil. “Auf­grund der Ereig­nis­se in den ver­gan­ge­nen Tagen haben wir uns dazu ent­schie­den, den Pod­cast ‘Darf sie das?’ mit Nico­le Schön­dor­fer von den rele­van­ten Platt­for­men zu ent­fer­nen”, schreibt Dani­el Roß­mann, er ist Geschäfts­füh­rer der Pod­cast­werk­statt auf X (vor­mals Twitter).

Ich ken­ne die Dame nicht, aber Inhalts­ana­ly­se ist etwas was ich beherrsche.

Also los gehts.

Was glau­ben sie ist das wesent­lichs­te Argu­ment im zitier­ten Paragraphen?

Es ist Unter­stüt­zung der Boy­kott­kam­pa­gne gegen Isra­el, BDS. Fällt beim Lesen nicht so auf, oder -- dadurch, dass es der Stan­dard nicht aus­führt, ent­steht der Ein­druck das Haupt­ar­gu­ment wäre die Teil­na­me an einer unter­sag­ten Demo. Toll. Da wird also ein Pod­cast vom Her­aus­ge­ber aus der media­len Öffent­lich­keit ent­fernt und was war jetzt noch­mal der Grund, ach­ja - der Halb­satz der vom Stan­dard im Kür­zel belas­sen und nicht wei­ter auf­be­rei­tet wird…

Da die Feeds besag­ten Pod­casts noch online sind ist ersicht­lich, dass der Pod­cast im Okto­ber 2021 das letz­te Mal ver­öf­fent­licht wur­de. Bis ges­tern ohne jeg­li­che recht­li­che Konsequenzen.

Heu­te möch­te sich ein Medi­um vom Schaf­fen eines sei­ner Mit­ar­bei­ter distan­zie­ren - und SCHWUPS - exis­tiert das gesam­te Schaf­fen des Mit­ar­bei­ters nicht mehr.

Ist das nicht etwas harsch? So ganz ohne Gerichtsprozess?

Ja, aber das liegt dar­an, das muss man ver­ste­hen, dass das Argu­ment des Publis­her­netz­wer­kes kein recht­li­ches, son­dern ein Gesin­nungs­ar­gu­ment ist.

Das Argu­ment des Publis­hers ist nicht prüf­bar. Durch nichts im Tweet und nichts im Stan­dard Arti­kel über den Tweet. Es fehlt bei bei­den jeg­li­cher sach­be­zo­ge­ner Kontext.

Das Argu­ment des Publis­hers hat wei­ters inhalt­lich mög­li­cher­wei­se (die For­mu­lie­rung des Her­aus­ge­bers legt es nahe) nichts mit dem zu tun was jetzt ent­fernt wur­de und nicht mehr ein­seh­bar ist.

Also wel­che jour­na­lis­ti­sche, oder juris­ti­sche Logik fin­det hier Anwen­dung? Ant­wort - GAR KEINE. Es ist sehr wahr­schein­lich ein simp­les Markt­kal­kül. Wenn die Öffent­lich­keit her­aus­fin­det, dass wir uns mit der Dame abge­ge­ben haben, wird das unse­ren Wer­be­kun­den gar­nicht gefallen.

Hübsch!

Pro­blem, der Stan­dard greift das ein­fach voll­kom­men unre­flek­tiert auf. Es ent­steht durch die Bericht­erstat­tung des Stan­dard der Ein­druck, dass ein aktu­el­les Ereig­nis (Teil­nah­me an einer nicht­ge­neh­mig­ten Demo), der Grund für eine zeit­na­he dis­zi­pli­na­ri­sche Maß­nah­me eines Journalismus-ähnlichen (adja­cent) Arbeit­ge­bers sind. (Auf den zwei­ten Blick stimmt dann nichts davon.)

Ver­stärkt durch das unkom­men­tier­te publi­zie­ren der Äuße­run­gen des Her­aus­ge­bers im Voll­text, in denen der ver­meint­li­che Grund für die öffent­li­che Akti­on zu fin­den ist - in drei Sät­zen, nicht mehr.

Jedoch sind wir der Mei­nung, dass man den bis­he­ri­gen Pod­cast Inhalt nicht von der Autorin tren­nen kann. Wir leh­nen jede Form von Anti­se­mi­tis­mus ab.”

