Wie kann man die Gesellschaft noch verarschen?

02. Dezember 2022

Josch­ka Fischer auf Pro­jekt Syn­di­ca­te gefällig?

Der Stan­dard schreibt mal wie­der pflicht­be­wusst ab.

Pure ver­fick­te Scheiss­pro­pa­gan­da. War­um? Nicht ein iota von Expertenwissen.

Nur Con­jec­tu­re.

Inhalt?

Atom­waf­fen rei­chen im 21 Jahr­hun­dert nicht mehr aus um eine Welt­macht­stel­lung zu behaupten.

Jo. Gra­tu­la­ti­on. Damit die­ser Tru­is­mus rich­tig ist, brauchst du nur einen Hege­mon in der Form der US der jedes Land in dei­nem Ein­fluss­be­reich mit nach oben offe­nen Kre­dit­li­ni­en und Waf­fen ver­sorgt (damit auch Län­der in der Nach­bar­schaft, die nicht gegen eine Atom­macht hoch­ge­rüs­tet haben - “mili­tä­risch was haben”) und die Län­der in der Umge­bung des Krie­ges mehr zah­len lässt als die bewaff­nen­de Nati­on selbst (damit sich deren rela­ti­ve Wett­be­werbs­fä­hig­keit gegen­über die­sen Län­dern erhöht und nicht als direk­ter Kon­flikt­part­ner ver­rin­gert), sowie eine natio­na­lis­tisch moti­vier­te Bevöl­ke­rung, in aus­rei­chen­der Anzahl, die ger­ne stirbt um ihr Land zu ret­ten - und den Kon­flikt dann Stück für Stück nur soweit eska­liert, dass der Aggres­sor eher geneigt ist kon­ven­tio­nel­le Mit­tel der Kriegs­füh­rung ein­zu­set­zen als ander­wei­ti­ges Droh­po­ten­ti­al. Mit einem sol­chen Proxy-Konflikt kann man dann auch Atom­mäch­te mili­tä­risch an ein Ende brin­gen, ohne dass man es auf eine direk­te Kon­fron­ta­ti­on ankom­men las­sen muss. Gratulation.
Noch ein Punkt - der Staat den der Hege­mon mili­tä­risch unter­stützt muss direkt an die Atom­macht angren­zen, so dass das Poten­ti­al besteht, dass der Pro­xy Kon­flikt Stück für Stück zu einer direk­ten, kon­ven­tio­nel­len Kon­fron­ta­ti­on eska­liert. Die sucht die Atom­macht zu ver­hin­dern in dem sie nicht ato­mar auf eine nicht ato­ma­re Bedro­hung antwortet.

Der Gag ist ein­zig und allein, dass du einem Staat, der gegen eine Atom­macht nicht auf­ge­rüs­tet hat, suk­zes­si­ve bes­se­re kon­ven­tio­nel­le Waf­fen zahlst - weil er gegen eine Atom­macht selbst nicht auf­ge­rüs­tet hat.

Sie­he auch aktu­el­les US Abschre­ckungs­sze­na­rio - ant­wor­tet Russ­land ato­mar - schie­ßen wir ihnen die gan­ze Armee kon­ven­tio­nell weg - dadurch wird das Droh­po­ten­ti­al an einer direk­ten Gren­ze ver­stärkt, nicht gemin­dert. Egal wie vie­le Leu­te durch tak­ti­sche Atom­waf­fen drauf­ge­hen. Sind ja noch genü­gend übrig um in Russ­land ein­zu­mar­schie­ren, wenn es kein Mili­tär mehr hat. Gratulation.

Aber Fischer weiß “heu­te braucht es mehr als Atom­macht zu sein um eine wesent­li­che Rol­le in der Welt­ge­mein­schaft ein­zu­neh­men”. Ja - Bull­shit. Der Iran arbei­tet gera­de wie­der ver­stärkt dar­an sein Enrich­ment Pro­gramm zu beschleu­ni­gen - und den US gefällt das genau­so­we­nig wie die Jahr­zehn­te davor.

