Vorurteil 1: Es gibt niemand Dümmeren als die die deutschen Vertreter in der Atlantik Brücke. Punkt.
Vorurteil 2: Jeder redet nur so wies ihms selbst ins Geldsäckl opportuniert. Ich habe dafür eine eigene Kategorie in der Vortragsbewertung die ich mit “give me more money” tituliert habe - was so ziemlich in jedem zweiten Vortrag einer der Haupmotivatioren eines der Vortragenden ist. Ich warte immer sehr gespannt darauf, wanns denn wieder so weit ist. Das ist unabhängig von der Sinnhaftigkeit einer Aussage im Vortrag zu werten, da das Motiv auch unabhängig davon von Leuten zum Einsatz gebracht wird. Jeder will besser leben, und das am Besten ab morgen -- und wenn der Vortrag dem Vortragenden dabei hilft - kommt das zum Einsatz, egal obs im Kontext Vortrags sinnvoll ist, oder nicht.
Vorurteil 3: Wenn du von den US fürs Denken bezahlt wirst, wirst du von den US bezahlt.
Hier nur ein paar kleine Widersprüche in Folge:
“Was glauben sie denn warum Japan Nr. 5 Geldgeber der Ukraine ist!”.
Versucht das Motiv “weil wir uns in einem Krieg Demokratien gegen Autokratien befinden” als Begründung rauszucoaxen, das ist aber an der Stelle Schwachsinn.
Also: Hintergrund -
1. Japan bekommt die Rüstungsquoten im Land nicht so zusammen wie Japan das möchte:
https://www.nzz.ch/meinung/japan-sucht-verzweifelt-soldaten-und-setzt-auf-das-falsche-rezept-ld.1847584
2. Japan setzt (neben China, das politischer Rivale in der Region ist, und zukünftig als Absatzmarkt an Bedeutung verlieren wird) als Exportnation voll auf die US als Absatzmarkt, und das bereits vor dem Ukraine Krieg, weshalb Japan auch zu grottenschlechten Konditionen in US Wirtschaftspartnerschaftsabkommen eingewilligt hat - als es rein um seine ökonomische Zukunft ging. Deutschland nicht. Das macht das ja erst unter Friedrich Merz.
3. China ist nicht Russland nach zweieinhalb Jahren Krieg.
Also - lieber Herr Atlantikbrücken-Vertreter, denk nicht so sehr an den nächsten Mamorbrunnen in deinem Vorgarten, lass Japan als Begründung für “warum wir das in Deutschland auch weiterhin so handhaben sollten” stecken, und schau dir die Sache im Detail an.
Genannte Detailaspekte: “In den nächsten 10-15 Jahren schauts um die Verteidigungsfähigkeit Europas nicht gut aus, sie unterschätzen Russland”.
Wirklich? Sicher?
Also hier ist meine Auffassung von “der Atlantik-Brücke Trottel gibt vor dass wir Russland unterschätzen”:
1. In exakt zehn Jahren hat Russland eine Demographie mit Leuten im einsatzfähigen Alter (Militär), die der von Polen entspricht. Nicht proportional - 1:1. Und das einfach nur nach Demographiedaten gerechnet, nicht nach Kriegstoten im Ukraine Krieg.
2. Die US behaupten seit Anfang des Krieges, dass sie im Falle eines Atomwaffeneinsatzes nicht nur die gesamte Russische Flotte, sondern auch die gesamte aktive Armee vernichten werden.
3. Wir zahlen für die gesamte Unterstützung der US seit Jahrzehnten, auch wenn sie im Zweifelsfall das Geld nicht wert ist - wenns grad innenpolitisch nicht opportuniert, oder die US fürchten müsste aussenpolitisch “over-stretched” zu werden, wenn China beginnt geopolitisch Aktivitäten anzuziehen.
Woraus sich folgende Faktenlage ergibt.
1. “Sie unterschätzen die Lage” ist nichts anderes als “lass doch die Ukrainer sich für uns aufreiben”, mit Waffen die wenig kosten.
2. Das ist spieltheoretisch das schlechteste Szenario für beide Seiten. Also das Idioten Szenario, das im realen Leben nie zustande kommt, weil niemand so blöd ist rein nach spieltheoretischen Kriterien zu agieren. Es ist auch das am wenigsten humanistisch idealtypische.