Unse­re Gedan­ken sind bei den Hin­ter­blie­be­nen der Opfer des Ter­rors in Israel.”

Pro­blem: Die Form des Anti­se­mi­tis­mus, ist hier weder im Tweet (Begrün­dung des Publis­hers), noch im Arti­kel zu finden.

(Wir mer­ken uns, recher­chere­le­van­te Fra­ge: Wor­an liegt das?)

Der geneig­te Leser darf sich jetzt durch “wir leh­nen jede Form des Anti­se­mi­tis­mus ab, und unse­re Gedan­ken sind bei den Opfern” - zusam­men­rei­men, dass die “Form des Anti­se­mi­tis­mus” wohl eine nicht ganz so pro­noun­zier­te gewe­sen sein dürf­te - und mut­maß­lich die Unter­stüt­zung der Dame bezüg­lich der BDS Kam­pa­gne war.

Also was zur Höl­le ist jetzt BDS?

Wiki­pe­dia konsultiert:

Die Anti­se­mi­tis­mus­for­schung ord­net die Zie­le der Kam­pa­gne als anti­zio­nis­tisch (gegen einen jüdi­schen Staat gerich­tet), viel­fach auch als anti­se­mi­tisch ein. Eini­ge Wis­sen­schaft­ler hal­ten Israel­boy­kot­te an sich nicht für anti­se­mi­tisch. Die Par­la­men­te und Regie­run­gen von Deutsch­land, Öster­reich und Tsche­chi­en haben die BDS-Kampagne als anti­se­mi­tisch eingestuft.

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Das ist ja ein wun­der­ba­rer Absatz mit wirk­lich allem drin… In Deutsch­land und Öster­reich als anti­se­mi­tisch ein­ge­stuft. Damit haben wir den Grund für die heu­ti­ge Akti­on des Herausgebers.

Aber wir wol­len hier doch noch ein wenig mehr Hin­ter­grund haben, als nur einen Halb­satz auf der deut­schen Wiki­pe­dia - also wei­ter gehts zur deut­schen Bun­des­zen­tra­le für poli­ti­sche Bildung:

Die BDS-Kampagne ist immer wie­der Gegen­stand hit­zi­ger media­ler und poli­ti­scher Debat­ten. Die einen betrach­ten sie als ein harm­lo­ses poli­ti­sches Instru­ment für eine gerech­te­re Welt, ande­re hin­ge­gen erken­nen in ihr eine anti­se­mi­ti­sche Stoß­rich­tung. Was BDS genau ist, wie die Kam­pa­gne ent­stan­den ist, was ihre Unterstützer/-innen wol­len und wes­halb es sich dabei um eine anti­se­mi­ti­sche Kam­pa­gne han­delt, erklärt die­ser Artikel.

Haupt­be­grün­dung:

Nur weni­ge Jah­re spä­ter wur­de die BDS-Kampagne mit der Ver­öf­fent­li­chung ihres Mani­fests “Pales­ti­ni­an Civil Socie­ty Call for BDS” (2005) offi­zi­ell ins Leben geru­fen. Als Initiatoren-/innen wer­den eine Rei­he von teils sehr unter­schied­li­chen paläs­ti­nen­si­schen NGOs und zivil­ge­sell­schaft­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen aufgeführt.[3] Schon bei ober­fläch­li­cher Betrach­tung des Mani­fests wird deut­lich, dass sich dar­in Par­al­le­len zur dämo­ni­sie­ren­den Rhe­to­rik und zu den dif­fa­mie­ren­den Ver­glei­chen der NGO-Abschlusserklärung in Dur­ban fin­den (vgl. ebd.). So behaup­ten die Initiator/-innen der BDS-Kampagne in ihrer Grün­dungs­er­klä­rung, dass der “Staat Isra­els größ­ten­teils auf Land gegrün­det wur­de, das zuvor von sei­nen paläs­ti­nen­si­schen Besit­ze­rIn­nen eth­nisch gesäu­bert wur­de” (BDS Call 2005). Zudem pran­gern die BDS-Verantwortlichen dar­in eine angeb­li­che “kolo­nia­le und dis­kri­mi­nie­ren­de Poli­tik Isra­els” (ebd.) an und for­dern einen umfas­sen­den Boy­kott nach Vor­bild “der Maß­nah­men gegen Süd­afri­ka wäh­rend der Apart­heid” (ebd.).

