Wie kann man diese Gesellschaft noch verarschen?

27. August 2023

Rever­se fal­se equi­va­len­cy, bia­sed NGOs as media out­lets, and let­ting future jour­na­lists belie­ve in moral­ly good and bad sides in war reporting.

Und das bei Reu­ters. Oder - zu was Bel­ling­cat eigent­lich gut ist.

Das “pro­blem with fal­se equi­va­len­cy repor­ting” das der “Lead rus­si­an inves­ti­ga­tor” bei Beling­cat aus­ge­macht haben will - schlägt sehr schnell in ein “die kom­plet­te Deutsch­spra­chi­ge Medi­en­land­schaft hat die Öffent­lich­keit seit Kriegs­be­ginn mit Erfolgs­pro­pa­gan­da und Durch­hal­te­pa­ro­len gefüt­tert und muss­te jetzt auf “auch ein Miss­erfolg ist ein Erfolg, denn die Ukrai­ne hat ja gesagt, dass es nicht schnell gehen wür­de”” umstellen.

Und anders lief hier auch die Recher­che und das dar­an anschlie­ßen­de Repor­ting nicht.

Ein­fach noch mal den vor­he­ri­gen Satz lesen, soll­te ver­ständ­lich sein.

Also da ist die offi­zi­el­le repor­ting Linie: Selbst Nie­der­la­gen wer­den zu tem­po­rä­ren Umset­zungs­schwä­chen, wenn du nur stark genug an Gut und Böse Kate­go­rien in Krie­gen glaubst.

Und das messaging bei Beling­cat ist voll damit.

Sie selbst betrei­ben offen Pro­pa­gan­da­ak­tio­nen (infor­mie­ren rus­si­sche Müt­ter über den Tod ihrer Söh­ne), aber mit dem Pathos es tun zu wol­len, um die Wahr­heit zu zei­gen. Pro­blem - kei­ner dort macht Rezep­ti­ons­ana­ly­se. Was wenn die rus­si­schen Müt­ter das als Ein­griff in ihre Intim­sphä­re wer­ten, wenn ihnen ein Beling­cat Ana­lyst am Tele­fon mit­teilt, dass ihre Söh­ne gestor­ben sind - dann führt das zum gegen­tei­li­gen Effekt. Und wie kom­pen­sie­ren? Wenn man hier das Sche­ma von neu­tra­lem Repor­ting ver­lässt, und aktiv in den “wir wol­len einen Regie­rungs­um­sturz errei­chen” Akti­vis­mus geht - ist man eben kei­ne unab­hän­gi­ge Quel­le mehr.

Und hier kommt der Gag. Jour­na­lis­mus hat sich vor­zu­neh­men “impar­ti­al” zu sein, da das Selbst­ver­ständ­nis der arbei­ten­den Leu­te in einem Medi­um dann dies­be­züg­lich zur Kon­troll­funk­ti­on wird. Also aller die über einen Arti­kel vor einer Ver­öf­fent­li­chung drü­ber schauen.
Wenn der Anspruch nicht mehr da ist über “die Böse Sei­te im Krieg” zu berich­ten, weil man als Jour­na­lis­mus “fal­se Equi­va­len­cy” behaup­tet, endet man in end­lo­sen, und nach eini­ger Zeit nutz­lo­sen Moralstate­ments, die dann irgend­wann ein­mal nicht mehr kor­rekt begrün­det sind, und dann sucht man sich Hin­ter­tü­ren wie “die Ukrai­ne woll­te in der aktu­el­len Offen­si­ve vor allem ihre Sol­da­ten scho­nen”. (Und die US woll­ten es aktu­ell nicht. Laut NYT die Ukrai­ne hat die fal­sche Tak­tik ein­ge­setzt Nar­ra­tiv der letz­ten Woche.)

Jour­na­lis­mus ist am Ende nie impar­ti­al. Aber wenn Redak­tio­nen den Anspruch auf­ge­ben, ist das Ergeb­nis über die Zeit deut­lich schlechter.

Ich kann über Bel­ling­cat selbst zu wenig sagen. ich weiß dass dort vor allem ehe­ma­li­ge US Ana­lys­ten zuar­bei­ten, dass die Aus­rich­tung pro west­lich ist - das wars im Grunde.

Aber wenn ich mir ein Jahr nach Ver­öf­fent­li­chung die Video­kon­fe­renz mit dem Bel­ling­cat Reprä­sen­tan­ten anschaue zu der Reu­ters ihre neu­en Aus­zu­bil­den­den ein­ge­la­den hat, dann mache ich mir doch Sor­gen um Reuters.

