Dubioser “Friedensgipfel” notfalls im Park
Die vorgeblichen Friedensfreundinnen und -freunde, einige davon höchst prominent, wollen nicht aufgeben. Eben erst - und reichlich spät - vom geplanten Gastgeber ÖGB ausgeladen, wollen die Organisatoren des umstrittenen Wiener Ukraine-„Friedensgipfels“ ihre Debatten notfalls in einem Park führen, wie sie am Donnerstag erklärten.
Man lasse sich „nicht am Reden hindern, selbst wenn wir die Konferenz in einen öffentlichen Park verlegen müssten“, teilten Gerhard Kofler und Reiner Braun in einer Aussendung mit.
Der Gewerkschaftsbund, in dessen Räumlichkeiten die Veranstaltung hatte stattfinden sollen, zog zurück, nachdem bekanntgeworden war, dass Stargast Jeffrey Sachs in der Sendung des russischen Chefpropagandisten Wladimir Solowjew aufgetreten war. Die Absage des ÖGB folgte auf Kritik des ukrainischen Botschafters Wassyl Chymynez. Zudem fände sich in den vorab bekanntgewordenen Forderungen der Konferenz nicht die Aufforderung an Russland, seinen völkerrechtswidrigen Einmarsch zu revidieren. Die globalisierungskritische NGO Attac hatte den Organisatoren zuvor ihre Unterstützung entzogen.
src: click
Wollen sie Personen denen Kreml-Verbindungen nachgesagt werden in Wien reden hören?
So geht heutzutage Journalismus.
Kreml-Verbindungen nachgewiesen wurden Sachs nicht.
- also das schnell noch mit “beziehungsweise nachgewiesen” im Nebensatz platzieren.
Und dann erst mal auf einen schönen Kafee als Absacker nach der Mittagspause.
Und der ÖGB war ja eigentlich eh schon viel zu spät dran. Weil wie seh das denn aus? In Österreich!
Einfach nur mal so zur Plausibilitätsprüfung:
Google Resultate:
“Jeffrey Sachs” “Kremlin connections”: 6
“Jeffrey Sachs” “Russia connections”: 37
“Jeffrey Sachs” “fifth column”: 3970 (davon die ersten zehn Seiten vor allem Podcasts die den Begriff toll finden nichts im Zusammehang) - erster Diskussionsbeitrag: Folgendes reddit posting mit 45 Kommentaren: click
“Jeffrey Sachs”: 1.140.000
“Jeffrey Sachs” “Columbia”: 401.000
“Jeffrey Sachs” “Connections to Russia”: 1860
Keine anklagendes Posting auf den ersten 5 Seiten, sondern countries with connections to Russia - die als Suchergebnis rausfallen.
“Jeffrey Sachs” “connections to the Kremlin”: 6
Darunter ein Guardian Artikel der Sachs Position 1993 stützt: click
Wie wehrt man sich heute eigentlich gegen Verleumdung?
Zuhören darf man ihm auch nicht mehr:
Glen Greenwald hätte ihn kürzlich interviewt - aber der ist ja auch ein Russlandfreund…
Ah!
“Jeffrey Sachs” “Propagandist” 11.000 Suchergebnisse:
Darunter die ersten Suchergebnisse
The Globalist 2021 - Ist er ein Xi Propagandist?
The Odessa Journal - Warning: Pseudo-Expert Jeffrey Sachs
Quora is Jeffrey Sachs a Xi Propagandist or just a supporter of China in general? Mit 13 Antworten.
Und dann bereits zwei Standard Artikel über das Wiener “Friedenstreffen”.
Aber es wird klar woher die Anwerfungen kommen.
Sachs also went on genocide promotor & Putin propagandist Solovyov’s show today. More Russian war crimes against Ukrainian civilians just make him and his ilk double-down on how it’s all the fault of NATO, US, etc. Sachs & Tucker, united in defense of the Kremlin. https://t.co/K6nSbDkTAG
— Garry Kasparov (@Kasparov63) December 13, 2022
Garry Kasparov. am 13. Dezember 2022 - 163 Retweets.
Kasparov ist der den man bei Amanpour einen Tag nach Kriegsbeginn folgendes fragt - weil man ja so sehr an seiner militärischen Expertise interessiert ist:
Als Expat. Und Schachspieler.
Mit folgendem Artikel auf seiner Webseite:
Why I should have listened to Garry Kasparov about Putin | Financial Times | March 16, 2022
Also bekommt man dann folgenden Twitterkommentar:
He and his ilk are just doubling down! Rage!
Davor gabs keine. Anfeindung. Also erst im Zuge dieses Krieges wurde Sachs zum Kreml Propagandisten.