Jene Argu­men­ta­tio­nen und Ana­lo­gien zie­len dar­auf ab, sowohl die Poli­tik israe­li­scher Regie­run­gen gegen­über den Palästinenser/-innen als auch die blo­ße Exis­tenz Isra­els in eine his­to­ri­sche Kon­ti­nui­tät kolo­nia­ler Ver­bre­chen zu stel­len. Die fal­sche Behaup­tung, Isra­el sei auf ‘größ­ten­teils eth­nisch gesäu­ber­ten Land’ gegrün­det worden[4] wie auch der Vor­wurf, Isra­els Poli­tik ver­fol­ge eine dezi­diert (neo)koloniale Agen­da, sind zen­tra­le Argu­men­ta­ti­ons­fi­gu­ren der anti­is­rae­li­schen Pro­pa­gan­da (vgl. Salz­born 2018: 148f.). So wird die Beset­zung bestimm­ter Ter­ri­to­ri­en nicht etwa als Fol­ge von nicht abge­schlos­se­nen Krie­gen, son­dern stets als israe­li­sche oder gar jüdi­sche Kolo­ni­sie­rung beschrie­ben. Die expli­zi­ten und impli­zi­ten Ver­glei­che des demo­kra­ti­schen Staa­tes Isra­el mit dem auto­ri­tä­ren, ras­sis­ti­schen Apart­heids­re­gime in Süd­afri­ka sowie ihre Selbst­in­sze­nie­rung als ver­meint­lich gewalt­freie Initia­ti­ve im Dienst des “internationale[n] Recht[s] und den uni­ver­sel­len Prin­zi­pi­en der Men­schen­rech­te” (ebd.) ver­schafft den Boy­kott­for­de­run­gen von BDS den Anschein poli­ti­scher Legi­ti­mi­tät – und Harm­lo­sig­keit. Das Mani­fest mün­det in einen Appell, der an die dämo­ni­sie­ren­de Rhe­to­rik anschließt und drei Kern­for­de­run­gen umfasst, die einer Dele­gi­ti­mie­rung Isra­els das Wort reden.

[…]

(1) Vor­wurf der “Beset­zung und Kolo­ni­sa­ti­on allen ara­bi­schen Lan­des” (BDS)

Mögen die Anlie­gen der BDS-Kampagne auf den ers­ten Blick als poli­tisch legi­tim und nach­voll­zieh­bar erschei­nen, offen­bart sich in den Vag­hei­ten und Impli­ka­tio­nen ihrer drei Kern­for­de­run­gen eine anti­se­mi­ti­sche Stoß­rich­tung. Bereits das ers­te Kern­ziel, in dem ein Ende der “Beset­zung und Kolo­ni­sa­ti­on allen ara­bi­schen Lan­des” (BDS Call 2005) gefor­dert wird, kann als Ver­nich­tungs­ab­sicht gegen­über Isra­el inter­pre­tiert werden […]

[…]

(2) For­de­rung nach Gleich­be­rech­ti­gung ara­bi­scher Israelis

[…]

(3) Unein­ge­schränk­tes Rück­kehr­recht paläs­ti­nen­si­scher Flücht­lin­ge und ihrer Nachkommen 

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Ehm…

Zuerst das ver­meint­lich ein­fa­che­re Argu­ment - Isra­el ver­fol­ge eine dezi­diert (neo)koloniale Agen­da -- ehm, mal sehen… Was­ser (90% import-rate in the Gaza Strip), Ener­gie (90% import-rate in the Gaza Strip), Roh­stof­fe, Ver­wal­tung, Mög­lich­kei­ten zur Ver­lei­hung einer israe­li­schen Staats­an­ge­hö­rig­keit von Pales­ti­nen­sern, Mau­ern, Grund­buch­rein­ter­pre­ta­tio­nen, und bis heu­te kein Sani­tär­sys­tem in Gaza, sind ja dezi­diert - demo­kra­tie­freund­lich, wie auch die Innen­po­li­tik der aktu­el­len israe­li­schen Regie­rung “das Pro­blem Gaza Strei­fen mit Geld ruhigzustellen”.

