Es wird einmal Zeit aufzulisten woran die deutschsprachige Journalistenschaft selbst so glaubt.
Anastassia Boutsko (DW): Leichensäcke in Moskau können für Putin doch noch zum Problem werden und den Krieg beenden.
Also mal eben ein Verschwörungsnarrativ, denn die US Führung hat wiederholt und in offiziellem messaging dementiert, dass dies eine Zielperspektive sei. Oder wenn schon kein Verschwörungsnarrativ, dann ein “Deus Ex machina” - bei dem, wenn schon genug Leute sterben, das auch eine direkte positive Auswirkung auf Beendigung des Krieges haben wird.
Auch in der internen Logik des Arguments nicht das beste Narrativ, da immer noch ein Hardliner auf Putin folgen könnte. Dh. Destabilisierung ohne Regimechange Vorbereitung - wird eher heikel. Wer für gewöhnlich die politische Nachfolge im Kreml regelt ist kein wirkliches Geheimnis.
Andreas Kähler (phoenix Moderator): Wir müssen die Ukraine unterstützen, da sich sonst der Krieg ausweitet.
Hypothetical. Definiert die Position der Ukraine als Leute die für uns kämpfen und sterben. Ebenfalls kein offizielles Narrativ.
“Also ich würde sagen, in der ganzen Zeit, und ich habe diesen Krieg ja seit Anfang an begleitet, haben die Menschen dort verschiedene Etappen durchgemacht, und die Etappe in der wir uns jetzt befinden ist…
[Einschub: Gesichtsausdruck in dem Moment]
- ein Land am Tiefpunkt. Weil die Ukrainer haben natürlich jetzt verstanden, dass die Schrecken dieses Krieges nicht zu Ende sind, sondern weiter gehen. Dass sie in ein weiteres Jahr des Krieges gehen. Und ich glaube fast jeder Ukraine, wenn nicht sogar jeder, hat Opfer gebracht, kennt Menschen, die Gestorben sind. Hat Familie verloren [jeder sechste, aber halten wir uns nicht mit Fakten auf] und dass das jetzt weiter gehen soll, ohne dass eine Perspektive erkennbar ist, ist natürlich ein sehr, sehr bittere Erkenntnis. Auf der anderen Seite, was man positiv sagen kann, sehen die Ukrainer natürlich nach einem Jahr Krieg wie sehr der Westen nach wie vor an ihrer Seite steht, also der Besuch von US Präsident Biden, in Kiew - ich war selber auch da -
[Einschub: Gesichtsausdruck in dem Moment]
es ist von den Ukrainern schon wirklich gefeiert worden
[Einschub: Gesichtsausdruck Schäuble in dem Moment]
als etwas was ihnen Rückhalt vermittelt hat. Ich meine, das sind natürlich die großen Bilder und es ist - die Ukrainer verstehen es natürlich auch entsprechend zu vermarkten, aber nichts desto trotz, das war so ein positives Zeichen und auch was wir jetzt erlebt haben, dass nun endlich mal Waffen geliefert werden, über die so lange debattiert wurde, das sind positive Zeichen, nichts desto Trotz, auch militärisch muss man sagen, ist die Ukraine mittlerweile am Tiefpunkt angelangt, also das müssen wir nicht beschönigen, was wir im Moment im Land erleben sind an einigen Fronten die bittersten und schlimmsten Kämpfe die man bisher erlebt hat. Es gibt keine offiziellen Zahlen über Opfer, aber was man sich als Reporter dort zusammenreimen kann, wenn man einfach einmal hinkuckt, kann man das nicht hoch genug einschätzen was da an Tribut gezahlt wird - auch an toten Soldaten, also ich gebe mal ein Beispiel, ich war ich Charkiw, in Charkiw gibt es einen Riesen Friedhof, da werden jeden Tag mehrere Soldaten, die einfach aus der Front im Osten kommen, begraben. Das sind Bilder die jetzt nicht immer jedem präsent sind, aber die zeigen natürlich, das sind die Toten, und von den Verletzten reden wir noch garnicht. Was ich selber bei den paar Besuchen die ich gemacht habe an der Front erlebt habe, ist ein Krieg, also - den kann man sich nicht bitter genug vorstellen. Da sind teilweise Soldaten, die haben den russischen Angreifern nichts entgegenzusetzen, außer ihre Kalaschnikow - und werden da manchmal auch einfach überrannt. Und diese Realität, ja - vor der Steht die Ukraine jetzt, und es ist die Frage, ja - wie lange wird das noch dauern.”
Moderator: “Ist es denkbar, dass die Ukraine diesen Krieg auch verliert?”
“Ja, ich glaube wir müssen definieren, was heißt gewinnen und verlieren, so wie ich die Ukrainer, und das ist natürlich nur eine Momentaufnahme, erlebe - werden sie nicht zurückweichen. Also die Entschlossenheit, der breiten Masse der Bevölkerung diesen Krieg weiter zu führen, auch mit allen Opfern, ehm - ist sehr groß. Und jetzt ist Präsident Selenskyj jemand der das natürlich auch sehr schön zu verkaufen weiß - er hat ja gesagt - and die Russen gerichtet, wir sterben lieber, als dass wir unter eurer Besatzung leben, mit Vergewaltigung und Mord und Entführung von Kindern. Aber das stimmt. Das ist das Gefühl das ich glaube dass viele, oder die große Masse der Ukrainer haben. Sie wollen nicht unter russischer Herrschaft leben, weil sie wissen einfach was das bedeutet.”
Moderator: Du hast von einem solchen Ort berichtet, nämlich von Butscha, und das war sozusagen eine wiedereroberte Stadt, kannst du uns schildern, was für einen Eindruck du von dieser Stadt hast, als du ankamst.