Es ist nicht als obs plötz­lich egal wäre - weil wir es in die­sem Fall ignorieren.

Ers­ter Punkt, nicht mal ein Punkt - ein­fach kom­plet­ter Bull­shit - ein­fach mal irgend­was behaup­tet - die US freu­en sich ja bereits dar­auf wenn die Grü­nen in Deutsch­land die poli­ti­sche Rol­le der SPD über­neh­men (Lei­der weiß ich nicht mehr aus wel­cher Thinktak Dis­kus­si­on ich das Zitat habe, war aber ein direk­tes). Dan­ke Joschka.

Was mit Russ­land pas­siert ist uns kom­plett egal, wir kön­nen ja nicht in die Zukunft schauen:

Hin­ter Russ­land ver­bleibt ein gro­ßes Fra­ge­zei­chen, weil des­sen zukünf­ti­ger Sta­tus vom Aus­gang sei­nes ver­ant­wor­tungs­lo­sen Angriffs­krie­ges gegen die Ukrai­ne abhän­gen wird. Die rus­si­sche Nie­der­la­ge ist zwar bereits heu­te abseh­bar, ja, ich mei­ne, sogar gewiss, aber für einen Ver­such, davon die Kon­se­quen­zen zu beschrei­ben, ist es immer noch viel zu früh. Wird im Fal­le einer Nie­der­la­ge Putins Regime und die Olig­ar­chie über­dau­ern? Oder wird sie zu einer wei­te­ren Pha­se der inne­ren Des­in­te­gra­ti­on und des Zer­falls füh­ren und Russ­land sei­nen alten Anspruch auf die Hege­mo­nie in Ost­eu­ro­pa ver­lie­ren? Mit sei­ner Welt­macht­rol­le wäre es dann, trotz zahl­rei­cher Nukle­ar­waf­fen, wohl vor­bei, für Euro­pa blie­be Russ­land als Sicher­heits­ri­si­ko und Pro­blem aller­dings als des­sen öst­li­cher Nach­bar, präsent.

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Über­setzt “irgend­was wird mit Russ­land wohl schon pas­sie­ren” hmm - schaun wir mal nicht so genau wel­che Zie­le hier direkt am Krieg betei­lig­te Groß­mäch­te ver­fol­gen - nur wenns im Cha­os ended, ja das wär nicht ganz so gut. Die Ukrai­ne muss das wahr­schein­lich auch ent­schei­den. Dan­ke Joschka.

Repli­zie­rend auf den ers­ten Punkt:

Die mas­si­ve rus­si­sche Nukle­ar­rüs­tung wird für den Sta­tus einer Welt­macht im 21. Jahr­hun­dert nicht mehr zurei­chend sein, zumal durch die glo­ba­le Trans­for­ma­ti­on weg von koh­len­stoff­ba­sier­ten Ener­gie­trä­gern (Erd­öl, Erd­gas, Koh­le) die rus­si­sche Wirt­schaft ent­schei­dend geschwächt wer­den wird.

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Um das als nicht ein­fach nur kom­plet­ten Schwach­sinn (kein kau­sa­ler Zusam­men­hang) abzu­tun musst du schon sehr insi­de Base­ball spie­len. Weni­ger öko­no­mi­sche Macht Russ­lands bedeu­tet weni­ger öko­no­mi­sche Macht in außen­po­li­ti­schen Bestre­bun­gen. Großartig.

Innen­po­li­tisch bedeu­tet es was, mehr struk­tu­rel­le Insta­bi­li­tät? Kommt auf die lang­fris­ti­ge Per­spek­ti­ve an - wir haben jetzt seit sechs Mona­ten davon gespro­chen, was es bedeu­ten wür­de, wenn Russ­land durch Abhän­gig­kei­ten stär­ker an Chi­na gebun­den wür­de. Das ist eine lang­fris­ti­ge Perspektive.