NZZ am 07.10.:

Wir sehen die Fol­ge auf bei­den Sei­ten: Umfra­gen zeig­ten zuletzt, dass die Radi­ka­li­sie­rung zuge­nom­men hat und auch der Extre­mis­mus. Isra­el hat eine gra­vie­ren­de Fehl­ein­schät­zung gemacht: Die Füh­rung ist davon aus­ge­gan­gen, die Hamas nach der letz­ten mili­tä­ri­schen Eska­la­ti­on im Jahr 2021 ruhig­ge­stellt zu haben: Man liess Geld aus dem Aus­land nach Gaza flies­sen und ver­gab gross­zü­gi­ger als zuvor Arbeitsgenehmigungen.

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Jetzt das ver­meint­lich schwie­ri­ge­re Argument:

Der 1947 ver­öf­fent­lich­te UN-Teilungsplan für Paläs­ti­na sah die Grün­dung eines ara­bi­schen und eines jüdi­schen Staa­tes vor, der mehr als die Hälf­te des Man­dats­ge­biets aus­ma­chen soll­te. Der Exo­dus der ara­bi­schen Bevöl­ke­rung begann wäh­rend des arabisch-jüdischen Bür­ger­kriegs, der der Annah­me des UN-Teilungsplans im Novem­ber 1947 folg­te. Er setz­te sich im unmit­tel­bar nach der Erklä­rung der Unab­hän­gig­keit des Staa­tes Isra­el von den ara­bi­schen Staa­ten begon­ne­nen arabisch-israelischen Krieg fort. Aus israe­li­scher Sicht, der sich die meis­ten west­li­chen Staa­ten ange­schlos­sen haben, wer­den die Krie­ge als „israe­li­scher Unab­hän­gig­keits­krieg“ bezeichnet.

Die Grün­de, die zur Flucht der ara­bi­schen Bevöl­ke­rung des sei­ner­zei­ti­gen bri­ti­schen Man­dats­ge­bie­tes Paläs­ti­na führ­ten, sind umstrit­ten, in ihren poli­ti­schen Fol­gen nach Ansicht des fran­zö­si­schen His­to­ri­kers Hen­ry Lau­rens jedoch letzt­lich irrele­vant: Das Wesent­li­che sei nicht, dass die Paläs­ti­nen­ser gegan­gen sind, „son­dern dass sie nicht zurück­keh­ren durf­ten“. Ihre Rück­kehr sei auf Anwei­sung ver­hin­dert wor­den: „Die Dör­fer wur­den mit Pla­nier­rau­pen zer­stört oder in die Luft gesprengt und die Ern­ten in Brand gesteckt. Flücht­lin­ge, die ver­such­ten zurück­zu­keh­ren, wur­den erschos­sen.“ Dabei sei­en die dama­li­gen Zio­nis­ten davon aus­ge­gan­gen, dass die Paläs­ti­nen­ser kein eige­nes Volk sei­en, son­dern Ara­ber und damit als Teil eines grö­ße­ren Volkes.[1] Bis heu­te ver­wei­gert Isra­el den Paläs­ti­nen­sern das Recht auf Rückkehr.

[…]

Israe­li­sche Gesetzgebung
2008 ver­bot das israe­li­sche Minis­te­ri­um für Kul­tur und Sport die Ver­wen­dung des Wor­tes Nak­ba in ara­bisch­spra­chi­gen Schul­bü­chern. Minis­ter Gide­on Saar erklär­te, es gebe kei­nen Grund, die Grün­dung des Staa­tes Isra­el in offi­zi­el­len Unter­richts­pro­gram­men als Kata­stro­phe darzustellen.[10] Rechts­ge­rich­te­ten Israe­lis sind die Gedenk­fei­ern ara­bi­scher Israe­lis ein Dorn im Auge, da die­se des Nakba-Tages am israe­li­schen Unab­hän­gig­keits­tag geden­ken. Im März 2011 beschloss die Knes­set daher ein kon­tro­ver­ses Gesetz, das zwar nicht das Geden­ken ver­bie­tet, aber jene Insti­tu­tio­nen bestraft, die sol­che Gedenk­fei­ern abhal­ten oder unter­stüt­zen. Das Nakba-Gesetz, das im Janu­ar 2012 vom Obers­ten Gericht bestä­tigt wur­de, erlaubt es dem Finanz­mi­nis­te­ri­um, staat­li­che För­de­run­gen für sol­che Insti­tu­tio­nen zu kür­zen. Betrof­fen ist auch, wer Isra­el nicht als jüdi­schen Staat aner­ken­nen will.[11]

