Aspekte die die Öffentlichkeit nicht erreicht haben

18. Mai 2022

Lei­der, was will man tun…

Am Tag des rus­si­schen Angrif­fes gab es eine Pha­se in der Russ­land mit Trup­pen­be­we­gun­gen ohne Insi­gni­en in bereits von Russ­land beset­ze Gebie­te (offi­zi­ell “Sepa­ra­tis­ten­ge­bie­te”) pro­vo­ziert hat, aber man Russ­land noch “jede Chan­ce geben woll­te die­sen Krieg nicht zu begin­nen.” (Stol­ten­berg.) Die­se Aus­le­gung war damals die domi­nan­te, die UvdL dazu bewo­gen hat, auf CNN noch nicht von einer Inva­si­on zu sprechen.

Bei der Nato PK zu den Gescheh­nis­sen des Tages am Abend sind dann die nor­di­schen Staa­ten Stol­ten­berg in die Rede gegrätscht, und haben laut opo­niert, sich doch nicht öffent­lich vor­füh­ren zu las­sen, natür­lich sei das eine Inva­si­on - das war es schon seit 1994, wir haben Krieg.

Die­se Posi­ti­on wur­de dann im Lau­fe des Tages zur dominanten.

Von Selen­skyj kam zu die­sem Zeit­punkt bereits Pro­vo­ka­ti­on pur - Auf­ru­fe an die rus­si­sche Bevöl­ke­rung jetzt auf die Stra­ße zu gehen, und in social Media gegen einen Krieg zu demons­trie­ren inklu­diert, denn nur sie kön­nen einen Krieg noch ver­hin­dern. Aktiv gerich­tet and Müt­ter, Väter, Künst­ler, Tik­to­ker, Wis­sen­schaft­ler, Dok­to­ren (Figu­ren in hoher öffent­li­cher Ach­tung), Ath­le­ten, Musi­ker, … also die gan­ze Para­de mit der man der Rus­si­schen Regie­rung so rich­tig schön in die Sei­te fah­ren kann, und zwei Stun­den spä­ter flo­gen die ers­ten Rake­ten. Hurra.

Die deutsch­spra­chi­gen Medi­en brach­ten das als “Selen­skyj ver­su­che den Kon­flikt noch abzuwenden”.

Soviel zum The­ma man habe Russ­land jeg­li­che mög­li­che Off­ramp zur Ver­fü­gung gestellt.

Was dem 140.000 Trup­pen Auf­marsch an der Gren­ze vor­an­ge­gan­gen ist war der genemig­te Ein­satz von US Jave­lins in den Kon­flikt­re­gio­nen im Don­bas, der von den US unter Biden erst­mals für den “Sepa­ri­tis­ten­kon­flikt” inner­halb der Ukrai­ne genemigt wur­de, gelie­fert wur­den sie bereits frü­her, als Defen­siv­waf­fen. Die öffent­li­che Legi­ti­ma­ti­on erfolg­te im Dezem­ber, der Ein­satz der Waf­fen bereits im Okto­ber, ohne dass es eine Rüge der US gab. Der Ein­satz die­ser Waf­fen hat den wahr­schein­li­chen Aus­gang des Kon­flik­tes sub­stan­ti­ell geän­dert, dar­auf­hin reagiert Russ­land mit dem größ­ten Trup­pen­auf­marsch aller Zei­ten. Das im Zeit­fens­ter Novem­ber, Dezem­ber 2021.

Im Dezem­ber gibt es die letz­ten Ver­hand­lun­gen bei denen es heu­te heisst Off­ramps wur­den Russ­land ange­bo­ten und sie wären alle mit über­zo­ge­nen For­de­run­gen abge­lehnt wur­den. Die Bemü­hun­gen die Situa­ti­on diplo­ma­tisch zu “ändern” wur­den im Dezem­ber stark intensiviert.

