Das public major narrative sagt aktuell in der Tat folgendes - wir müssen bei der Ukraine reagieren wie bei einem Nato Mitgliedsland. (Da Article 5 nicht die Reaktion spezifiziert, sondern nur dass wir die Attacke werten müssen, als sei sie gegen unser Land geführt worden - und den Rest dann offen lässt (wurde in den Verträgen so designt)), da es nur so möglich ist, dass wir zu einem Regime Change in Russland kommen, und damit folgendes verhindern:
Dass Russland in den nächsten 40 Jahren wieder aufrüsten, und seinen Krieg Neustarten oder ausweiten kann. (Risikoabwägung oder Möglichkeitsbeschreibung.)
Begründet nicht mit ukrainischen Leben, denn die werden jetzt verheizt, sondern begründet mit Werten.
Und bei genauerer Betrachtung, Stimmt nichts davon, also nicht ein Einzelaspekt.
Es stimmt nicht der Aspekt dass hier gerade Demokratien gegen Autokratien ein für alle Mal oder entscheidend ausgefochten wird. Stimmt nicht.
Es stimmt auch nicht der Aspekt, dass wir es tun, weil es ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg war. Stimmt einfach nicht. (Da gabs schon andere, da waren wir recht still…)
Also de facto - da Russland die Ukraine angegriffen hat, muss ein Führungswechsel her - bevor wir eine Lockerung von Sanktionen, oder eine echte Verhandlungsperspektive überhaupt andenken.
Und dafür muss Russland vernichtend geschlagen werden.
Denn die Ukraine muss ja entscheiden, und sie hat so entschieden.
Das ist aktuell das Narrativ.
Das ist doch niemandem von uns eingefallen… Das ist so personenzentriet wie dämlich im Ansatz (und was wenn die nächste Führungsfigur Russlands gleich schlimm ist? Kämpfen wir dann weiter, oder…), wie nicht durch direkte Einflussnahme zu erreichen. Sondern über ein russisches Volk, das erst aufbegehrt.
Hoffen wir da drauf, oder schicken wir die Dienste, oder…
Ich meine, daneben gibt es noch so Positionen wie “Russlands Armee muss aufgerieben werden, damit es nie wieder solche Probleme macht” (daher war of attrition in dem die Ukraine die meisten Leute verliert). Oder “Russlands Armee muss aufgerieben werden, da das das ist was die US als Aspekt identifiziert hat um das Land strukturell so zu schwächen, dass die Machtelite dort fällt” -- aber das sind alles keine offiziellen Narrative…
Was ist denn hier passiert.
Sind wir bei “Deutschland muss sich doch auch selbst eine Position überlegen (Illner irgend wann mal als nichts von dem mehr gestimmt hat was die Medien als “Position der Ukraine” über Monate verbreitet haben, und sie Luhansk verloren hat, also in dem Moment als Illner ins Grübeln gekommen ist) noch nicht weit gekommen, oder…
Reicht uns “die Ukraine muss gewinnen, weil verlieren keine Option ist”? Also - als rationale Begründung?
Und warum verbinden wir (dh. auch die Ukraine) so viel mit der Position “wenn Putin einmal nicht mehr ist” -- dann reden wir wieder, dann verhandeln wir wieder, dann evaluieren wir neu, dann bekommen wir eventuell auch wieder mehr Gas - wir wissen doch nichts davon… wir wissen nicht wer dann kommt.
Und das Argument, dem der Westen anhängt, dass nach Regime-Changes immer eher pro westliche Regierungen ihren Weg an die Macht finden würden, da Demokratisierung der Lauf der Geschichte ist, war Francis Fukuyama. Also - ist bereits komplett widerlegt. Also von der Mehrheit anerkannt widerlegt. Das letze Mal in Ägypten.
Holy fucking shit. Was verkaufen wir hier überhaupt? Wir helfen weinenden Kinderaugen? Flüchtenden Müttern (die nach zwei(drei?) Jahren ohne Verlängerung ihres aktuellen Status wieder zurück müssen?
Wir müssen tatsächlich so tun, als sei die Ukraine aktuell Nato Mitglied, und wir müssten das tun.
Was?
Alles was die Amerikaner sagen, dass sie liefern auch liefern.
Und für einen Wiederaufbau zahlen, der nicht mal konzeptuell möglich scheint. (Wirtschaftliche Normalität unter einem eingeschlafenen Krieg bedeutet, Infrastruktur wird immer wieder zerstört..)
Und die Sanktionen aufrecht halten, damit das Regime gestürzt werden kann.
Das ist doch aktuell die Position, oder?
Aber keine Angst, das nächste Narrativ ist schon wieder unterwegs - also neben der vierjährigen mit Downsyndrom, die jetzt tot ist, die im Kongress als Stand in für mehr Waffen herhalten durfte (diese Woche) - die Ukraine braucht jetzt einfach mehr als die zehntausenden in Großbritannien ausgebildeten Soldaten, denn dann…
kann sie im Aufreibungskrieg länger bestehen und… dann bekommt sie mehr Waffen, und dann…
Dann wird Putin so geschlagen, dass Selenkyj mit ihm Persönlich verhandeln und die Krim zurückfordern kann, wie er es ständig, seit dem ersten Monat erträumt. Oder dann wirken endlich die Sanktionen, und es kommt zu Aufständen in Russland.
Und dann ändert sich die Regierung, und die nächste wird pro westlich? Woher wissen wir das?
Oder machen wir es doch, um einen Angriff auf einen Nato Staat zu verhindern? Aber dafür hätte Putin doch garnicht die Reserven und die Mannstärke…
Also wenn die 300.000 Mann der UN stehen die Ende des Jahres stehen sollen. Die Ihn dann vernichtend schlagen würden. Worauf er dann Atomwaffen…
Aber wir haben dann die neuen F-35 und Atomwaffen in Frankreich und…
Moment, was wollen wir gerade?