Nak­ba als Kampf­be­griff der israe­li­schen Rechten
Sei­tens der israe­li­schen Rech­ten wird der Begriff Nak­ba als Dro­hung einer eth­ni­schen Säu­be­rung gegen Paläs­ti­nen­ser und paläs­ti­nen­sisch stäm­mi­ge Israe­lis genutzt. Beim national-religiösen, rechts­ex­tre­men Flag­gen­marsch am Jeru­sa­lem­tag kommt es regel­mä­ßig ins­be­son­de­re zu ras­sis­ti­schen Äuße­run­gen gegen Ara­ber und Muslime.[12] 2021 rie­fen Teil­neh­mer des Mar­sches Slo­gans wie „Tod den Ara­bern“, „Ein toter Ara­ber ist ein guter Ara­ber“ und „Die zwei­te Nak­ba [Ver­trei­bung der Paläs­ti­nen­ser] kommt bald“.[13] Nach dem Angriff der Ter­ror­grup­pe Hamas auf Isra­el im Okto­ber 2023, mit hun­der­ten israe­li­schen Toten, for­der­te der Knesset-Abgeordnete Ari­el Kall­ner die eth­ni­sche Säu­be­rung des Gaza­strei­fens und umschrieb die­se mit dem Wort Nakba:

Im Moment gibt es nur ein Ziel: Nak­ba! Eine Nak­ba, die die Nak­ba von 1948 in den Schat­ten stel­len wird. Nak­ba in Gaza und Nak­ba für jeden, der es wagt, sich anzu­schlie­ßen! Ihre Nak­ba, denn wie damals 1948 ist die Alter­na­ti­ve klar.“[14]

src: click (Wiki­pe­dia Nakba)

Hui, hui, hui, hui.

Also gut, in Öster­reich ist die­se Form des Anti­zio­nis­mus (BDS) als anti­se­mi­tisch eingestuft.

Also bes­ser aus­spre­chen, dass Isra­el nicht auf gesäu­ber­tem Land gegrün­det wur­de, und dass die Paläs­ti­nen­ser in Isra­el nicht in einer Art Apart­heit­staat leben.

Was ist noch mal das rela­ti­ve GDP?

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Ah.

Na gut dass das mit dem Wei­ter­lei­ten von inter­na­tio­na­len Hilfs­gel­dern und dem Ertei­len von mehr Arbeits­er­laub­nis­sen so gut geklappt hat.

Na, aber - also die Paläs­ti­nen­ser mit Arbeits­er­laub­nis, die in Isra­el arbei­ten dür­fen, die wer­den ja auch sehr gut bezahlt. Gleich wie israe­li­sche Arbei­ter im sel­ben Job, und vier mal höher als das was sie in Paläs­ti­na dafür bekom­men würden!

Dh, die sind im GDP per Capi­ta PPP berei­nigt, nicht eingerechnet. 

Ah.

Von wie vie­len spre­chen wir denn da?

As of March 1, 2020, the num­ber of valid work per­mits for Pales­ti­ni­an employees working in Isra­el stood at 87,000.

src: click

bei 5 Mil­lio­nen Ein­woh­nern in Paläs­ti­na. Sat­te 1.74 Prozent.

(Zum Ver­gleich 256.000 Öster­rei­cher arbei­ten der­zeit in Deutsch­land, das sind bezo­gen auf die Ein­woh­ner­zahl Öster­reichs 2.8 Prozent.)

Hui, hui, hui, hui…

Na, aber die bekom­men ja auch vier mal mehr Gehalt!