(Sieht man unter anderem auch daran, dass er genau zu dem Zeitpunkt plötzlich seine Artikel nicht mehr publiziert bekam (davor meistpublizierter Autor bei Project Syndicate), Darling der Klimabewegung in Alpbach 2017:
)
Ein Tag zuvor 12. Dezember 2022:
Jeffrey Sachs joining Orbán for a photo op is exactly what we should expect out of the former star professor. After building an impressive resume in development, he’s become authoritarians’ secret weapon in Western media. More here⬇️https://t.co/RIqsejtRwX https://t.co/WNv1rATf4a
— Renew Democracy Initiative (@Renew_Democracy) December 12, 2022
36 Retweets, nachdem Kasparov es gefeatured hatte.
Sachs wird instrumentalisiert.
“Jeffrey Sachs” “Solovyov”: 5420
(Also halb so viele wie zu “Jeffrey Sachs” “Propagandist” - wobei Propagandist laut ngram im Verhältnis zu Solovyov der 3.4 mal häufigere Begriff ist. Also falls man das korrelieren kann (selbe Schnittmenge, Normalverteilung angenommen) spricht das dafür, dass Sachs vor allem für die Auftritte bei Solovyov (btw. wer immer das auch ist - ich hab keinen Tau) kritisiert wird.)
Open letter von voxukraine.org als erstes Suchergebnis. Danach nichts gehaltvolles mehr - auf der zweiten Seite bereits wieder der selbe Artikel mit 45 Kommentaren auf reddit.
Auf der ersten Seite bereits wieder der Standard mit seinen Artikeln gegen die “Friedenskonferenz”.
Ebenfalls auf der zweiten Seite, ein “prress.com” Artikel von einem Autor der in einen von Putins amerikanischen Cheerleadern nennt, aber sonst mehr so über den “Kannibalen von Kobe” schreibt. Also erstklassiges journalistisches Material…
Dann - substantiell, Jänner 2023 - The Atlantic:
Vladimir Putin complained that “NATO countries are making aggressive statements about our country” and warned that, as a result, Russia’s nuclear forces would be moved to “a special regime of combat duty.” No apparent change in operational readiness followed that warning. But in state-controlled news media, the almost-daily threats to use nuclear weapons have become central to Russian propaganda, seeking to inspire fear in NATO countries, discourage NATO forces from entering the war, and limit the supply of military assistance to Ukraine.
This Russian propaganda has been amplified and endorsed by an unusual assortment of people in the United States, including the Fox News commentator Tucker Carlson, Representative Marjorie Taylor Greene, the Democratic Socialists of America, and the Columbia University economist Jeffrey Sachs. The propaganda absolves Russia, blames the United States for the war, and has four main tenets: first, that a long-standing American effort to bring Ukraine into NATO poses a grave threat to Russian security. Second, that American shipments of weapons to Ukraine have prolonged the fighting and caused needless suffering among civilians. Third, that American support for Ukraine is just a pretext for seeking the destruction of Russia. And, finally, that American policies could soon prove responsible for causing an all-out nuclear war.
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Wir dürfen also zusammenfassen -
- Der “longstanding Effort” der US die Ukraine an die Nato heranzuführen, darf nicht als Bedrohung russischer Sicherheitsinteressen ausgelegt werden.
- Dass amerikanische Waffen den Krieg verlängern und auch zu mehr zivilen Opfern führen, darf nicht reflektiert werden. (Wird in einer Friedensbewegung schwer werden - also, keine Friedensbewegungen mehr…)
- Dass die amerikanische Unterstützung der Ukraine dazu ausgelegt ist ein Pretext für die Abnutzung Russischer militärischer Kapazitäten zu sein, darf man nicht sagen - wobei selbst Reisner mit Handgeste immer erklärt, die US würden immer genausoviele Waffen liefern, wie es brauche um das Kräftegleichgewicht auf dem Schlachtfeld wieder herzustellen um “Russland ein Zeichen zu geben, dass es sich nicht lohne weiterzumachen”.
Also dann später, wenn vor allem in Russland Ermüdungserscheinungen, oder Support- oder Rekrutierungsprobleme auftreten?!
Lassen wir es uns doch von Reisner bei der Tagesschau erklären.
Und hier nochmal beim Standard: click
edit: Hier nocheinmal konkret: click
und der vierte Punkt
- Dass ein nuklearer Krieg möglich wäre - und kurz bevor stünde. In dem Fall muss man sagen, stimmt - so legt es Sachs aus. Wie einige ins einem Alter die die Kubakrise durchlebt haben.
Geht ja garnicht!
Denn -
Those arguments are based on lies. They are being spread to justify Russia’s unprecedented use of nuclear blackmail to seize territory from a neighboring state.
Wirklich?