Dann gibt es die Posi­ti­on von Klaus von Dohn­anyi, dem alten Trot­tel (öffent­li­che Wahr­neh­mung) der zu alt ist zu wis­sen was hier pas­siert ist, der auf der Aus­le­gung besteht, dass die US hier mit Russ­land allei­ne ver­han­delt hät­ten. Euro­pa wäre nicht in die Ver­hand­lun­gen mit­ein­be­zo­gen wor­den und auf die Schlüs­sel­for­de­rung Russ­lands (Ver­hin­de­rung der Aus­deh­nung der Nato) sei nicht ein­ge­gan­gen wor­den. Alle ande­re Aus­le­gun­gen besa­gen, Russ­land hät­te hier über­bor­dern­de For­de­run­gen gestellt.

Dess­halb haben die US von sich aus beschlos­sen die Gesprächs­for­ma­te im Dezem­ber zu beenden.

Am 24. Febru­ar hat dann Russ­land einen Angriffs­krieg ausgerufen --

bei des­sen Aus­ru­fung die deutsch­spra­chi­gen Medi­en Putin als kom­plett ver­rückt, mit Lager­kol­ler und All­machts­phan­ta­sien dar­ge­stellt haben (auf­grund vor­he­ri­ger frag­wür­di­ger geschichts­phi­lo­so­phi­scher Pos­tu­la­te) -- Per­so­na­li­sie­rung der Kriegs­grün­de vol­le Breitseite.
Das Zusam­men­schrei­en des Aus­lands­ge­heim­dienst­chefs, der ihn aber auch nie rich­tig infor­miert habe (spä­te­re Logik) war ein­fach nur eine kran­ke Affekt­hand­lung, kein Zei­chen nach außen, obwohl es Julia Iof­fe zur Fol­ge auch ein Zei­chen nach außen war (PBS, bei­de Mel­dun­gen zwei Tage Unter­schied). Die Medi­en haben sich ein Monat gefragt, war­um Putin denn eine Den­azi­fi­zie­rung der Ukrai­ne for­dert, nur auf den Aspekt, dass hier eine “Out­group” mit einem “Unter­men­schen” label Ver­se­hen wird, damit man Krieg gegen sie füh­ren kann sind sie nie gekommen.

Der Putin meint das Ernst, der ist kom­plett durch!

War die Bericht­erstat­tung des gesam­ten ers­ten Monats, Geschichts­wis­sen­schaft­ler, die in Panels auf­ge­grif­fen haben, dass Putin in der Rede nicht nur der Ukrai­ne das Exis­tenz­recht abspricht (mit frag­wür­di­gen, bis wahn­sin­ni­gen his­to­ri­schen Ver­glei­chen), son­dern gleich­zei­tig mit Voka­blen wie Novor­os­si­ya han­tiert, die kom­pa­ti­bel zu dem in Russ­lands Bil­dungs­sys­tem ver­mit­tel­ten Geschichs­ver­ständ­nis über meh­re­re Jahr­zehn­te sind wur­den ein­fach igno­riert, der Krieg sei die wahn­sin­ni­ge Affekt­hand­lung eines Man­nes, und das Volk vor allem aber die Füh­rungs­rie­ge wür­de sich wohl hof­fent­lich kurz­fris­tig gegen ihn erhe­ben und damit den Krieg beenden.

Pas­siert ist nichts davon.

Wobei, als sich dann auch die Sol­da­ten­müt­ter Initia­ti­ven in Russ­land nicht gegen den Dik­ta­tor gestellt haben, kam kurz­fris­tig noch schnell her­aus, dass Putin die Con­scripts für die ers­te Inva­si­on aus ent­le­ge­nen Gebie­ten Russ­land und nicht aus gro­ßen Städ­ten lukriert hat­te, damit Pro­test­be­we­gun­gen in grö­ße­ren Städ­ten kei­ne kri­ti­sche Mas­se erreichen.

Als dann Putin begon­nen hat die Exis­tenz des Krie­ges über die rus­sisch ortho­do­xe Kir­che und das eso­te­ri­sche Kon­zept der RUS, in die Bevöl­ke­rung ein­zu­pfle­gen, war es es immer noch der wahn­sin­ni­ge Patri­arch, der den noch wahn­sin­ni­ge­ren Füh­rer Russ­lands im Wahn hält, er müs­se einer All­machts­phan­ta­sie zurück zum Welt­reich folgen.

