Selenskyj hat das alte “ich muss die Krim nicht militärisch gewinnen, es reicht wenn ich sie in 20 Jahren automatisch bekomme” Gambit ausgegraben.
SPRINGER bezeichnet das sogar als Trick, findet das aber zur selben Zeit sensationell und neu, und ein solches Zugeständnis! Vielleicht, vielleicht aber auch nur eine Finte - weil je nach Formulierung würde ja Russland die Krim in 20 Jahren automatisch verlieren - zB. wenn Selenskyj nur erlauben würde sie unter Eigenverwaltung zu stellen - die in 20 Jahren automatisch endet, worauf sie wieder durch die Ukraine verwaltet werden würde.
Reisen wir einfach in der Zeit zurück, und lassen sie sich den Trick in einem NTV Interview vom 29. Juni 2022 nochmal erklären:
Glauben sie dass die Ukrainer, obwohl sie ja millitärisch massiv unterlegen ist, diesen Krieg doch noch zu einem Gewinn, nennen wir es mal - Sieg möchte ich nicht sagen, aber Gewinn führen kann?”
“Also, was die Ukraine erreichen möchte, und eigentlich aus ihrer Sicht muss [Anmerkung: innenpolitischer Druck], ist die territoriale Integrität des Januars, des Februars 23 zurückzugewinnen - ” “22 [… Einhaken des Moderators]” - “Ja also bevor der Krieg ausbrach.”
“-- Und wenn sie das erreichen könnte, wenn wir sie so unterstützen, dass das funktioniert und die Russen mit ihrer Menge an Personal, an Munition - auch zu irgendeiner Pause kommen - die man nutzen könnte …” [Anmerkung: Wiederherstellung der Grenzen vom 23.2. als Vorbedingung für eine Waffenruhe.] -- “Dann wäre auch die Chance der Verhandlungsmacht für die Ukraine da - über alles zu reden, nicht nur über den Zustand vor dem 24., sondern auch über die Fragen des Donezk generell, und auch der Krim. Wie weit das dann führt und wie schnell das zu einem Ergebnis führt, im Sinne der Ukraine [Anmerkung: Die ja alleine entscheiden können muss - aktuell das gemeinsame Narrativ aller G7 Staaten.], die ja ihre ursprüngliche territoriale Integrität natürlich im Auge hat, das wird sehr davon abhängen, dass die westlichen Staaten die jetzt die Ukraine unterstützen, an ihrer Unterstützung dieser territorialen Integrität festhalten. Es gibt ja schon eine ganze Reihe von Stimmen, die diese Souveränität vielleicht nicht, aber die territoriale Integrität, ja durchaus sagen, na also da müsst ihr Abstriche machen. Also das wird man sehen müssen. Ich bin optimistisch in sofern, als dass wenn es zu einem Zustand kommt, wo ukrainisches Terrain besetzt ist von Russen, dann wird es dort nicht ruhig werden.”
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So viel so 2022 lässt grüßen.
Im polnischen TVP ist man da bereits viel weiter und verlautbart:
Die US Dienste würden gerade Trump bearbeiten, dass das (also die angekündigte Reaktion “hybrid actions” auf die Eskalationspirale die beide Seiten gefahren haben) bereits ein globaler Krieg sei, und er auf die Dienste hören müsse -- nicht wie letztes Mal -- und wenn das gut geht, kommt Trump laut TVP Pundit hoffentlich nach den logischerweise scheiternden (denn man darf Russland nicht nachgeben, sagen die Dienste, wir befinden uns bereits im Krieg!) Verhandlungen drauf, dass er mit Russland nicht verhandeln kann, und dass jetzt leider die Ukraine militärisch gewinnen muss.
Dafür hat ein ukrainischer MP Trump aber auch für den Friedensnobelpreis nominiert. Kein Scherz. Die Pundits finden - super Idee, das streichelt das Ego von Trump, nur das Nobelpreiskomitee wollte heute noch keine Stellung dazu beziehen.