3. Dahinter steckt nichts anderes als Furcht vor Verantwortung (Aufarbeitung von “wer hat was ausgelöst”, “was waren die Motivationen der anderen Seite”, denn wenn ich meine Zeit bis zur Pensi noch mit “der Putin ist Hitler” rumbekomm, war ich in verantwortlicher Position für fehlerhafte politische Lenkungsentscheidungen nicht schuld. Hurra.) Und ein Stück weit strategisches Kalkül, das einen Abnützungskrieg eigentlich ganz prima sieht, weil er die zukünftige Eskalationswahrscheinlichkeit senkt.
4. Dass Russland dabei bereits heute am Rande einer Demographiefalle steht, wird ausgeblendet (vielleicht zurecht, Autokratien haben andere Möglichkeiten zur internen Stabilisation).
und
5. Unsere offizielle Begründung für unser “integeres Verhalten” im Sinne von “soll die Ukraine nur weiter machen” sind -- die Werte die hier genau an jeder Ecke und Stelle schmerzlich nicht vorhanden sind.
Über diesem Komplex von Theoretisierung und Begründung (“Russland ist ja so enorm gefährlich”) steckt immer nur - einzig und alleine Risk Mitigation (“mehr Abnützungskrieg”).
Der Ansatz “Putin kann man nicht trauen” und “Putin versteht nur Macht” reicht nicht aus - um wie aktuell Tag täglich stattfindend, Ansätze für Verhandlungslösungen zu delegitimieren.
Es sei denn Europa ist wirklich der Meinung (also die jeweiligen Nato Staaten innerhalb Europas) die US würden im Ernstfall rein garnichts beitragen.
Und daher bräuche es noch 10 Jahre um selbst so hoch zu rüsten, dass wir für einen Verhandlungskompromiss eigenständig das Abschreckungspotential stellen können.
Das ist aber nicht der Fall - weshalb die moralische Perspektive des Atlantikbrücken Honchos eine komplette Lüge ist.
Eine einwandfreie, rhetorische Finte.
Aus Sicht der Riskmitigation (auch im Sinne einer höheren Abhängigkeit, falls die US tatsächlich in diesem Sinne noch einmal massiert gegen Russland in Europa vorgehen müssten (*hust* sollten da mal nicht zuerst Atombomben auf Deutschland runtergehen, der Reisner hat da mal so was erwähnt *hüstel*?) ist das aktuelle Agieren Europas verständlich.
Aus moralischen, oder liberalen Handlungsmaximen heraus ist es abartig, und das Hinterletzte.
(Wir wollen kein Risiko eingehen, bei dem am Ende Polen den Krieg weiter führen muss, so gering es nach zwei einhalb Jahren Krieg, und Verhandlungen mit Russland auch ausfallen würde. Und nochmal das wäre nicht das idealtypische Szenario, das wäre das “Russland hat uns erneut gelegt, und das sind die Folgen” Szenario. Spieltheoretisch gäbs beidseitig und auch für die Ukraine bessere.)
Und um das zu kaschieren - wird die Ukraine zu moralischsten Opfer auf Gottes weiter Flur hinstilisiert (ein Krieg von Gut gegen Böse) -- und sie ist ein Opfer eines Angriffskriegs - nur die moralische Überhöhung ist nochmal ein Stückweit etwas anderes - solange sie nur weiterkämpft. (Für demokratische ideale! Für die Werteordnung! Für den Sieg!)
Einschub:
Christina Rebhahn-Roither vor 16 Stunden
Offenbar weitere Personalumstellungen im ukrainischen Verteidigungsministerium
Im ukrainischen Verteidigungsministerium laufen offenbar weitere Personalumstellungen. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge wurden zwei Stellvertreter des Militärgeheimdienstchefs Kyrylo Budanow durch Verteidigungsminister Umjerow entlassen. Die Entlassungen seien bereits vergangene Woche ohne Rücksprache mit Budanow erfolgt. Initiator der Personalie soll Präsidentenbürochef Andrij Jermak sein, der damit den Chef des Militärgeheimdienstes schwächen wolle, hieß es in den Berichten.