Cor­rup­ti­on and charlatanism

The pro­cess rela­ting to the employ­ment of Pales­ti­ni­ans in Isra­el, with its lack of trans­pa­ren­cy and its bureau­cra­cy, along with the defi­ci­ent public scru­ti­ny, pro­vi­des fer­ti­le ground for cor­rup­ti­on and char­la­ta­nism on the part of both pri­va­te indi­vi­du­als and offi­cials who make ille­gal pro­fits at the expen­se of workers and employ­ers alike.
Depen­den­cy on employ­ers invi­tes cor­rup­ti­on as employ­ers may char­ge the workers for their work per­mits. Kav LaO­ved is awa­re of Pales­ti­ni­an workers who pay employ­ers bet­ween 1,500 and 2,000 she­kels mon­th­ly for an Israe­li work per­mit. This fee is meant to “cover” the mon­th­ly pay­ment the employ­ers make to the Pay­ment Divi­si­on for taxes and social bene­fits and pro­vi­de them with some extra pro­fit. Employ­ers can also “tra­de” quo­tas they have no use
for. They char­ge a worker for the work per­mit, and the worker then works in other pla­ces against regulations.

Pales­ti­ni­ans who do not mana­ge to obtain a work per­mit in Isra­el and Israe­li employ­ers who do not recei­ve appro­val for hiring Pales­ti­ni­an workers for various rea­sons, some­ti­mes use midd­le­men who arran­ge per­mits for a fee.

[…]

The average dai­ly wages of a worker without a per­mit in Isra­el was 124 she­kels in 2008. A worker with a per­mit made an average of 141 she­kels per day.114
From the employ­ers’ point of view the gap is even wider, as the cost of employ­ing a Pales­ti­ni­an worker with a per­mit is about 70% hig­her than employ­ing one without a per­mit (210 ver­sus 124 she­kels respec­tively). This is due to the requi­red pay­ments to the Pay­ment Divi­si­on for the “legal” worker’s social rights. This dis­crepan­cy is a signi­fi­cant incen­ti­ve to hire Pales­ti­ni­ans who do not have work permits.115

[…]

[13] Accord­ing to esti­ma­tes by “pro­fes­sio­nals,” more than 20,000 are Pales­ti­ni­an workers are employ­ed in Isra­el without a per­mit (Sta­te Bud­get, Pro­po­sal for the 2011-2012 Fis­cal Year), Octo­ber 2010, p. 66, at click (Hebrew). The Israe­li bureau of sta­tis­tics esti­ma­tes the total num­ber of Pales­ti­ni­an workers (with and without a per­mit) in 2010 at about 60,000, i.e. some 30,000 workers without a per­mit (Eck­stein Report, p. 10, for details see note 1).

src: click (Kav LaOved)

Rech­nen wir mal 130 She­kels am Tag als Durch­schnitts­lohn, macht 4000 She­kels im Monat. Macht 12.000 USD im Jahr. Was war eigent­lich der Durch­schnitts­lohn (BNE) in Isra­el in 2012 (Zeit­punkt der Publi­ka­ti­on)? 30.000 USD im Jahr. Man sieht also - die Paläs­ti­nen­ser hät­ten bes­ser in Schu­len inves­tiert, dann wären sie nicht nur im nie­de­ren israe­li­schen Service-Sektor gelan­det, dem mit sei­nen gan­zen Kor­rup­ti­ons­pro­ble­men… So “Hälf­te des monat­li­chen Ein­kom­mens” Level an Kor­rup­ti­ons­pro­ble­men. (4000 She­kels Gehalt, 2000 für die Arbeitserlaubnis.)

Mit staat­li­chem Involvement.