[Den Gesichtsausdruck poste ich mal nicht, es ist Wiedererleben echten Schocks.]
“Also das war ja die erste Stadt die - im Prinzip, wo wir erlebt haben, was passiert ist. Wo wir sehen konnten, was haben russische Söldner, russische Soldaten dort gemacht. Und für mich war das mit eines der schlimmsten Erlebnisse, die ich in meiner Laufbahn as Journalistin erlebt habe, und ich habe schon über einige Kriege und Krisen berichtet. Zu sehen, dass man Zivilisten einfach mitten auf der Straße hinrichtet, Menschen in irgendwelche Gruben schmeißt - ein komplette zerstörte Innenstadt einfach mutwillig zerstört zurücklässt, dass Soldaten und Söldner durch die Häuser gezogen sind und dort randaliert und vanda- sich wie Vandalen aufgeführt haben, Frauen vor den Augen ihrer Familie vergewaltigt haben [Kontext], das alles ist in Butscha klar geworden dass das passiert, und das hat mir gezeigt, welcher Natur dieser Krieg ist, das ist nämlich ein Krieg, da geht es um viel viel mehr, als die Eroberung von Territorium, das ist ein Vernichtungskrieg, gegen ein Volk. Das ist ein Vernichtungskrieg gegen das ukrainische Volk. Und das ist glaub ich jedem klar, der Butscha gesehen hat.
Kurzgefasst: Eigendorf: Ich hab keine Ahnung, ich versuch mich da während ich embedded Journalism mache durchzufühlen, und was mich in einer Selenskyj Ansprache berührt hat, die Aussage - die Ukrainer würden schon gerne sterben, ist glaub ich die Wahrheit, die ich auch in der Bevölkerung fühle. Außerdem kann ich super vom Gefühl her von Butscha auf alle besetzten Gebiete extrapolieren, und behaupte Völkermord (Hintergrund (nicht nur eine juristische, auch eine politische Frage)), weil mit das einleuchtend erscheint.
Danach kommt noch so ein unguter Teil, in dem das alles eine Eigenheit der russischen Armee und ihrer Kriegsführung generell sei, denn du Russen tränken ja so viel, und randalierten und - den lass ich mal weg. (Und werden von ihren Ausbildern geschlagen, und in den Tod geschickt.)
Was bringt an der Stelle jetzt die Perspektive von jemandem wie mir der genau darin - die Auswirkungen von Null Diskurs, aber massenhaft Propaganda sieht.
Jeder Journalist legt sich die Wirklichkeit zurecht mit der er am Besten zurecht kommt.
Und die mit dem meisten emotionalisierten Floskeln, die, die versucht ihre Ratio emotional aufzubauen - quasi Wirklichkeit zu “erfühlen” -
die belegbar in der Vergangenheit von der ukrainischen Propaganda für Messaging benutzt worden ist -
die Journalistin bekommt aktuell die meisten Journalistenpreise -
(Hanns-Joachim-Friedrichs Preis (2021), Grimme Preis (2023), Journalistin des Jahres 2022 (Medium Magazin), Lübcke-Demokratie-Preis (2022))
und öffentlichen Zulauf.
Mir wird bei soetwas dermaßen KOTZÜBEL - dass ich das nicht rezipiert bekomme. (Habe wieder abbrechen müssen.)
Es ist der selbe groteske, emotionale Overflow, zur Schau gestelltes moralisches Bravado - anhand dessen sich nur die Dümmsten der Dummen eine Meinung bilden.
Die Absurdität des öffentlichen Schauspiels hier, steht dem was in der Paulskirche abgelaufen ist, um keinen Deut nach.
Jetzt mal abgesehen vom Inhalt.
Ein Journalist meint die Ukrainer sterben für uns, und das muss jetzt so sein, damit sich der Krieg nicht ausweite, eine glaubt die Sterben für Leichensäcke in Russland die den Krieg beenden können, und eine glaubt die Sterben für Ideale, ein Konzept von fast elysischer Nationalität, oder eine konzeptuale Struktur wie europäische Demokratie, und weil sie gegen das Böse kämpfen, oder den Erhalt einer Ethnie.
Das ist Journalismus dieser Tage.
Fakten spielen hier keine Rolle, jeder formt sich nach Statements die er/sie aufgeschnappt hat eine durch nichts belegbare Realitätsvorstellung - und weil das seine/ihre eigene ist, sind wir dann besonders stolz darauf und noch stärker bereit sie zu verteidigen.
Mangels Definition welche Ziele wir eigentlich politisch und militärisch verfolgen - kannst du praktisch an alles glauben.
In diesen emotional aufgeladenen Entscheidungsräumen wird aus Propagandasicht nur eines wichtig - zu definieren welche Positionen man nicht einnehmen darf.
Die der brasilianischen Regierung beispielsweise -
Positionen die zu kritisch sind, oder analytisch, dh. beispielsweise auf die globalen Auswirkungen des Krieges als eine Form von Leid abzielen die alles was die Ukrainer derzeit erleben noch potenzieren wird, sind gesellschaftlich nicht zugelassen - denn sobald wir unsere Realitäten debattierten, würde Leuten auffallen, dass sich ihre Überzeugungen nicht im geringsten decken.
Im Falle von Eigendorf nicht mal von einem Satz zum nächsten. Da ist gefühlt einfach alles richtig.
Jeder darf sich seine eigene Vorstellung davon bilden, warum er oder sie einer normativen Überzeugung ist, die aber nicht zu kritisch sein sollte. Das - funktioniert immer noch am Besten.