Ich bin kein Freund des letzten Arguments - aber ---
der Autor zumindest davon es (das letzte Argument) zu widerlegen. Die nächsten 10 Absätze nur darüber - dann weiter zum Nato-Erweiterungs-Argument:
The reductions in NATO’s conventional forces since the end of the Cold War have been even more dramatic. In 1990, the United States had about 5,000 tanks based in Germany. Today it has none. The last 22 American tanks were withdrawn from Germany in 2013. The German army had more than 7,000 tanks at the end of the Cold War; today it has about 225—hardly a fearsome invading force. (Russia has already lost perhaps 10 times that number of tanks in Ukraine.) Although the Baltic States are members of NATO, Latvia, Lithuania, and Estonia pose even less of a threat to Russia. Their armies don’t possess a single tank
src: click
Artikel verfasst von Eric Schlosser, einem “contributing Writer” of The Atlantic - mit einem Artikel alle zwei jahre - und einer Expertise in Fast food industry, Health food und 1998 dem Prision-Industrial Complex in the US.
Also glauben wir ihm mal - und hatte Macron mit die Nato ist hirntot doch recht?! Nein? Doch?
War der Abbau der Verteidigungsfähigkeit der Nato kein Vermächtnis der EU, sondern eines der Nato?
NATO countries have not been secretly plotting for decades to invade and destroy Russia. On the contrary, they have provided Russia with trillions of dollars in direct investment, technology transfers, and payments for oil, gas, and other natural resources.
Unglaublich was die Nato alles geleistet hat - bilaterale Handelsabkommen mit Deutschland.
Danach gehts im Argument von Schlosser wieder in Richtung Nuklearwaffen.
Ist ja alles schön und toll, aber das Argument von Sachs an der Stelle lautet - die Intention früher oder später, wäre es gewesen Russland den Schwarzmeerzugang zu nehmen. Wodurch es die Machtprojektionsfähigkeit in den globalen Süden verliert. Durch den Verlust von Sewastopol.
Und damit auch den Regionalmachtsstatus.
Die Nato Erweiterung Richtung Georgien und Ukraine wäre dabei der letzte Akt (Turkey, Bulgaria, Romania, Ukraine, Russia and Georgia.) gewesen.
Das war für Russland seit je her eine rote Linie.
Oder hier bei -
Hanno Pevkur, Minister of Defence of the Republic of Estonia vor neun Tagen:
“What Russia wants to achieve, the political goals, let’s be honest - and they, these political goals of Russia have never changed, they want to have a grey-zone between Russia and NATO, they want to have a control over this grey-zone and this is what they want to achieve. And they want to have some “security guarantees” for themselves, sorry this is not the Free World and this is what Ukraine is fighting for at the moment, that they are fighting for - the Free World and rule-based world and this is why we support Ukraine so this is obvious and then this is why we can never accept this approach of Russia, looking at international law.”
src:
(bei 43:50 in)
Und auch wenn die Natotruppenpräsenz in der Ukraine ggf. kein unmittelbares Problem für Russland dargestellt hätte - die Demographie ist bereits in Stein gemeiselt - Russland wäre auf dem Papier, ohne Sicherheitskooperationsabkommen mit den US (Dezember 2021) in 20 Jahren in jedem Fall nicht mehr verteidigungsfähig gewesen.
Auch wenn der Angriff nie kommen hätte müssen.
Also führt es jetzt einen Angriffskrieg “um sein Überleben” - wird man doch schon mal gehört haben. Ich glaube es gibt keinen Experten der der russischen Seite diese “Diktion” - also dieses Framing in Abrede stellt.
Weil es passt ja so gut zu allen anderen Narrativen.
Und deshalb bleiben wir so lange dabei, bis Regime change möglich ist.
Was nur über Abnützung funktioniert. Oder durch einen schnellen Verlust der Krim - oder einen ähnlich einschneidenden Erfolg der Ukraine. Nicht Über einen schnellen Sieg. Da könnte Russland sich dann ja gezwungen sehen andere Waffen einzusetzen, das will niemand. Sich dann wieder temporär zurückziehen, und dann wieder angreifen.
Sagt Selenskyj doch dauernd. Das geht nur über eine langfristige Abnutzung der russischen Rüstungskapazität, oder durch Regimechange. Die aber beide auch Hand in Hand gehen.
Also entweder man argumentiert mit Demokratie und Werteordnung und einer Fortsetzung der demokratischen Rechtsordnung - ODER man hält Panels über Regimechangemöglichkeiten ab - oder? Oder doch beides?
edit: Hier noch die deutschsprachige Bubble in der sich der Standard wohl fühlt:
“Jeffrey Sachs” “Solowjow”: 315 Suchergebnisse auf der letzen von drei Seiten merkt man - viele Beschwerdeführer sinds nicht.