Der ers­te “BS” Fil­ter schlägt beim Übli­chen an. Wir sind super, wir sind toll, wir digi­ta­li­sie­ren, weil wir haben Daten­bank, das ist die Zukunft und war frü­her nicht mög­lich - und ist digi­tal, und wir brau­chen mehr von uns, weil wir sind nur ein klei­nes Team. Ele­va­tor Pitch vor Jour­na­lis­ten? Du willst dass der Sek­tor in dem du was bist wächst?! Nein…!

Die Besorg­nis kommt dann bei “unbia­sed braucht nie­mand”. Eben doch, in der Selbs­wahr­neh­mung einer Redak­ti­on, als Korrektiv.

Und der Rest ist ein­fach eine Eva­lua­ti­on wel­ches der The­men das der Beling­cat “Rus­sia Inves­ti­ga­tor” vor einem Jahr als toll, neu und wich­tig - inter­es­sant, oder wesent­lich benannt hat, heu­te noch wesent­lich ist. Und die Ant­wort ist kei­nes. Also ich glau­be tat­säch­lich - nicht eines der genann­ten The­men hat noch Bedeutung…

Und dafür ist die Dame aus der Reu­ters Abtei­lung Nach­wuchs­för­de­rung etwas zu sehr auf “unse­re Jour­na­lis­ten­schü­ler haben viel von ihnen gelernt, für vie­le war das wahr­schein­lich sogar ein ein­schnei­den­des Erleb­nis in ihrem Leben, pas­sen sie gut auf sich auf, wir kön­nen ihnen im Moment lei­der nicht mehr hel­fen” gebürstet.

Etwas kri­ti­sche Distanz hät­te geholfen.

Sel­bi­ges übri­gens bei UN Insti­tu­tio­nen, wenn der Anspruch nicht mehr besteht impar­ti­al zu Arbei­ten ist es nicht mehr weit bis zum ers­ten Feh­ler und der Recht­fer­ti­gung, aber wir hel­fen doch den Guten.

Es gibt eben einen Grund, wes­halb wir im Jour­na­lis­mus immer noch lie­ber Amnes­ty Inter­na­tio­nal zitie­ren, als Beingcat. 🙂

Und wenn der noch ein­mal Digi­ta­li­sie­rung sagt, fal­le ich um. Oder Geschich­ten von den vie­len Hackern, erzählt die sie zuvor gehackt haben, aber ihnen jetzt hel­fen, weil sie gese­hen haben, dass der Krieg falsch ist… Und was ist in zwei Jah­ren? Oder in sie­ben, wenn der Glau­be an die mora­li­sche Ver­pflich­tung nach­lässt? Dann steht man immer noch auf der ver­meint­li­chen Sei­te des Guten, nur die Frei­wil­lin­gen sind nicht mehr da. Und die Auf­merk­sam­keit auch nicht. Und sogar die Reu­ters Jour­na­lis­mus Schü­ler auf Schul­aus­flug wer­den weniger…

edit: Ah und ein­mal lügt er auch in einer Sache die mir wich­tig ist. Angeb­lich betrei­be die Ukrai­ne nur “accen­tua­ting” Propaganda.

Das heißt sie ver­stär­ke nur das nega­ti­ve Messaging für den Gegner.

Und das ist ein­fach nicht wie Pro­pa­gan­da funk­tio­niert. Es impli­ziert, dass wenns gut läuft man eigent­lich nichts macht und ein­fach den Zufall und die gute Lau­ne für sich arbei­ten und das Messaging ver­brei­ten lässt. Und nein, das ist nicht was Pro­pa­gan­da macht. 😉

Viel­leicht soll­te halt hier doch noch mal jemand einen Blick auf die Hand­ler der Jour­na­lis­ten bei den Kriegs­re­por­ta­gen wer­fen die die Ukrai­ne pro­du­ziert. Die mit den Abzei­chen des Poli­zei Haupt­qua­tiers der Donezk Regi­on auf der Jacke, die dann in einem Kran­ken­haus an der Front in Mariu­pol das Inter­net bewa­chen. In den letz­ten Tagen von Mariupol.

edit: Oder die S-300 Rake­te auf Polen.

edit: Stellt sich her­aus, Bel­lin­cat ist für noch etwas gut. Social Media nach poten­ti­el­len Kriegs­ver­bre­chen zu scree­nen. Das machen gera­de die Hälf­te ihrer Angestellten.









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