Die Zauberhand des Marktes

19. Juli 2023

(Stich­wort: Deep capture)

Son­ne­born schon wie­der.

Für das Auswahl- und Ein­stel­lungs­ver­fah­ren der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on gilt für Hohe Beam­te die fol­gen­de Vor­schrift („Seni­or Offi­cials Poli­cy“): “Bei der Ein­stel­lung sind dem Organ die Diens­te von Beam­ten zu sichern, die auf mög­lichst brei­ter geo­gra­phi­scher Grund­la­ge unter den Staats­an­ge­hö­ri­gen der Mit­glied­staa­ten aus­ge­wählt wer­den.“ Dass es unter den 450 Mil­lio­nen zur Aus­wahl ste­hen­den EU-Bürgern, eini­ge davon mit aus­ge­fuchs­tem Fach­wis­sen (Can­dy Crush, Level 1789), kei­nen Tinder-Match gege­ben haben soll, das, mit Ver­laub, glau­ben wir der Kom­mis­si­on ein­fach nicht. Bei aus­nahms­los allen bis­he­ri­gen Aus­schrei­bun­gen zum „Chief Com­pe­ti­ti­on Eco­no­mist“, auch bei der letz­ten von 2018 (COM/2018/10383), war die EU-Staatsbürgerschaft als aller­ers­te Zulas­sungs­vor­aus­set­zung ver­merkt. Im dies­jäh­ri­gen (im Febru­ar eröff­ne­ten) Ver­fah­ren (COM/2023/10427) ist sie – bei nahe­zu wort­glei­cher Über­nah­me aller ande­ren Text­bau­stei­ne – wie durch Zau­ber­hand verschwunden.

Es könn­te der Ver­dacht ent­ste­hen, so meh­re­re NGOs um Lob­by Con­trol schon im Mai, dass die­ses Ein­stel­lungs­ver­fah­ren spe­zi­ell dar­auf zuge­schnit­ten wur­de, eine ganz bestimm­te Bewer­be­rin aus dem Nicht-EU-Raum zu begüns­ti­gen. Wir möch­ten höf­lich wider­spre­chen, denn der Sach­ver­halt geht über den rei­nen Ver­dacht natür­lich längst hin­aus. Nicht genug, dass Mor­ton ihre Kol­le­gen an der Yale Uni­ver­si­ty bereits im April über ihre Beru­fung in die EU-Verwaltung infor­mier­te – einer ihrer Kol­le­gen gra­tu­lier­te ihr mit einem (inzwi­schen gelösch­ten) Tweet sogar auf Twit­ter. Mit Bezug auf unge­nann­te „Quel­len“ ver­mel­den auch Bloom­berg und die Finan­cial Times die anste­hen­de Stel­len­be­set­zung schon Anfang April, nicht ohne zu prä­zi­sie­ren, Mor­ton sei so gezielt aus­ge­wählt wor­den, dass man da drü­ben – eigens für sie – gar die gel­ten­den Aus­schrei­bungs­re­geln „anpas­sen“ wer­de. Schön, dass wir alles, was in der EU so vor sich geht, aus der anglo­ame­ri­ka­ni­schen Finanz­pres­se erfah­ren müssen.

Der Tod der Idee (EU)

[…]

Gera­de hat die EU-Kommission die US-Amerikanerin Fio­na Scott Mor­ton zur Chef­öko­no­min ihrer Gene­ral­di­rek­ti­on Wett­be­werb ernannt. Damit wird die Regu­lie­rung der digi­ta­len Märk­te einer mit Inter­es­sens­kon­flik­ten über­la­de­nen Lob­by­is­tin der Big-Tech-Konzerne über­tra­gen. Mor­ton war nicht nur für das us-amerikanische Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um, son­dern auch für meh­re­re oli­go­po­lis­ti­sche US-Digitalkonzerne tätig (Apple, Ama­zon, Micro­soft), deren Bera­tung ihr meh­re­re Mil­lio­nen Dol­lar ein­ge­bracht hat.

Wenn Sie sich im Febru­ar letz­ten Jah­res kurz dar­über gewun­dert haben, dass die US-amerikanische Greenpeace-Aktivistin Jen­ni­fer Mor­gan von der trans­at­lan­ti­schen Trö­te Anna­le­na Baer­bock zur Staats­se­kre­tä­rin im Aus­wär­ti­gen Amt gemacht wur­de, dann war das noch gar nichts gegen die Idee, der die EU-Kommission gera­de Gestalt ver­lie­hen hat. In einem klamm­heim­li­chen und nur in Bruch­tei­len ord­nungs­ge­mä­ßen Aus­schrei­bungs­ver­fah­ren hat die Kom­mis­si­on für einen ihrer wich­tigs­ten Regu­lie­rungs­pos­ten soeben die US-Amerikanerin und Big-Tech-Lobbyistin Fio­na Scott Mor­ton rekru­tiert. Zum 1. Sep­tem­ber 2023 soll sie Chef­öko­no­min für Wett­be­werbs­fra­gen der DG Comp wer­den, eine der wich­tigs­ten Posi­tio­nen in einer der mäch­tigs­ten Gene­ral­di­rek­tio­nen der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on – mit Zustän­dig­keit für die Ein­hal­tung der EU-Kartell- und Wett­be­werbs­vor­schrif­ten sowie die Geneh­mi­gung von Unter­neh­mens­fu­sio­nen und Übernahmen.

Fio­na Scott Mor­ton ist, wie wir der von pla­ka­ti­vem Pro­gres­sis­mus getra­ge­nen Pres­se­mit­tei­lung ent­neh­men, nicht nur eine Frau, son­dern auch die ers­te Frau auf die­sem Pos­ten. Cham­pa­gner stel­len wir für die­se Nach­richt trotz­dem nicht kalt, noch nicht ein­mal US-amerikanischen Schaum­wein mit Aspar­tam, wenn wir denn so etwas über­haupt in unse­rem Wein­schrank hät­ten. Denn der tat­säch­lich ver­mel­dens­wer­te Nach­richt­ge­halt ist natür­lich weni­ger in der Geschlechts- als in der Staats­zu­ge­hö­rig­keit zu finden.

Ach­ja, Wer­te­wes­ten ver­flich­tet. Schon wieder.
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Die­se Gesell­schaft ist das abso­lut abar­tigst, gro­tesk Allerletzte.

Ich mein, jetzt erst mal schön trans­at­lan­ti­sche Fusio­nen geneh­mi­gen, ohne dabei auf euro­päi­sche Inter­es­sen zu ach­ten. Sonst sto­cken die Waf­fen­lie­fe­run­gen in die Ukrai­ne ja noch!

Sla­va!

edit: Ah. Sowas.

Per­so­nal­de­bat­te: US-Wirtschaftsexpertin ver­zich­tet auf Posten
Online seit heu­te, 9.40 Uhr
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Die US-Wirtschaftsexpertin Fio­na Scott Mor­ton ver­zich­tet ange­sichts einer hef­ti­gen Dis­kus­si­on über ihre Nomi­nie­rung auf den Pos­ten der Chef­öko­no­min für Wett­be­werb in der EU-Kommission. Das teil­te die Brüs­se­ler Behör­de heu­te mit. Vor allem in Frank­reich gab es Kri­tik wegen eines mög­li­chen „Inter­es­sen­kon­flikts“.

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Wär uns aber bis zum öffent­lich wer­den des The­mas nicht auf­ge­fal­len, oder?! Uns im Wer­te­wes­ten. Sor­ry, - uns in den Büro­kra­tien des Wer­te­wes­tens natürlich.









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