Dem Nachrichtenportal “Ukrajinska Prawda” zufolge soll Umjerow zudem etwa 20 Generäle und hochrangige Mitarbeiter entlassen wollen oder bereits geschasst haben. Weder Umjerow noch Budanow kommentierten die Berichte.
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(Background: click (Economist))
Christina Rebhahn-Roither vor 15 Stunden
Selenskyj setzt Erhöhung der Militärausgaben in Kraft
Das ukrainische Militär bekommt im Abwehrkampf gegen Russland mehr Geld. Präsident Wolodymyr Selenskyj setzte per Unterschrift die zuvor vom Parlament beschlossene Erhöhung der Militärausgaben um 500 Milliarden Hrywnja (rund 10,8 Milliarden Euro) in Kraft, wie Medien in Kiew meldeten. Finanziert wird die Erhöhungen demnach durch Schulden, Steuern und durch eine Erhöhung der Abgaben auf Tabak und Treibstoff. Von den Erhöhungen sollen noch in diesem Monat auch Frontzuschläge für Soldaten bezahlt werden.
Die Oberste Rada, das Parlament der Ukraine, hatte am 18. September wegen des andauernden Kriegs einen Nachtragshaushalt verabschiedet. Die Budgetausgaben steigen damit um gut 13 Prozent auf umgerechnet über 81 Milliarden Euro - ein Rekordwert für die Ukraine.
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Laut Selenskyj noch keine Zustimmung von USA und Großbritannien zum Einsatz von weiter reichenden Waffen in Russland
Die von der Ukraine erhoffte Zustimmung ihrer westlichen Verbündeten USA und Großbritannien zum Einsatz von weiter reichenden Waffen in Russland steht nach den Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj weiterhin aus. “Weder Amerika noch das Vereinigte Königreich haben uns die Erlaubnis erteilt, diese Waffen auf dem Territorium Russlands einzusetzen, und zwar auf beliebige Ziele in jeder Entfernung”, sagte Selenskyj am Freitagabend in einem Gespräch mit Journalisten in Kiew. Die Aussagen waren erst am Samstag zur Veröffentlichung freigegeben.
Die Zurückhaltung der westlichen Partner erklärte Selenskyj mit der Furcht vor einer “Eskalation” mit Russland. Er versicherte, die ukrainische Armee habe “keine Langstreckenwaffen auf dem Gebiet der Russischen Föderation” eingesetzt. Die Führung in Kiew dringt darauf, weiter reichende westliche Waffen gegen Ziele in Russland einsetzen zu dürfen. Der neue ukrainische Außenminister Andrij Sybiha erklärte jüngst, es sei wichtig, “alle Beschränkungen für den Einsatz amerikanischer und britischer Waffen gegen legitime militärische Ziele in Russland aufzuheben”.
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Und um das (solange die Ukraine nur den Abnutzungskrieg weiterkämpft!) als Initialmotivation zu kaschieren - werden wir seit zweieinhalb Jahren mit “Demokratien vs. Autokratien” Narrativen zugeschissen - während wir zur selben Zeit wieder abhängiger von den Golf Staaten werden.
Mit den US, dem guten Freund und Wertepartner, die es uns erlauben das schlechteste spieltheoretische Szenario noch 10 Jahre zu prolongieren.
Weiter risk mitigation. Durch einen weiter andauernden Abnutzungskrieg.
Oder du glaubst an die Werte.
Dann musst du aber wirklich sehr behütet aufgewachsen sein.
Eine Meinung. (Meine Meinung.)
edit: Zusatz, wobei am anderen Ende von “Risk Mitigation” steht dann natürlich ein geschwächtes Russland, und das wär in 15 Jahren ja wieder für Europa sehr opportun, … Nur dass das für meine Generation dann, wirtschaftlich gesehen, komplett egal ist.
Und ich verarsche keine Leute meiner Generation mehr.
Also kann der Krieg ja endlich wieder weitergehen.
TLDR; Der Deutschlandvertreter der Atlantikbrücke bei der Körberstiftung, versucht den Anwesenden von der Bühne aus klar zu machen, dass wir Russlands Militärpotential auch weiterhin unterschätzen und daher noch 10 Jahre Aufreibreibungskrieg brauchen.
Während das Government Office of Sweden gerade folgendes herausgibt:
“Russia is lying about its economic strength: sanctions are working – and we need more”