Die Ukraine befreien? Ihr die Krim zurückgeben, und damit Russlands vorherrschaft über das Schwarze Meer brechen? Was Russlands Funktionsfähigkeit/Existenz strukturell gefährdet weshalb sie es nie zulassen werden? Ich dachte die will Frieden?
Aber nein, die Ukraine will ja keinen Frieden, mehr sondern ihre Territorien befreien.
Weil es ja bisher gut lief. Mit der Schlangeninsel.
Holy - fucking shit. Nichts stimmt hier. Also garnichts.
Also entweder Entscheidungen werden hoch emotional und am Würfeltisch getroffen - oder die US haben die Verteidigungspolitik Europas übernommen und Spielen jetzt mal War of attrition, so lange wie möglich um Russlands Militärkapazität und damit innere Stabilität zu untergraben. Und durch Sanktionen seine Militärkapazität und innere Stabilität zu schwächen.
Holy fucking shit. Wenn du mal die Rufe nach noch mehr multiplen Raketenwerfern auf Rädern schneller und mit mehr Munition der Bevölkerung weglässt, was bleibt? Machen wir das, damit wir die schrecklichen Instagrambilder in 40 Jahren nicht mehr sehen müssen?
Weil wir fürchten selbst bald überfallen zu werden. Auf welcher Grundlage? Putin ist Wahnsinnig? Aber ich dachte das hätten wir im öffentlichen Narrativ geändert, damit sich die Leute nicht mehr vor Atomwaffen fürchten… Und außerdem schließt Russland gerade die Weizenexportverträge in der Ukraine ab. Mit der Ukraine, der Türkei, und den Westlichen Bündnisstaaten. Unter der Ägide der UN. Wo wir doch alle wissen, dass man mit Russland nicht verhandeln kann.
Moment, was ist nochmal unser Ziel? Dass Russland 40 Jahre lang nicht mehr Aufrüsten kann? Zeit zu schinden, bis die Nato Vorwärtsverteidigung steht?
Auf die Bedenken Polens endlich adäquat zu reagieren?
Putin weg machen?
Scheiße -- wir müssen ja wirklich so agieren, als wäre die Ukraine bereits ein Nato Staat, da sonst nichts an unserer eigenen öffentlichen Position Sinn macht.
Der Augstein hat Recht…
edit: Vielleicht ist die Tautologie der Grund? Also Russland darf nicht gewinnen, weil Russland verlieren muss?
Die Ukraine muss gewinnen, da die Ukraine nicht verlieren darf ist ja bereits salonfähig…
Aber Begründet hat es niemand. Also emotional natürlich, aber darüber hinaus meine ich.
Augstein hat Recht.
Ist es, Russland darf nicht gewinnen, weil es dann weitermachen würde? Aber ich dachte uns schützt die Nato. Sollen wir einmal einen Blick auf die Verteidigungsausgaben werfen? Oder ist es der Teilaspekt, dann würden wir unsere Bevölkerung in den Krieg schicken müssen? Das wären doppelstandards, die Ukrainer schicken wir doch auch gerne. Also nachdem wir Neulinge aktuell in Großbritannien zu zehntausenden ausbilden.
Ist es Russland darf nicht gewinnen, weil es dann einen Nato Staat angreifen würde? Aber ich dachte wir fürchten uns nicht vor dem Atomkrieg.
Ist es Russland darf nicht gewinnen, da Europa dann international an Stellenwert verliert? Aber ich dachte wir bauen unsere macht auf Handel auf, und erwähnen die Werte immer erst im Nebensatz. So wie ein Biden in Saudi Arabien, wenn er in der Pressekonferenz sagt, er hätte Khashoggi beim aktuellen Treffen wieder angesprochen, was laut hohen Beamten der US Administration, die das im Nachhinein geleakt haben, nicht der Fall war? (Democracy Now dieser Tage.)
Scheiße, Augstein hat recht. Nimmst du den “wir müssen bei der Ukraine Handeln wie bei einem Nato Staat” Begründung weg, stimmt nichts… (Minus Flugsicherheitszone, minus unsere eigenen Einheiten im Kriegsgebiet, aber bei voller und unerschütterlicher Beistandsverpflichtung… Erneut Article 5 spezifiziert nicht was zu tun ist, sondern nur wie es zu werten ist (wie ein Angriff aufs eigene Land).)
Also jetzt einmal schön Putin besiegen, und dann sehen wir weiter.
edit: Ah, sorry - hab noch ein neues Narrativ vergessen, das aktuell grad wieder relevant wird (seit der letzten Woche erst). Putin würde, wenn er erfolgreich wäre, sicher Kiew noch einmal angreifen, weil er die Schmach nicht an seinem Image haften lassen möchte. Wenn nicht heute, dann in zehn Jahren. (Mehr geht sich rein vom Alter her eher nicht mehr aus.)
Perfekte öffentliche Begründung. Komplett erfunden, und niemand kann sie prüfen. Also per Definition erfunden, und per Definition unprüfbar.
edit2: Und noch einen Punkt vergessen, wir müssen die Ukraine verteidigen, weil die Ukrainer das wollen. Nein, also nicht mehr seit dem die Ukraine strukturell zahlungsunfähig ist (Stundung der Kredite erbeten) und westliche Finanziers sowohl die soziale und institutionale Stabilität aufrecht erhalten, und Gerät zur Vernichtung im Krieg schicken, also seit dem liegt es an Zahlen, und nicht der Bevölkerung die aber kämpfen will. Also auch der Aspekt (self agency) stimmt nicht.