Die NZZ erklärt heute mal wie “wer nicht hüpft, der ist für Kohle” in Polen funktioniert hat

21. Juli 2023

Lie­be Grü­ße an Alp­bach bit­te. Der Redak­teur kommt aus Wien und publi­ziert auch beim Handelsblatt.

Polen zeigt: Wenn die Ban­ken Fir­men zum Koh­le­aus­stieg drän­gen, wird die Luft dadurch nicht besser

Polen pro­du­ziert einen gros­sen Teil des Stroms mit Koh­le. Für die Ener­gie­fir­men des Lan­des ist das ein finan­zi­el­les Pro­blem. Der Staat will ihnen daher das Koh­le­ge­schäft abneh­men. Die Inves­to­ren freut das – der Umwelt hilft es wenig.

Dani­el Imwin­kel­ried, Wien
20.07.2023, 16.00 Uhr 3 min

Ener­gie­fir­men, die Koh­le und ande­re fos­si­le Ener­gie­trä­ger ver­feu­ern, sind für die Ban­ken zum Pro­blem gewor­den. Des­halb zie­hen sie sich aus der Finan­zie­rung von Kohle- und Erd­öl­ge­schäf­ten zurück. Aber gibt es des­halb auch weni­ger CO2-Emissionen, und wird die Luft dadurch bes­ser? Lei­der nicht, wie das Bei­spiel Polen zeigt.

Seit über zwei Jah­ren ver­han­deln der pol­ni­sche Staat und die vier halb­priva­ten Ener­gie­er­zeu­ger PGE, Tau­ron, Ener­ga und Enea über eine ein­schnei­den­de Trans­ak­ti­on: Die Koh­le­mi­nen und die Kraft­wer­ke, die Stein- und Braun­koh­le ver­feu­ern, sol­len von einer staat­li­chen Gesell­schaft über­nom­men werden.

Die Emis­si­ons­zer­ti­fi­ka­te kom­men die Fir­men teu­er zu stehen

Der Besit­zer­wech­sel ist kom­plex, des­halb zieht er sich hin. Vor weni­gen Tagen hat die Regie­rung jedoch ein wei­te­res Etap­pen­ziel erreicht. Sie gab den Unter­neh­men bekannt, zu wel­chen Kon­di­tio­nen man die Koh­le­ge­schäf­te über­neh­men wolle.

Die Anle­ger waren erleich­tert. Nach der Ankün­di­gung stie­gen die Akti­en­kur­se der vier Ener­gie­fir­men zwi­schen 15 und 30 Pro­zent. Auch die Chefs der Unter­neh­men seh­nen die Trans­ak­ti­on mit dem Staat her­bei, denn sie ste­hen dop­pelt unter Druck.

Ers­tens sei­tens der Ban­ken, die ihrer­seits von den Aktio­nä­ren dazu gedrängt wer­den, die Kre­dit­ver­ga­be an Fir­men mit einer schlech­ten CO2-Bilanz ein­zu­schrän­ken. Wenn sie dabei trö­deln, lau­fen sie Gefahr, ins Visier akti­vis­ti­scher Inves­to­ren zu gera­ten. Daher beto­nen die Ban­ken in ihren Geschäfts­be­rich­ten mitt­ler­wei­le wort­reich, wie stark sie die Bezie­hun­gen zu Energie- und Roh­stoff­fir­men reduzierten.

Zwei­tens wird das Koh­le­ge­schäft für die Ener­gie­fir­men selbst zuneh­mend zu einer Last. Zu schaf­fen machen ihnen die hohen CO2-Preise im Emis­si­ons­han­del. PGE hat 2021 für Zer­ti­fi­ka­te umge­rech­net 1,8 Mil­li­ar­den Fran­ken aus­ge­ge­ben. Das sei etwa so viel, wie man bis 2030 in For­men erneu­er­ba­rer Ener­gie inves­tie­ren wol­le, sag­te der PGE-Chef. Beim Staat dürf­te die Nach­richt ange­kom­men sein: Inves­ti­tio­nen in grü­ne Tech­no­lo­gie gibt es nur, wenn er PGE die Alt­last Koh­le abnimmt.

Polen hat den recht­zei­ti­gen Koh­le­aus­stieg verpasst

Bei der Ener­gie­ver­sor­gung befin­det sich Polen in einer schwie­ri­gen Lage. Im Jahr 2022 stamm­ten 70 Pro­zent der Elek­tri­zi­tät aus Kraft­wer­ken, die Koh­le ver­feu­ern. Kein ande­res Land der EU ist so stark vom ver­pön­ten Ener­gie­trä­ger abhän­gig wie Polen.