Cor­rup­ti­on occurs even wit­hin the estab­lish­ment, insi­de the very aut­ho­ri­ties that deal with Pales­ti­ni­an employ­ment in Isra­el. Some of the­se affairs have reached the courts:
1. In 2009, a poli­ce offi­cer was con­vic­ted of bro­ke­ring bri­be­ry, after he gave an Israe­li con­trac­tor 138 Israe­li ent­ry per­mits for Pales­ti­ni­ans for a sum of 15,000 she­kels. The per­mits were issued without the requi­red scree­ning and one of the indi­vi­du­als who recei­ved them had been under a secu­ri­ty preclusion.58
2. Accord­ing to the IDF spo­kes­per­son, in 2009, a Civil Admi­nis­tra­ti­on employee recei­ved bri­bes from Pales­ti­ni­ans in exchan­ge for issuing Israe­li work permits.59
3. In 2009, the media repor­ted the arrest of a Civil Admi­nis­tra­ti­on employee and a seni­or Minis­try of Inte­rior employee on sus­pi­ci­on that they issued hund­reds of for­ged Israe­li stay per­mits for Pales­ti­ni­ans to a “net­work that smug­gled Pales­ti­ni­an workers into Isra­el” and which “made tran­sac­tions worth mil­li­ons of she­kels over the years.”60
4. In 2011, a clerk at the Pay­ment Divi­si­on at the Minis­try of Indus­try Tra­de and Labor was con­vic­ted of aggra­va­ted frau­du­lent recei­ving and bre­ach of con­fi­dence after she used thre­ats to recei­ve money from the owner of an employ­ment agen­cy which she had regis­tered, in exchan­ge for fur­nis­hing per­mits to employ workers from the West Bank.61
5. The most seni­or offi­cial in this sys­tem has also been con­vic­ted. Amram Kavi­lo, who ser­ved as the head of the Employ­ment Divi­si­on in the Civil admi­nis­tra­ti­on in the West Bank from 1995, was con­vic­ted in 2011 of taking bri­bes and bre­ach of con­fi­dence. Kavi­lo issued work per­mits in exchan­ge for bri­bes he recei­ved from con­trac­tors and workers bet­ween 2007 and 2009.62

Was wir aber nicht mehr mit Apartheit-Regimen der Ver­gan­gen­heit ver­glei­chen dür­fen, da das ja anti­se­mi­tisch ist.

Na gut, also wenn man ges­tern noch für einen Boy­kott Isra­els gestan­den und Sank­tio­nen gegen Isra­el gefor­dert hat (nicht mei­ne Posi­ti­on) -- war man bereits im Okto­ber 2021 ein Anti­se­mit, sie­he staat­li­che Ein­ord­nung der BDS Kam­pa­gne (click). Was dann aber erst im Okto­ber 2023 Aus­wir­kun­gen hatte.

Und zwar in der Form, dass ver­meint­lich jour­na­lis­ti­sche Publi­ka­tio­nen depu­bli­ziert wer­den, da man in vor allem Wer­be­ge­stütz­ten For­ma­ten als Her­aus­ge­ber von Pod­casts, “den Autor nicht vom Inhalt tren­nen könne”.

Ah.

Gut, der Rest des Tages ver­lief weni­ger überraschend…

Human Rights Watch hat mitt­ler­wei­le den Ein­satz von “White Phos­phor Bom­ben” in Gaza in den letz­ten fünf Tagen bestä­tigt. In den US doxen und public shamen jetzt orga­ni­sier­te extrem Rech­te (extrem rechts ist als Ein­ord­nung im poli­ti­schen Spek­trum zu ver­ste­hen) Unter­stüt­zer von pro paläs­ti­nen­si­schen offe­nen Brie­fen, mit PLAKAT-LKWs MIT LISTEN IHRER NAMEN am Cam­pus wo die­se öffent­lich als “Har­vards lea­ding Anti­se­mi­tes” denun­ziert werden:

Here in New York, Colum­bia Uni­ver­si­ty clo­sed its cam­pus to the public Thurs­day in respon­se to two sepa­ra­te demons­tra­ti­ons led by pro-Palestine and pro-Israel stu­dent groups. In Mas­sa­chu­setts, the names and pho­tos of several Har­vard stu­dents who signed a pro-Palestinian let­ter were dis­play­ed on a bill­board truck on cam­pus Wed­nes­day with a ban­ner that read “Harvard’s Lea­ding Anti­se­mi­tes.” Some of their names and per­so­nal infor­ma­ti­on were also pos­ted online. That action was orga­ni­zed by the ultra­con­ser­va­ti­ve non­pro­fit Accu­ra­cy in Media.