Was war der Kata­ly­sa­tor, dass wir jetzt nicht mehr dar­über spre­chen? Das G20 Tref­fen. Bei dem klar wur­de, dass die ideo­lo­gi­sche Part­ner­schaft zu Chi­na vor­nehm­lich weni­ger zählt als zuvor ange­nom­men -- und schon reicht Atom­macht nicht mehr aus um Welt­macht zu sein. Was ist dem wei­ter zuträg­lich? Eine Außen­wahr­neh­mung, dass der rus­si­sche mili­tä­ri­sche Kom­plex ver­sagt hat.

Was hat das jetzt mit Atom­macht zu tun? Ach­ja - gar­nichts. Dan­ke Joschka.

Anders als die Sowjet­uni­on in der Zeit des Kal­ten Krie­ges hat Chi­na jedoch nicht den Feh­ler gemacht, sich nur und vor allem auf die mili­tä­ri­sche Riva­li­tät mit den USA zu kon­zen­trie­ren. Chi­na setz­te auf sei­ne Inte­gra­ti­on in den von den USA und dem Wes­ten domi­nier­ten Welt­markt in Gestalt sei­ner Rol­le als “ver­län­ger­te Werk­bank” der glo­ba­len Wirt­schaft und auf den technisch-wissenschaftlichen Wett­be­werb mit dem Wes­ten. Gewiss spielt auch der mili­tä­ri­sche Sek­tor eine wich­ti­ge Rol­le, aber nie­mals in der Aus­schließ­lich­keit wie im Fal­le der Sowjetunion.

Boah, also lang­sam wird mir übel. Ja stimmt - und was wäre die Alter­na­ti­ve gewe­sen? UAE und Katar ohne Son­nen­stun­den und Infra­struk­tur? Werk­bank ohne Bevöl­ke­rung? Rus­si­sche Hoch­in­dus­trie? Klei­ne und Mitt­le­re Betrie­be ohne Struk­tur­in­vest­ments durch den IMF und die Welt­bank zu Zei­ten Gor­batchows? Was Russ­land ver­ord­net wur­de war Tur­bo­ka­pi­ta­lis­mus, der oh Wun­der - in star­ker Kon­zen­tra­ti­on und der Aus­beu­tung der natür­li­chen Res­sour­cen geen­det hat - da kei­ne ver­netz­te Wirt­schaft ange­sto­ßen, oder geför­dert wur­de - und die Grup­pe die das zusam­men­ge­hal­ten hat, war dann repres­siv, auto­ri­tär, und eines der weni­gen Netz­wer­ke das zuvor nicht voll­stän­dig zer­stört wur­de. Pere­stroi­ka war ja so erfolg­reich. Aber Fischer weiß jetzt, das waren mora­li­sche Defi­zi­te der Füh­rung und dar­an hats gele­gen. Kunst­stück - ja, in dem Ener­gie expor­tie­ren­den Staat kam es zu einer dik­ta­to­ri­schen Auto­kra­tie - wer hät­te das gedacht. Sie hät­ten doch das UAE Modell ange­hen und welt­weit in Hotel­ket­ten inves­tie­ren sol­len oder…? Werk­bank wie Chi­na ging nicht. Aber komm - Chi­na war bes­ser, weil es sich den US gegen­über geöff­net hat und bil­li­ge Güter pro­du­ziert hat, das weiß Joschka.

Die Erklä­rung vom G20-Gipfel in Bali macht die Bedeu­tung die­ses Unter­schie­des offen­sicht­lich, denn Russ­land sah sich dort zuneh­mend diplo­ma­tisch iso­liert. Gro­ße Staa­ten, wie Chi­na und Indi­en, bis­her in der Ukraine-Krise nicht auf west­li­cher Linie, gin­gen dort spür­bar auf Distanz zu Russ­land, zu sei­ner Kriegs­po­li­tik und zu sei­nen nuklea­ren Drohungen.