Polen gewinnt viel Strom aus Kohle
Anteil Ener­gie­form an der Elek­tri­zi­täts­pro­duk­ti­on 2022, in %

Stein­koh­le 45%
Braun­koh­le 26%
Erneu­er­ba­re 21%
Erd­gas 6%
Übri­ge 3%
[In etwa, von der Gra­fik abgeplottet.]

Quel­le: Forum Ener­gii NZZ / imr.

Den Anteil zu redu­zie­ren, ist eine gewal­ti­ge Auf­ga­be. Aber der Staat ist dafür kaum der idea­le Akteur. Mit der Trans­ak­ti­on wird sein Gewicht bei der Strom­ver­sor­gung stei­gen. Und mög­li­cher­wei­se wird er der Ver­su­chung nicht wider­ste­hen, die Rah­men­be­din­gun­gen zu sei­nen Guns­ten zu gestalten.
Fer­ner besteht das Risi­ko, dass die Regie­rung den Koh­le­aus­stieg hinauszögert.

Dafür will sie sich ohne­hin Zeit las­sen. Das Stein­koh­le­zeit­al­ter soll in Polen erst 2049 enden, und wann der Aus­stieg aus der Braun­koh­le von­stat­ten­ge­hen wird, ist offen.

Koh­le ist nicht mehr konkurrenzfähig

Koh­le ist in Polen ein Poli­ti­kum. In gewis­sen Gegen­den ist der Abbau Teil der kul­tu­rel­len Iden­ti­tät. Je nach poli­ti­scher Kon­stel­la­ti­on wird es sich die Regie­rung mit den Bewoh­nern nicht ver­scher­zen wol­len – lie­ber schiebt sie har­te Schnit­te vor sich her.

Gleich­zei­tig kommt die Koh­le den Staat teu­er zu ste­hen. Er wird zum einen für die Schlies­sung der Minen und die Rena­tu­rie­rung der vom Tage­bau ver­un­stal­te­ten Gegen­den auf­kom­men müs­sen. Zum ande­ren ist die Koh­le als Roh­stoff infol­ge des hohen CO2-Preises nicht mehr konkurrenzfähig.
Es ist also zwei­schnei­dig, wenn Finanz­in­ves­to­ren Fir­men dazu drän­gen, aus dem Koh­le­ge­schäft aus­zu­stei­gen. Ent­we­der lan­det es beim Staat, der anfäl­lig ist für Druck­ver­su­che von Inter­es­sen­grup­pen. Oder es kom­men pri­va­te Inves­to­ren zum Zug, die anders als kotier­te Fir­men der Öffent­lich­keit kei­ne Rechen­schaft schul­dig sind.

An der Öko­bi­lanz ändern sol­che Besit­zer­wech­sel nichts. Die Kraft­wer­ke wer­den noch lan­ge da sein. Tief durch­at­men kön­nen die Bank­ma­na­ger und die Inves­to­ren – die Rech­nung beglei­chen die Steuerzahler.

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Grü­ße noch mal an Antho­ny Annett, Lea­ders­hip Coun­cil Mem­ber, Sus­tainab­le Deve­lo­p­ment Solu­ti­ons Net­work, New York und vor allem an Ani­ket Shah, Seni­or Advicer, Oppen­hei­mer Funds, New York, NY der 2018 in Alp­bach bei einem nicht öffent­li­chen Kamin­talk die Losung aus­ge­ge­ben hat:

Lei­der glau­ben immer noch zu vie­le Inves­to­ren, sus­tainab­le Inves­ting sei Phil­an­thro­py, wir haben noch viel Arbeit vor uns.”

Wonach der Saal in tosen­den Applaus aus­ge­bro­chen ist.

Wie war das nochmal?

Trotz der beein­dru­cken­den wirt­schaft­li­chen Dyna­mik und Armuts­re­du­zie­rung in den letz­ten Jahr­zehn­ten wird immer deut­li­cher, dass unser der­zei­ti­ges glo­ba­les öko­no­mi­sches Para­dig­ma eini­ge grund­sätz­li­che Kon­struk­ti­ons­feh­ler auf­weist. Die anhal­ten­den Aus­wir­kun­gen der glo­ba­len Finanz­kri­se, in Ver­bin­dung mit der zuneh­men­den Ungleich­heit auch in Bezug auf die Gewin­ne des tech­no­lo­gi­schen Wan­dels, belas­ten stark die Gesell­schaf­ten. In die­sem Semi­nar wer­den wir die Neu­aus­rich­tung der Wirt­schaft auf das Gemein­wohl, ins­be­son­de­re im Sin­ne der Sus­tainab­le Deve­lo­p­ment Goals, diskutieren.