Wenn man bedenkt, dass von den Diensten gemeinsam mit der Ukraine vor zwei Tagen sowas hier kam:
Ex MI6 chief admits Europe is in an ‘actual war’ with Russia and warns ‘things could go badly wrong very quickly’ - days after former Ukrainian general insisted ‘WW3 has begun’
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European and UK security and intelligence agencies are increasingly openly blaming the Kremlin. In a recent statement, Kestutis Budrys, the senior national security adviser to Lithuanian President Gitanas Nausėda, accused Russian intelligence services of conducting ‘unconventional kinetic operations against NATO countries.’ Bruno Kahl, the head of Germany’s foreign intelligence service, stated that Russian operational activity in Europe was now at an unprecedented level. In a joint article for the Financial Times, the heads of the CIA and MI6 described Russian intelligence activity as a ‘reckless campaign of sabotage across Europe’, noting that Russia’s use of technology to ‘spread lies and disinformation’ was designed to sow division.
But despite significant concern among NATO and European governments, it is unclear how they will respond to the Kremlin’s activities beyond expanding counter-intelligence efforts, which have had some success in foiling Russian activity. Short of invoking NATO’s Article 5, the West lacks a strategy and the ability to act quickly in response to Russian hybrid warfare.
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-- sind wir bereits in der “If Trump does listen to the right advisers, we could set up negotiations that could fail -- and this might actually be better for us!” stage - und das nicht nur auf dem ukrainischen, sondern auf dem US advisery level (IISS)
Bring that together with:
Dr. Joachim Weber: “Also wenn man bereit ist in eine Verhandlungssituation einzutreten, das ist ja bisher ja nicht die Politik des Westens gewesen, bisher hat man gesagt wir müssen unbedingt diese Aggression der Russen gegen die Ukraine abwehren, wir müssen das militärisch sozusagen auf den Status quo ante - also die Situation wie es vorher war zurückdrehen, dass die Ukraine alle ihre Territorien behält dann ist das natürlich eine neue Situation also wenn man das sozusagen voraussetzt dass man bereit ist Kompromisse zu schließen mit Putin dann ist das ein sicherlich erfolgsversprechender Weg, wahrscheinlich sogar der einzig erfolgversprechende Weg.”
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von vor zwei Tagen -
- und wir sind zumindest in der Darlegung der TVP Experten wieder dort wo wir immer schon waren - die Ukraine muss alles zurückgewinnen, und Trump hilft uns dabei, wenn wir ihn nur richtig packen, und er auf die richtigen Leute hört.
Gut, der Krieg dauert dann noch drei Jahre, aber dafür bekommt Trump natürlich auch seinen Friedensnobelpreis. Für die US Bevölkerung gibts dann, keine Ahnung, nen Gutschein für ne Cola oder so - “war für sie eh nicht wahlrelevant”. Sagen einige der Pundits im selben Fahrwasser.
So die aktuelle Debatte auf TVP World.
Also sehr genau darauf achten, ob in den US Vorschlägen Konditionalitäten auftauchen nach denen Russland in 20 Jahren die Verwaltung der Krim verliert. Das wäre für Russland nicht akzeptabel. Scheiterts daran, haben die westlichen Staaten auf einer de facto territorialen Intergrität der Ukraine bestanden (nicht nur de jure) und sich nicht auf einen Kompromiss eingelassen.
Scheitert es an etwas anderem - bleibt es jedermanns Auslegungssache.
Nur, dass derzeit bereits eine derartige Sollbruchstelle von der Ukraine konkret als Gambit (Springer nennt es einen Trick) aufgebaut wird (NATO ist ja der andere große Elefant im Raum), verheißt nichts Gutes.
Die ukrainischen Medien berichten laut Welt jetzt bereits “toller Trick von Selenskyj um die Ukraine geeint zu halten”. Das ist eher kein - Moment mal, wir sehen die Krim de facto nie wieder? - wording. Bei dem man den Umstand der Bevölkerung erklären müsste.
Aber who knows, eine Verhandlungslösung müssten beide Seiten als Sieg verkaufen.