Am zehn­ten Tag nach der Inva­si­on began­nen die übli­chen Ver­däch­ti­gen, dh. die kon­ser­va­ti­ven außen­po­li­ti­schen Think­tanks in den USA (Hoo­ver Insti­tu­ti­on), damit eige­ne Vor­trags­rei­hen aus dem Boden zu stamp­fen, bei denen bis­her völ­lig unbe­kann­te His­to­ri­ker (mit kürz­lich erschie­ne­nem Buch), sie­ben gegen nie­man­den, dage­gen argu­men­tie­ren soll­ten, war­um Russ­land die­sen Schritt nicht gesetzt habe, da es sich von der Nato bedroht sah. Mit Ein­stiegs­fra­ge, war­um hat Mear­s­hei­mer unrecht. Der durf­te dann noch ein­mal im Eco­no­mist publi­zie­ren, dann wars eh schon aus.

Pro­mi­nen­tes­tes Argu­ment die­ser Diksus­si­ons­run­den, Mear­s­hei­mer hat nicht recht, denn er ver­tre­te eine “mono­kau­sa­le Theo­rie” der Konfliktbegründung.

Ent­ge­gen dem Novor­os­si­ya Nar­ra­tiv, ent­ge­gen dem RUS Nar­ra­tiv, ent­ge­gen dem Ent­mensch­li­chungs­nar­ra­tiv von “Nazis in der Ukrai­ne”, war es aber nie die Idee Russ­lands nur die Ukrai­ne zu Über­neh­men, son­dern unter Aus­rei­zung von direk­ten Nato­kon­flikt Poten­tia­len auch nicht nur die Ukrai­ne, und Geor­gi­en und Mol­da­vi­en, son­dern min­des­tens auch die Bal­ti­schen Län­der, wenn nicht gar Finnland.

Das aber bereits etwa ein Monat nach­dem der Blitz­krieg nicht funk­tio­niert hat, und wir alle Russ­land aus­ge­lacht haben, dass es kei­ne Städ­te ein­neh­men kann, ohne sie kom­plett zu zerstören.

Nach­dem die ers­ten Think­tanks aus­ge­rech­net hat­ten, dass Russ­land für eine Beset­zung der Ukrai­ne gegen ihren Wil­len, wovon wir zu die­sem Zeit­punkt alle aus­ge­gan­gen sind, und wir bis heu­te aus­ge­hen, in etwa 4 Mil­lio­nen akti­ve Trup­pen in der Ukrai­ne benö­ti­ge, was mit einer Gene­ral­mo­bil­ma­chung, gera­de ein­mal abge­deckt wäre.

Finn­land soll­te sich bezüg­lich eines Nato­bei­tritts nicht bedroht füh­len, wenn in den ers­ten Mona­ten nach dem Stel­len des Bei­tritts­an­su­chen ein Angriff erfol­ge, denn Russ­land sei bereits “über­dehnt” (over­ex­ten­ded) - Stan­dard, vor einer knap­pen Woche.

Und den­noch ist das das Hor­ror­sze­na­rio gegen das wir jetzt vor­bau­en müssen.

Denn nur so macht die Logik Sinn, dass wir hier nur einen schlim­me­ren Aus­gang ver­hin­dern, in dem wir mit einem Auf­rei­bungs­krieg, Russ­lands Kapa­zi­tät jemals wie­der Nato­staa­ten anzu­grei­fen ver­rin­gern. (Wobei ihre Demo­gra­phie, mehr so auf fai­led sta­te hin­deu­te.) Bis auf Atom­waf­fen natür­lich. Die aber jetzt nicht zur Debat­te ste­hen (bin ich auch dafür).

Selen­skyj war von Tag eins der Held (wobei sich noch die Fra­ge gestellt hat, wel­che Art von Held jetzt eigent­lich, CNN hat da mal recher­chiert.) - jeg­li­che Mel­dung “die Ukrai­ne set­ze sich für ein Frie­dens­ab­kom­men ein” wur­de in deutsch­spra­chi­gen Medi­en suk­zes­si­ve um den zwei­ten Teil der Aus­sa­ge (wir ver­lan­gen dabei die voll­stän­di­ge ter­ri­to­ria­le Inte­gri­tät der Ukrai­ne inkl. Krim) redu­ziert. Die Aus­sa­gen gab es in den sel­ben Reden die als Quel­le für das Zitat refe­ren­ziert wur­den, zusam­men mit den mili­tä­ri­schen Ehrun­gen am Ende für Tap­fer­keit der Ver­tei­di­ger Mariu­pols und den Auf­bau des Hel­den­my­thos der kämp­fen­den Sol­da­ten in einer Rede.