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Ja - hat ja pri­ma geklappt die Gesell­schaft hier mit­zu­neh­men, die Invest­ment­ban­ker sind jetzt fein raus, und kön­nen sich jetzt wie­der guten Gewis­sens auf nen Cock­tail mit grün beweg­ten Natio­nal­ban­kern gehen - nur halt der Staat trägt jetzt die Altlasten.

Oder halt ein Mas­se­ver­wal­ter der nicht mehr regu­liert wird.

Ich mein gar­nicht aus­zu­den­ken, wenn die Par­ti­ku­lar­in­ter­es­sen hier nicht geboos­ted wor­den wären, dafür gabs im Jahr dar­auf ja auch Greta!

Wobei der ehe­ma­li­ge Event­ma­na­ger der IG Alp­bach Wien Fri­days for Future gleich als einer von zwei Mit­grün­dern selbst gegrün­det hat. “Da wir sowas hier auch brauchen.”

Wor­auf Alp­bach 2019 sehr glück­lich war dass es “Fri­days for future nach Alp­bach geschafft haben”!

Also wirk­lich, so eine genia­le demo­kra­tie­po­li­ti­sche Initia­ti­ve UND kli­ma­po­li­ti­sche Stra­te­gie hab ich ja bis­her noch nie erlebt!

KEINE Ver­än­de­rung am CO2 Ausstoß. 

Polen muss­te als Staat sei­ne Koh­le­kraft­wer­ke übernehmen.

Ver­lang­samt auf­grund des hohen Ver­wal­tungs­auf­wands jetzt ver­mut­lich den Kohleausstieg.

Stößt die “Alt­last” Koh­le Rich­tung Mas­se­ver­wal­ter ab - der unter­liegt wie­der­um kei­ner­lei Regulierung.

Und die Ban­ker sind green und gehen der­weil was trinken!

Ja ham­mas schon wie­der Forum Zeit? Die öster­rei­chi­schen Medi­en müß­ten doch noch eini­ge Ukrai­ne Exper­ten dort ken­nen ler­nen, glaub ich.

Zuge­ge­ben, ich ver­lass mich hier nur auf die NZZ und habe kei­ne wei­te­re Quel­le - aber holladrio.

Der 40.000 Euro Hei­zung gehts gut?

Gut, jetzt schafft die Invest­ment­sze­ne durch ihre invest­ments in rene­wa­ble Ener­gie auch viel Fort­schritt und so… Moment, was heißt jetzt die­ser Satz da - “Polen hat den recht­zei­ti­gen Koh­le­aus­stieg ver­passt” ach­so ja, shit, fuck, das Zer­ti­fi­kat­pri­cing das den Markt regeln sollte…

Eh ja, wie soll ich das jetzt sagen…

Da kam wohl “bei Erneu­er­ba­ren hast du ein Drit­tel des gesam­ten Invest­ments over time als Initi­al­in­vest­ment” mit den Pro­jek­tio­nen eines euro­päi­schen Vor­zei­ge­staats und sei­nen Inves­to­ren im Ener­gie­sek­tor nicht zusammen.

Naja, der CO2 Preis steigt jetzt stetig.

Und die Koh­le­kraft­wer­ke hat jetzt der Staat, der auch kei­ne Rück­la­gen mehr hat sie ordent­lich abzu­wi­ckeln, wes­halb sie dann auch bald dar­auf ein nicht mehr regu­lier­ter Mas­se­ver­wal­ter hat.

Und der Invest­ment­ban­ker ist grün.

Und das Fens­ter zum Koh­le­aus­stieg wur­de von Polen lei­der verpasst.

Und der CO2 Preis steigt stetig.

Leu­te, fahrt ihr eigent­lich auch schon Elek­tro­fahr­rad?

edit: Es gibt heu­te natür­lich aber auch wie­der gute Nach­rich­ten. Öster­reich hat 16 mal soviel wie Deutsch­land für sei­ne Coro­na Test­stra­te­gie aus­ge­ge­ben. 5.2 Mil­li­ar­den Euro. Sehen sie, uns ist der ver­greis­te, seni­le Baby­boo­mer als Wäh­ler eben noch was wert. Der bekommt alle paar Jah­re auch noch sei­ne Kin­der­au­gen Akti­vis­mus Initia­ti­ve, und dann passts ihm wie­der. Und dann freut er sich auch noch ein bis­serl übern Krieg, denn damit muss ja das kom­plet­te Geschwa­fel das er Zeit sei­nes Lebens ver­zapft hat nicht mal mehr in irgend­ei­ner Form kon­gru­ent sein.

Die­se Gesell­schaft ist das abso­lut gro­tesk abar­tigst Allerletzte.

edit: Sag­te ich Polen? ich mein­te die G20…: click









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