Fast… Versuchs nochmal!

01. Juni 2022

Das Pro­blem ist, dass Selen­skyj selbst sei­ne Kriegs­zie­le immer anders defi­niert. Manch­mal sagt er die Rus­sen müs­sen aus dem gan­zen Land ver­trie­ben wer­den, also auch von der Krim, manch­mal sagt er - eh, ah, es wird schwie­rig wer­den die Rus­sen aus den Gebie­ten zu ver­trei­ben wo sie vor dem Krieg schon waren, aber was wir jeden­falls tun wer­den ist bis zum letz­ten Mann den Don­bas zu verteidigen.”

Der Man­gott kommt also nicht über ein non deni­al deni­al drü­ber - und das wo wir gegen­über Russ­land bereits so lan­ge über Mini­mal­zie­le in die­sem Krieg reden - es ist so trau­rig. So trau­rig, dass er sich in der Satz­kon­struk­ti­on fast selbst ver­has­pelt, wäh­rend er merkt, dass sie kei­nen Sinn macht.

Und nein, der wan­kel­mü­ti­ge Selen­skyj ist in der Form eine Lüge. In jedem sei­ner Inter­views, seit dem ers­ten Monat, weist er auf die Unab­ding­bar­keit der voll­stän­di­gen ter­ri­to­ria­len Inte­gri­tät der Ukrai­ne (inklu­si­ve der Krim) als Bedin­gung für und Posi­ti­on in Frie­dens­ver­hand­lun­gen hin. Im Fal­le der Ein­set­zung von auto­no­men Regie­run­gen, eben­falls nur, wenn die­se Regio­nen Teil der Ukrai­ne wer­den. Im Fal­le des ange­dach­ten “neu­tra­len Sta­tus” der Ukrai­ne (in der Woche in der sich Selen­skyj das vor­stel­len konn­te), eben­falls nur bei einer voll­stän­di­gen ter­ri­to­ria­len Inte­gri­tät der Ukrai­ne, inklu­si­ve Krim. Wenn man die Inter­views im Voll­text liest.

Es gibt und gab kei­nen Wider­spruch in der Sache. Bis zum Inter­view am Frei­tag (28.05) im nie­der­län­di­schen Fern­se­hen. Das in dem Punkt eben­falls noch genü­gend Ambi­gui­tät offen lässt, um bei Frie­dens­ver­hand­lun­gen trotz­dem die voll­stän­di­ge ter­ri­to­ria­le Inte­gri­tät der Ukrai­ne zu fordern.

Das ist wesent­lich, weil es vor die­sem Inter­view eine metric shit­ton an Leu­ten gege­ben hat, die sich ins als Exper­te “Meinungs-Fernsehen” ein­la­den haben las­sen (Bera­ter von Borrell!11!1), und das Gegen­teil behaup­tet haben. (Ukrai­ne sei sehr wohl kom­pro­miss­be­reit, Ukrai­ne wol­le doch nur an die Gren­zen des 23. Febru­ar zurück… Nein Falsch­dar­stel­lung, die Gren­zen des 23. Febru­ar wur­den immer nur als Vor­be­din­gung für Waf­fen­still­stands­ver­hand­lun­gen genannt.).

Also was machst du jetzt mit nem Ger­hart Man­gott im Fern­se­hen, der in dem Punkt ein öffent­li­ches Nar­ra­tiv deckt, mit ner Aus­sa­ge die in sich wider­sprüch­lich ist, und die im Kon­text des­sen was sug­ge­riert wird nicht stimmt?

Lie­ben, neh­me ich an.

Das sind die ver­damm­ten Aus­wir­kun­gen, wenn du seit Kriegs­be­ginn begon­nen hast, jedes Inter­view das von Selen­skyj refe­ren­ziert wur­de (“Selen­sky for­dert Frie­dens­ver­hand­lun­gen” sei dem ers­ten Monat, und Papst­be­su­che, und Pan­zer in der sel­ben Woche…) wirk­lich im Voll­text zu lesen.

Jetzt stehst du da, du armer Tor, und siehst halt wie die­se Gesell­schaft belo­gen wird. Von hin­ten bis vor­ne, von mor­gens bis abends.

Die­se Gesell­schaft ist das Letzte.

Also, Selen­skyj ist hier immer wie­der mit sich selbst uneins, was er eigent­lich anstrebt, und in der ukrai­ni­schen Füh­rung gibt es dar­über auch Streit. Und - eh, eine Rück­nah­me, oder Ver­zö­ge­rung west­li­cher Waf­fen­lie­fe­run­gen um die Ukrai­ne in einen Ver­hand­lungs­frie­den zu zwin­gen, der wesent­lich von Russ­land dik­tiert wer­den wür­de, das wür­de in Kiew sicher­lich sehr, sehr nega­tiv auf­ge­nom­men werden.”