Als die Tür­kei ver­mit­telt hat, wur­den 15 Punk­te Plä­ne zu “Ulti­ma­ten”, man woll­te lie­ber in Isra­el ver­han­deln, wos dann par­la­men­ta­ri­sche Kri­tik gab, dass Isre­al doch gar kein Inter­es­se hät­te in der Welt­ge­mein­schaft als “außer­halb des geein­ten Wes­tens” ste­hend betrach­tet zu wer­den, und das die Vor­ga­be an Frie­dens­ver­hand­lun­gen zu arbei­ten doch mehr Innen­po­li­ti­sche Grün­de hät­ten. Wur­de in deutsch­spra­chi­gen Medi­en mei­nes Wis­sens nach auch nicht dar­über berichtet.

Dann kamen diver­se Reden Selen­sky­js in denen die­ser davon gespro­chen hat, man kön­ne die Auf­ga­be kei­ner ein­zi­gen Stadt als Bedin­gung für Frie­den akzep­tie­ren, denn die ukrai­ni­sche Bevöl­ke­rung habe sich dem ja ideo­lo­gisch ent­ge­gen­ge­stellt, und für jeden Kom­pro­miss den Selen­kyj ein­ge­hen müs­se - und sei es auch nur die Auf­ga­be der Posi­ti­on der Nato bei­tre­ten zu wol­len, brau­che Selen­skyj eine Volks­ab­stim­mung, die einen voll­stän­di­gen Abzug rus­si­scher Trup­pen vor­aus­set­ze, und eine intak­te Infra­struk­tur, davor kön­ne er nicht verhandeln.

Dann kamen diver­se Selen­sky Reden über den “eigen­stän­di­gen, aber als Teil der Ukrai­ne” Sta­tus in den “tem­po­rär beset­zen Gebie­ten”, über die sich Selen­skyj noch Gedan­ken machen müs­se, wie er mit den “gehirn­ge­wa­sche­nen Leu­ten” (Zitat Selen­skyj) dar­in noch umge­he -- das war sei­ne Umschrei­bung dafür, dass die­ser “eigen­stän­di­ge Sta­tus - als Teil der Ukrai­ne” über den Zeit­raum von etwa einer Genera­ti­on auf­recht­erhal­ten wer­den müs­se (“erst mal, am Anfang”), bevor es zu einer Wie­der­ein­glie­de­rung kom­men kann.

Dann kamen diver­se Selen­skyj Reden, dass Staa­ten die die Ukrai­ne nicht mili­tä­risch oder ideo­lo­gisch unter­stüt­zen wür­den, von popu­lä­ren Revo­lu­tio­nen und Volks­auf­stän­den heim­ge­sucht wer­den wür­den, denn die Bevöl­ke­run­gen in die­sen Staa­ten sei schon viel wei­ter als die Poli­ti­ker. Wir brau­chen mehr Waf­fen, wir brau­chen auch Panzer.

Die Reso­nanz dies­be­züg­lich war eher ver­hal­ten, also gabs dann erst mal eine Pause.

Zeit für Wün­sche und Hoff­nun­gen auf einen Papstbesuch.

Und dann am 31. März den Auf­ruf des Atlan­tic Coun­cils, die Ukrai­ne wür­de nicht gewin­nen, wenn der Wes­ten nicht mehr Offen­siv­waf­fen sen­de. Was gewin­nen zu die­sem Zeit­punkt bedeu­te­te wuss­te nie­mand. Wur­de ja nicht berichtet.

Zwei Tage spä­ter wur­de die­se Posi­ti­on von Spre­chern der ukrai­ni­schen Regie­rung auf­ge­grif­fen, aller­dings mit einem Leich­ten Spin, man brau­che sie nicht um zu gewin­nen, son­dern ledig­lich um die aktu­el­le Posi­ti­on ver­tei­di­gen zu können.