Pure Pro­pa­gan­da. Das ist wie­der den Esel von hin­ten auf­zäu­men. Die US haben auf UN Ebe­ne wie­der gelob­bied, als obs kein Mor­gen gäbe, und dann den wirt­schaft­li­chen Kon­flikt mit Chi­na etwas ent­schärft (die Rol­le Euro­pas als Druck­mit­tel is unklar aber sicher nicht unwe­sent­lich) -- und als Resul­tat kam es zu einem Bruch in der ideo­lo­gi­schen Part­ner­schaft mit Chi­na und ggf. BRICs - der am deut­lichs­ten bei Abstim­mun­gen rund um das das The­ma “wir wol­len kei­nen Atom­krieg” aus­schlacht­bar war. Wer kann die­ses Abstim­mungs­er­geb­nis nicht sei­ner Bevöl­ke­rung ver­kau­fen?! Also wenn Chi­na Posi­tio­nen switcht, dann nimmst du das als Schirmthe­ma. Ein Chi­na das sich so sehr vor einer ato­ma­ren Eska­la­ti­on in der Ukrai­ne gefürch­tet hat wirds ja wohl nicht gewe­sen sein.

Also noch­mal zurück zum Argument -

Die Erklä­rung vom G20-Gipfel in Bali macht die Bedeu­tung die­ses Unter­schie­des offen­sicht­lich, denn Russ­land sah sich dort zuneh­mend diplo­ma­tisch iso­liert. Gro­ße Staa­ten, wie Chi­na und Indi­en, bis­her in der Ukraine-Krise nicht auf west­li­cher Linie, gin­gen dort spür­bar auf Distanz zu Russ­land, zu sei­ner Kriegs­po­li­tik und zu sei­nen nuklea­ren Drohungen.

Das mache also klar, dass Atom­macht zur Welt­macht nicht mehr aus­rei­che. Nein mehr noch G20 Gip­fel und Bali machen die Bedeu­tung des Unter­schie­des klar nicht nur Mili­tä­risch Rele­vant, son­dern auch wirt­schaft­lich ver­netzt zu sein!?

Lob­by­ing um Chi­na zum Wech­sel zu bewe­gen hat ja in den Mona­ten zu vor nie­mand gesehen.

Beim G20 Gip­fel und auf Bali fie­len dann ein­fach aus dem Nichts her­aus mora­li­sche Ent­schei­dun­gen - die sicher gar­nichts mit der rus­si­schen mili­tä­ri­schen Per­for­mance zu tun hat­ten, weil Atom­macht heu­te ein­fach nicht mehr aus­rei­che um Welt­macht zu sein.

Dan­ke, Joschka.

An die Huren­wichs­er­sau von mei­ner Psy­cho­lo­gin die mich aus der Betreu­ung getre­ten hat. Wie war das noch gleich?

Der Stan­dard schreibt immer unkom­men­tiert Pro­jekt Syn­di­ca­te ab, weil er dort die Exper­ti­se fin­det, die er anders­wo nicht findet.

Agen­da set­ting ist das aber sicher keines.

Josch­ka Fischer ist ja der bes­te Ver­tre­ter kon­struk­ti­vis­ti­scher inter­na­tio­nal Rela­ti­ons Theo­ry den man sich vor­stel­len kann.

Lus­ti­ger Zufall übrigens - 

The over­views lis­ted in this sec­tion are gene­ral­ly desi­gned to be intro­duc­to­ry inter­na­tio­nal rela­ti­ons (IR) text­books and not spe­ci­fi­cal­ly IR theo­ry text­books. The only arti­cle lis­ted in this sec­tion is Sny­der 2004, which is the best source for someo­ne who needs to quick­ly learn the basics of rea­lism, libe­ra­lism, and con­struc­ti­vism. Like Sny­der, every source lis­ted her­ein con­si­ders rea­lism, libe­ra­lism, and con­struc­ti­vism to be the major IR theo­re­ti­cal frame­works. Drez­ner 2015 shows how the­se three, and other, theo­ries exp­lain and pre­dict the respon­se to crises.

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Man gebe dem Mann doch end­lich eine Yale Professur!









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