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Und der Grund dafür ist ist jetzt nicht mehr White Awa­reness (vgl. Judith Katz), son­dern feh­len­de Anti­se­mi­tism Awa­reness einer Lin­ken, die ein­fach nicht mehr gelernt hat zwi­schen Ter­ror­staat und west­li­chen Wer­ten zu unter­schei­den -- wes­halb jetzt die extre­me Rech­te mit Pla­kat­wä­gen Antisemitismus-Prävention betreibt, in dem sie Namen und Pho­tos von Stu­den­ten öffent­lich in Kunst­pro­jek­ten zur Denun­zia­ti­on ausstellt.

Jetzt aber Über­ra­schung -- die Stu­den­ten in Har­vard machen schein­bar das sel­be was bei uns bereits Anti­se­mi­tis­mus ist, denn - Überr­schung - BDS ist in den USA selbst­re­dend nicht verboten:

Some cri­tics accu­se the BDS move­ment of antisemitism,[13][14][15] a char­ge the move­ment denies, cal­ling it an attempt to con­fla­te anti­se­mi­tism with anti-Zionism. The Isra­el lob­by in the United Sta­tes has made oppo­sing BDS one of its top priorities.[16] Sin­ce 2015, the Israe­li government has spent mil­li­ons of dol­lars to pro­mo­te the view that BDS is anti­se­mi­tic and have it legal­ly ban­ned in for­eign countries.[17] BDS sup­por­ters see it as a human rights movement.[18]

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Und Lob­by­ing seit 2015 - es zu ver­bie­ten, hat wie­der nie­mand ent­deckt. Trotz Millionen-Beträgen die dafür aus­ge­ge­ben wurden.

Der Stan­dard hat lie­ber nichts davon in sei­nem heu­ti­gen Hetz­ar­ti­kel gegen eine mir voll­kom­men unbe­kann­te Dame erwähnt.

Und ich geh jetzt US Main­stream News-Berichterstattung und Har­vard Open Lec­tures schau­en - und wer­de mich dabei wohl bis zum Anti­se­mi­ten radi­ka­li­sie­ren. Da unse­re west­li­chen Wer­te­part­ner USA Anti­se­mi­tis­mus anders defi­nie­ren als wir.

Die­se Gesell­schaft ist das abso­lut gro­tesk und abar­tigst Aller­letz­te, gilt natür­lich auch hier.

Auch wenns eine Freu­de war dem hier nach­zu­re­cher­chie­ren, und bei mir in den letz­ten 20 Minu­ten für sehr vie­le hei­te­re Momen­te gesorgt hat.

Hier noch eine Idee für die Mit­ar­bei­ter der Bur­da Medi­en­grup­pe -- viel­leicht ein lus­ti­ger Punk­te Test “bin ich lin­ker Anti­se­mit” in der nächs­ten Aus­ga­be der Bunten?

Ich glau­be das wür­de vie­len deutsch­spra­chi­gen Euro­pä­ern sehr helfen…

(Bur­da ist Mehr­heits­ei­gen­tü­mer von XING.)
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Es ist mir eine Freu­de durch die­sen Bei­trag ab heu­te beruf­lich nicht mehr ver­mit­tel­bar zu sein.

Die­se Gesell­schaft ist das abso­lut gro­tesk und abar­tigst Allerletzte.

edit:

Es gibt natür­lich auch wie­der gute Nach­rich­ten, Isra­el hat mitt­ler­wei­le eine Eva­ku­ie­rung des Gaza­strei­fens ange­ord­net, wobei Eva­ku­ie­rung laut Isra­el bedeu­tet, dass der Nor­den des Gaza­strei­fens in den Süden muss. Also wenn er unbe­scha­det über­le­ben will. Sie wis­sen schon -

Gaza­strei­fen (also nicht nur Gaza Stadt) Bevöl­ke­rungs­dich­te, Juli 2020: 5328 Einw. pro km² - Wien (also nur Stadt) Bevöl­ke­rungs­dich­te, Jän­ner 2023: 4778 Einw. pro km²

Nicht wie vor­ges­tern von Pro-Israel Kom­men­ta­to­ren, auf Fran­ce 24 schrei­end (!) ver­brei­tet nach Ägyp­ten “da ja die Gren­ze offen sei” (sie ist es nicht).

In den Süden.

Der Son­ne hinterher.

(Sau­ber. Sau­ber. Sauber.)

Die­se Gesell­schaft ist das abso­lut gro­tesk und abar­tigst Allerletzte.









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