Zwei Tage spä­ter kam Butscha.

Um hier nicht auf Aspek­te ein­zu­ge­hen, wie Russ­lands Posi­ti­on dazu vor dem UN Secu­ri­ty Coun­cil wur­de als rei­ne Pro­pa­gan­da qua­li­fi­ziert und gleich mal von der Bericht­erstat­tung aus­ge­nom­men, oder Aspek­te wie wer die foren­si­sche Unter­su­chung lei­tet, oder wie lan­ge es gedau­ert hat bis inter­na­tio­na­le foren­si­sche Teams unab­hän­gi­ger Insti­tu­tio­nen vor Ort bestä­tigt wur­den, oder wer auf EU Ebe­ne die Unter­su­chungs­kom­mis­sio­nen hier koor­di­niert, oder wem Blin­ken bereits als einer der Ers­ten in die­sem Zusam­men­hang sein volls­tes Ver­trau­en aus­ge­spro­chen hat -- weil mich das alles als “poten­ti­el­ler Rela­ti­vie­rer” den Strick kostet --

wechs­le ich lie­ber noch ein­mal zu dem Zeit­punkt eini­ge Wochen frü­her zurück als Selen­skyj in der sel­ben Woche zum letz­ten Mal über eine Neu­tra­li­tät der Ukrai­ne öffent­lich nach­ge­dacht hat, in der (zuvor) in US Medi­en zwei Mel­dun­gen erschie­nen, dass die US Regie­rung die Posi­ti­on der Ukrai­ne nicht mehr ver­ste­he, und der ehe­ma­li­ge ukrai­ni­sche Außen­mi­nis­ter (jetzt Atlan­tic Coun­cil), den kom­plet­ten Stand­punkt der Ukrai­ne bei Times Radio noch ein­mal vor­tra­gen durf­te (“Kann man Putins Frie­dens­ver­hand­lun­gen über­haupt trauen”.)

Nach Butscha war die öffent­li­che Mei­nung ein­hel­lig, und als Putin dann gleich noch das Batail­lon das dort im Ein­satz war geehrt hat, gleich noch doppelt.

Für die Dis­kus­si­on dar­über dass das Atlan­tic Coun­cil vier Tage zuvor erst­mals offen­si­ve Waf­fen für die Ukrai­ne gefor­dert hat, blieb lei­der kei­ne Kapa­zi­tät mehr übrig --

in der Öffent­lich­keit wur­de jetzt ein­fach nur noch gefragt, war­um bist du gegen Waffenlieferungen.

Wobei, zuerst noch nicht, da gabs auch eine Vorgeschichte.

Also zuerst gabs da eine Rede von Joseph Bor­rell, der die Posi­ti­on der EU Kom­mis­si­on am 06.04. mit “wir sind dafür den Krieg so schnell zu been­den wie mög­lich, aller­dings nicht zu allen Kon­zes­sio­nen, die Ukrai­ne müs­se ein Staat blei­ben, der wirt­schaft­lich wei­ter­be­stehen kön­ne” umschreibt.

Das war dann aber bereits zu wenig und zu spät, denn bereits am 25.03., eben­falls vor Butscha, hat der ECFR (its just a Think­tank) öffent­lich die Pre­mis­se aus­ge­ge­ben, die euro­päi­sche Bevöl­ke­rung sei auf einen lan­ge anhal­ten­den Krieg ein­zu­schwö­ren, auf mehr Waf­fen­lie­fe­run­gen, auf mehr Mili­tär­ba­sen, auf eine EU light für wei­te­re Miglieds­staa­ten, wäh­rend man intern dar­an arbei­ten soll­te an einer regio­na­len Ord­nung zu bau­en, die nicht auf Insti­tu­tio­nen, son­dern auf einem Gleich­ge­wicht der Kräf­te beruht.

Was du halt so an Agen­da Set­ting for­derst, wenn der Jour­na­lis­mus nicht mehr weiß, dass er das nicht ein­fach unkon­tex­tua­li­siert brin­gen kann, darf, soll. Aber das war ja nicht alles - gefor­dert wur­den Poli­ti­ker, die jetzt nach vor­ne tre­ten müss­ten, um die­ses Kon­zept in der Bevöl­ke­rung zu popularisieren.

