ECFR singt über Project Syndicate philosophische Neugründungsepen

25. März 2022

Schman­kerln:

Bei der Kri­se, in die Putin Euro­pa gestürzt hat, geht es aber nicht nur um Sicher­heit. Es geht um Phi­lo­so­phie. Das euro­päi­sche Pro­jekt beruht auf dem Gedan­ken, dass ehe­ma­li­ge Fein­de durch wirt­schaft­li­che, recht­li­che und (schließ­lich) poli­ti­sche Abhän­gig­kei­ten zu Freun­den wer­den kön­nen. Von außen gese­hen wirkt der Krieg in der Ukrai­ne wie eine mili­tä­ri­sche Inter­ven­ti­on des 20. Jahr­hun­derts. Die­ser Kon­flikt spielt sich aber nicht hin­ter einem eiser­nen Vor­hang ab. Sei­ne Par­tei­en sind zutiefst mit­ein­an­der ver­wo­ben und er wird nicht nur mit Flug­zeu­gen und Pan­zern geführt, son­dern auch mit Sank­tio­nen, Lie­fer­ket­ten, Finanz­strö­men, Infor­ma­tio­nen und digi­ta­len Bits.

Die Bits! Herr­gott im Him­mel bewa­re, die euro­päi­schen Bits.

Ungarn, die Tür­kei und Ser­bi­en wer­den sich für eine Sei­te ent­schei­den müs­sen. Ein wei­te­rer Streit­punkt sind Län­der, die der EU bei­tre­ten wol­len, für eine Mit­glied­schaft aber nicht die nöti­gen Kri­te­ri­en erfül­len: die Ukrai­ne, Mol­dau, Geor­gi­en und die west­li­chen Bal­kan­län­der. Eini­ge euro­päi­sche Diplo­ma­ten spre­chen bereits über ein Euro­pa der ver­schie­de­nen Geschwin­dig­kei­ten, durch das die­se Län­der einen beschränk­ten Zugang zum Bin­nen­markt, zur Ener­gie­uni­on oder zum Green Deal erhalten.

Die zwei­te Fra­ge lau­tet, ob Euro­pa für eine regio­na­le Ord­nung bereit ist, die nicht auf Regeln und Insti­tu­tio­nen, son­dern auf einem Gleich­ge­wicht der Kräf­te basiert.

[…]

Außer­dem steht eine neue Debat­te über Mili­tär­ba­sen und Atom­waf­fen an, die Euro­pas Auf­merk­sam­keit (und ver­mut­lich Res­sour­cen) von ihrem glo­ba­len mul­ti­la­te­ra­len Enga­ge­ment abzie­hen wird.

Kei­ne mul­ti­la­te­ra­le Welt­ord­nung mehr, end­lich der Stän­de­staat der Regio­nen der in Alp­bach seit Jah­ren gefei­ert wird (Ulri­ke Gué­rot bekommt nach Jahr­zehn­ten ihre Zukunfts­vi­si­on, Putin sei Dank), Bünd­nis­treue zu den USA, kein aus­la­den­des mul­ti­la­te­ra­les Wirt­schafts­en­ga­ge­ment mehr, öko­no­mi­sche Ein­ige­lung, und dann noch Fes­tung Euro­pa oben drauf.

Es ist, und jetzt kommts - eine

Fra­ge der Resilienz

Drit­tens: Hat Euro­pa eine poli­ti­sche Basis für den Auf­bau wirt­schaft­li­cher und gesell­schaft­li­cher Resi­li­enz? In Connectivity-Kriegen, das sind Kon­flik­te zwi­schen von­ein­an­der abhän­gi­gen Mäch­ten, sind Geduld und Lei­dens­fä­hig­keit die Schlüs­sel zum Erfolg. Die Sank­tio­nen gegen Russ­land fin­den zur­zeit brei­te Unter­stüt­zung, die aber womög­lich nach­lässt, wenn die Öl- und Gas­prei­se wei­ter stark stei­gen und eine Rezes­si­on auslösen.

Gefragt sind noch mehr PR Pro­jek­te die Ver­zicht in die Bevöl­ke­rung dreschen.

Die Insti­tu­tio­nen der EU haben eben erst einen gewal­ti­gen Auf­bau­fonds ein­ge­rich­tet, der ver­hin­dern soll, dass die Corona-Krise die EU aus­ein­an­der­reißt. Jetzt den­ken sie über neue Soli­da­ri­täts­me­cha­nis­men nach, die Ver­brau­che­rin­nen und Ver­brau­chern dabei hel­fen sol­len, mit den stei­gen­den Ener­gie­prei­sen und ande­ren Domi­no­ef­fek­ten durch die Sank­tio­nen zurecht­zu­kom­men. So oder so wird Euro­pa sei­ne Ener­gie­märk­te, Lie­fer­ket­ten und Finan­zen umstruk­tu­rie­ren müs­sen – mit enor­men welt­wei­ten Auswirkungen. 

Aber auch Auf­bau­pro­jek­te in den ärme­ren Regio­nen, um die inne­re Kohä­si­on zu wahren.

Natür­lich nicht ohne regel­mä­ßi­ge Abga­ben an die US, wo kämen wir da denn hin…

Wie Jere­my Shapi­ro vom Euro­pean Coun­cil on For­eign Rela­ti­ons schreibt, muss die Nato sich jetzt mit den Demo­kra­tien in Asi­en ver­net­zen, ihre Poli­tik abstim­men und sogar ihre Res­sour­cen auf die euro­päi­sche und die pazi­fi­sche Büh­ne aufteilen.

Kampf ums Überleben
Die euro­päi­schen Staats- und Regie­rungs­chefs müs­sen die Welt, in der sie leben wol­len, mit der Welt, die Putin ihnen auf­ge­zwun­gen hat, in Ein­klang brin­gen. Man­che wer­den nun sagen, der Fort­schritt auf dem Weg zu einer auf Regeln basie­ren­den umwelt­be­wuss­ten Welt, sei immer illu­so­risch gewe­sen. Ich bin aber wei­ter­hin davon über­zeugt, dass die gemein­sa­me Nut­zung von Sou­ve­rä­ni­tät in Euro­pa, die Ent­wick­lung supra­na­tio­na­ler Regu­lie­rungs­sys­tem und Koope­ra­ti­on in den Berei­chen Tech­no­lo­gie, Umwelt­schutz und Gesund­heit unse­rer Zivi­li­sa­ti­on gewal­ti­ge Vor­tei­le verschafft.

Heu­te ist Geo­po­li­tik in Eura­si­en wie­der ein Kampf ums Über­le­ben. Die ulti­ma­ti­ve Fra­ge lau­tet dar­um, wie wir die Wer­te von Kants ewi­gem Frie­den inner­halb der EU bewah­ren und uns gleich­zei­tig gegen Gefah­ren aus dem umlie­gen­den Dschun­gel ver­tei­di­gen können. 

Ab ins Feu­dal­we­sen, aber mit Pathos, Umwelt­schutz und Gesund­heit. Und ein wenig Tech­no­lo­gie, aber bit­te nicht in Mas­sen­fer­ti­gung. Ok, viel­leicht einen Tes­la made in Ger­ma­ny für die Fahrt nach Alpbach.

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Mir schwant für das UvdL Gespräch mit Xi Jin­ping am 1. April übles…









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