(Ich will ja nichts sagen, aber ich habe noch nie eine so wun­der­schö­ne Begrün­dung für die Posi­ti­on “die Ukrai­ne muss selbst ent­schei­den” gesehen.)

Dazu Man­gott:

Vie­le west­li­che Staa­ten ver­tre­ten die Ansicht, so auch der öster­rei­chi­sche, dass es die Ukrai­ni­sche Regie­rung ist und aus­schließ­lich die ukrai­ni­sche Regie­rung und das ukrai­ni­sche Volk, die dar­über ent­schei­den, wann Ver­hand­lun­gen mit Russ­land auf­ge­nom­men wer­den und wel­che Bedin­gun­gen da akzep­tiert wer­den. Ich wäre mir da nicht so ganz sicher, denn wenn der Wes­ten die Ukrai­ne auf­rüs­tet - und das tut er mas­siv, soll­te er eben auch klar wis­sen, was ist das End Game, wor­auf möch­te man hin­aus, wie weit möch­te man Russ­land hier demü­ti­gen, wie man­che es for­mu­lie­ren, und das eben könn­te schon dazu füh­ren, dass bestimm­te Staa­ten ihre Waf­fen­lie­fe­run­gen kon­di­tio­nie­ren. Das heißt abhän­gig davon machen, wie beweg­lich die ukrai­ni­sche Regie­rung gegen­über dem Inva­sor ist.

Es gibt eigent­lich eine Kluft inner­halb des Wes­tens. Die pol­ni­sche Regie­rung, die bal­ti­schen Regie­run­gen, Rumä­ni­en, die bri­ti­sche, aber auch die ame­ri­ka­ni­sche Regie­rung gehen in ihren Kriegs­zie­len, die sie als Ziel der Ukrai­ne defi­nie­ren, sehr, sehr weit. Bis eigent­lich dort­hin, dass alle rus­si­schen Trup­pen aus der Ukrai­ne ent­fernt wer­den. Also auch von der Krim ver­jagt wer­den. Deutsch­land, Frank­reich und Ita­li­en sind ja hier sehr viel mäßi­ger. Sie for­dern einen raschen Waf­fen­still­stand, und for­dern die rus­si­schen Trup­pen eigent­lich nur auf, auf ihre Posi­tio­nen zurück­zu­keh­ren, die sie vor der Inva­si­on am 24. Febru­ar hat­ten. Also hier sind die Kriegs­zie­le unter­schied­lich. In der Ukrai­ne selbst wird über die Kriegs­zie­le auch hef­tig dis­ku­tiert. Was ein Sieg für die Ukrai­ne ist, ist umstritten.

(Ich will ja nichts sagen, aber ich habe noch nie eine so wun­der­schö­ne Begrün­dung gegen die Posi­ti­on “die Ukrai­ne muss selbst ent­schei­den” gesehen.)

Das ist Posi­ti­on bezie­hen in Nuan­cen im Subtext.

Es gibt auch Leu­te die machen das nicht - aber die sind dann bald weg vom Fens­ter. Oder sind bei der UN auf die eh kei­ner hört.

Das ist übri­gens Cana­ry Num­mer drei für die, die mit­zäh­len. Sachs, Nina Khrush­che­va bei Demo­cra­cy now und Tho­mas Gra­ham vom CFR vor zwei Wochen. edit: Mehr Sachs.

Die­se Gesell­schaft ist das abgrund­tief Letzte.

edit: Für den zeit­li­chen Kon­text: Ande­re News­mel­dun­gen des Tages.

Nach­trag: Nur sie­ben Tage nach dem Auf­tritt Man­gotts in der ZIB2 fällt dem Stan­dard auf, dass das nicht stim­men kann. Wobei, nein - er bring­ts halt als wei­te­re Mel­dung unter fer­ner lie­fen

Die Ukrai­ne habe seit dem rus­si­schen Angriff vor mehr als drei Mona­ten schon viel zu vie­le Men­schen­le­ben ver­lo­ren, um ein­fach Tei­le sei­nes Gebiets abzu­tre­ten, sag­te Prä­si­dent Wolo­dym­yr Selen­skyj am Diens­tag. Das “Patt”, wie es im Wes­ten man­cher­orts her­bei­ge­re­det wer­de, sei für sein Land “kei­ne Opti­on”. Daher, sag­te Selen­skyj, müs­se man “die vol­le Kon­trol­le über unser Land erlangen.”









Hinterlasse eine Antwort