Die kamen erst­mal nicht.

Was kam waren die typi­schen Pun­dits, die dann est­ma­lig offen gegen Pazi­fis­ten und Kompromis“fetischisten” het­zen durf­ten, denn bei­de sei­en im Ukrai­ne Krieg deplat­ziert, uto­pisch, und mora­lisch verwerflich.

Der pro­mi­nen­tes­te Ver­tre­ter die­ser Posi­ti­on in Öster­reich, ist in sei­ner Jugend in Mer­ca­tor Nähe aufgewachsen.

Dann hat sich das kom­plet­te Medi­en­sys­tem gleich noch mal selbst ver­schluckt - (also mehr als, als es sich dar­auf geei­nigt hat, rus­si­sche Posi­tio­nen immer Aus­zu­spa­ren, da die alle­samt Pro­pa­gan­da wären und dess­halb von der Bevöl­ke­rung fern­ge­hal­ten wer­den müss­ten, nicht kon­tex­tua­li­siert, fern­ge­hal­ten) und eine Woche spä­ter gab es in Öster­reich kein Qua­li­täts­me­di­um mehr das nicht der Mei­nung war, dass “die Ukrai­ne muss gewin­nen” die ein­zig mög­li­che media­le Posi­tio­nie­rung sein dür­fe. Ohne kon­kret zu wis­sen was gewin­nen bedeu­tet, denn das müs­se ja die Ukrai­ne entscheiden.

Die Wie­ner Zei­tung ist als letz­tes gefallen.

Gewin­nen müs­sen, weil Ver­lie­ren ver­bo­ten ist

Kom­pro­mis­se sind die gro­ße Stär­ke der EU. Im Krieg gegen Russ­land sind plötz­lich ande­re Fähig­kei­ten gefragt.

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Kei­ne Kom­pro­mis­se mehr, schwe­re­re und Offen­siv­waf­fen müss­ten jetzt her. Hat ja der ECFR gesagt. Und zuvor das Atlan­tic Coun­cil. (Bei­de vor Butscha.)

Gut, Bor­rell hat zwei Wochen spä­ter noch ver­sucht die Posi­ti­on auf “wir sind für einen schnel­len Frie­den, aber nicht um jeden Preis” noch etwas abzu­mil­dern, aber das war bereits viel zu Wenig, und viel zu spät.

In der Öffent­lich­keit dreh­ten bereits seit zwei Wochen die “war­um wollt ihr kei­ne Waf­fen lie­fern” Nar­ra­ti­ve gegen die SPD in Deutsch­land frei, ohne dass sie eine Ahnung davon hat­te, dass Deutsch­land kein 20stel der Finan­zie­rung des Ukrai­ni­schen Kriegs­bud­gets auf die nächs­ten zwei Jah­re ausmacht.

Wäh­rend sie lang­sam dahin­ter gestie­gen ist, dass die schwers­ten Sank­tio­nen aller Zei­ten, den Krieg nicht so schnell been­den werden.

Regi­me­chan­ge Nar­ra­ti­ve (natür­lich nur per­sön­li­che Mei­nun­gen, also bis auf John­son der offi­zi­ell aus­spricht, dass eine Nor­ma­li­sie­rung des poli­ti­schen Ver­hält­nis­ses unter Putin nicht mehr mög­lich sei), waren auch kaum noch in Rota­ti­on. Der Putin war auch nicht mehr ver­rückt, weil mitt­ler­wei­le laut Umfra­gen 75% der deut­schen Bevöl­ke­rung Angst vom Atom­krieg hat­ten, und man die­ses Gefühl nicht mehr so ein­fach wei­ter beför­dern mochte…

Also was ist geblie­ben? Die Idee von dem schnel­len har­ten Schnitt, der nur nicht schnell und hart genug sein konn­te, weil sich Deutsch­land viel zu lang­sam bewegt hat.

Dann ging die Breit­sei­te gegen Scholz und zB den ehe­ma­li­gen Sicher­heits­be­ra­ter Mer­kels ab - wäh­rend die noch gegen eine schnel­le­re Auf­rüs­tung der Ukrai­ne waren aus Wah­rung deut­scher Sicherheitsinteressen.

Das wur­de dann schön in der Öffent­lich­keit auf “die spie­len Putin in die Kar­ten und fürch­ten sich nur vorm Atom­krieg” ver­kürzt. Damit hast du dann gleich zwei Pro­ble­me auf ein­mal gelöst, die Angst vorm Atom­krieg redu­ziert (gut) und Auf­rüs­tung gesichert --

Die Sank­tio­nen sein ja viel zu wenig, und man muss jetzt wei­te­re Mas­sa­ker ver­hin­dern, wäh­rend man der Ukrai­ne einen drei Fron­ten Krieg, und jetzt wirk­lich im Feld, ermög­licht. Für den Rest hät­ten schnö­de Defen­siv­waf­fen gereicht. Also es sei denn du argu­men­tierst wie in Mariu­pol, bei dem die Umzin­ge­lung der Stadt durch Hau­bit­zen ver­hin­dert wer­den hät­te kön­nen. Aber das ist aktu­ell mehr das Argu­ment der ukrai­ni­schen Regie­rung vor dem US Senat F16 und mobi­le Mul­ti­ple Rake­ten­ab­schuss­sys­te­me zu for­dern. Die sie aktu­ell noch nicht bekommen.

Nach­dem sich dann end­lich alle Medi­en mit dem Euro­pean Coun­cil on for­eign Rela­ti­ons einig waren, kam dann lei­der die blö­de Schwar­zer - und der Teil der Intel­lek­tu­el­len, der schon seit Mona­ten kei­ne ernst­haf­ten Bemü­hun­gen zur Kon­flikde­es­ka­la­ti­on gese­hen hat­te, und die US Logik des “jetzt so viel ner­ven wie mög­lich”, ohne eine Betei­li­gung der UN am Kon­flikt her­bei­zu­füh­ren” nur so halb pri­ckelnd sah. Und das trotz der Erfolgs­mel­dun­gen, wie der Ver­nich­tung meh­re­rer rus­si­scher Kriegs­schif­fe, trotz den ter­ri­to­ria­len Gewin­nen der Ukrai­ne rund um Kiew und Char­kiw, mit denen muss ja was faul sein. 

In Öster­reich stellst du dann als Ori­en­tie­rungs­hil­fe gleich mal Plass­nik aus der Brze­ziń­ski Ecke als Coun­ter­part zur Ver­füngung, und in Deutsch­land darf sie gleich mal mit “Frie­den schaf­fen mit mehr Waf­fen” Anton Hof­rei­ter debat­tie­ren, damit die Ein­ord­nung von vor­ne her klar ist --

und wenns Haber­mas nicht gege­ben hät­te, hät­ten wir die­se Aus­rich­tung jetzt noch mal schön koor­di­niert weiterverfolgt.

Nach dem G7 Tref­fen war der Ukrai­ne der Schein auch schon kom­plett egal, und Ver­hand­lun­gen wur­den als aktu­ell nicht erwünscht dekla­riert. Das war vor zwei Tagen.

Lei­der hat­te sich zu die­sem Zeit­punkt bereits die kom­plet­te deut­sche Regie­rung dar­auf ver­stän­digt, die Ent­schei­dung bezüg­lich eines Hoch­dre­hens der Gewalt­es­ka­la­ti­ons­spi­ra­le, eine Defi­ni­ti­on des­sen was Gewin­nen bedeu­tet und jegl­che Ver­ant­wor­tung voll­stän­dig an die Ukrai­ne abzutreten.

Weil die wol­le ja kämpfen.

Und für den Zusam­men­halt inner­halb der pro­gres­si­ven Bevöl­ke­rung zumin­dest einen Komi­ker abzu­stel­len, der Coop-Projekte, mit dem Inhalt “nur Gewin­nen ist jetzt wich­tig” produziert.

Nur noch einen kur­zen Exkurs, zu - die wol­le ja kämpfen…

Fürs gemei­ne Volk gibts immer noch Lanz und Precht:

Dazwi­schen gibts nichts.

Und die­se Gesell­schaft ist immer noch das Allerletzte.

Jetzt ist für mich nur noch ein Punkt offen - und der ist, war­um bin ich mit Medi­en­ana­ly­se so weit weg vom Tages­ge­sche­hen (also schlicht und ein­fach - was hät­te berich­tet wer­den kön­nen, was wur­de berich­tet, wann und wie), wäh­rend die Leu­te die ein­fach nur nach Emo­ti­on gehen “wie weit eine Bevöl­ke­rung schon ist”, wie­der viel wei­ter sind, und in all dem ein­fach nur die pure Won­ne gesell­schaft­li­chen Wir­kens sehen?

Ich beant­wor­te mir die Fra­ge ger­ne selbst.

Mit - die­se Gesell­schaft ist das Letzte.

Und mit dem Gewin­nen, soll­te man wohl bes­ser wei­ter­ma­chen, denn im Krieg ist plötz­lich das Ver­ar­schen und Gleich­schal­ten der Bevöl­ke­rung gefragt -- 

und den Aspekt dass “die kämp­fen für uns” immer auch ein gehö­ri­ges maß an Angst­nar­ra­tiv mit beinhal­tet blen­den wir lie­ber aus.

Wich­tig ist nur, Putin ist ein ideo­lo­gi­scher Ein­zel­tä­ter auf den man nur so reagie­ren kann. Weil er nur die­se Spra­che versteht.

Des­halb haben wir, drei fuck­ing Mona­te und bis zuletzt, als neben Putin das Pro­blem auf den Teil der rus­si­schen Füh­rungs­eli­te aus­ge­wei­tet wur­de der nicht im Ver­dacht steht zu rebel­lie­ren, eine ver­damm­te Per­sön­lich­keits­pro­fil­ex­ege­se bis zur Kom­plett­ver­blö­dung betrie­ben. Über lan­ge Tische aus Furcht vor Covid dis­ku­tiert (Paul Lend­vai war sehr ange­tan), über ver­steck­te Trau­ma­ta in der frü­hen Jugend in Ost­deutsch­land debat­tiert, Gegen­po­si­tio­nen auf “die wären dann ja auch Hit­ler­ver­ste­her gewe­sen” dis­kre­di­tiert (dan­ke Anton Pel­in­ka), auf dem Niveau von wie wahn­sin­nig ist der Dik­ta­tor Soap­fern­se­hen Erzäh­lun­gen auf das Niveau von Kon­flikt­ana­ly­se geho­ben. Die Kon­flikt­for­scher außen vor­ge­spart. (Da kam dann einer Mal im Zen­trum vor, der dann gesagt hat, auch wenns wahn­sin­nig klin­ge, müs­se jetzt Finn­land auf Russ­land zuge­hen, und sagen, wir sind Bereit in die Nato zu gehen, willst du nicht vor­her Zuge­ständ­nis­se machen, dann war er öffent­lich eh schon durch.) Den Rau­scher zur Kom­plett­ver­blö­dung und bis zum fünf-fachen Wie­der­ho­len des “auf den müs­sen unse­re Regie­run­gen jetzt hören” Sagers vor den Timo­thy Syn­der (Russ­land betrei­be Neo­ko­lo­nia­lis­mus. Im Nach­bar­land. Das auch an die EU angrenzt.) gesetzt, schnell noch von der Büh­ne aus gen­a­me­dropt, und sind am Ende bei “sowohl die deut­sche Regie­rung, als auch die deut­sche Oppo­si­ti­on in Form der CDU/CSU sind der Mei­nung, dass es sich bei Putins Krieg um Revan­chis­mus han­delt” gelandet.

Revan­chis­mus woge­gen, kön­nen wir noch nicht ganz aus­spre­chen (irgend­was mit Sov­jet­uni­on, und wir haben ihre Res­sen­ti­ments unter­schätzt). Aber dann bald dann.

edit: More context:

^Good enough. Except for a few essen­ti­al lies. (Sur­pri­sed how litt­le pro­gress the rus­si­ans made, on Kiew in the first days, sur­pri­sed how issue for­ward the euro­pean reac­tion was this time around - well it depends on how you defi­ne sur­pri­sed I guess, posi­tively, I hope…)









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