Bezieh dich als Journalist mit Verweisen, die ihrerseits Spekulationen sind, auf einen Experten (Timothy D. Snyder), der seinerseits “Thesen” dazu sagt - und verbreite den kompletten “der Gegner ist unfähig”, “und wir sind viel fähiger als der Gegner dachte” Teil der “Gerüchte” die effektiv (Wirkmechanismus, Popularisierung) näher bei Propaganda (nicht unbedingt im Sinne von falsch (schwer belegbar), aber einen “Effekt suchend”) dran sind als bei irgend etwas anderem, im Journalismus als Expertenmeinung.
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These: Wladimir Putin hat die Eigenstaatlichkeit der Ukraine massiv unterschätzt.
Problem: These nicht prüfbar, direkter Personenbezug auf eine Einzelperson. Nichts ausdefiniert, methodisch fragwürdig, Erkenntnisinteresse fraglich, Objektivierbarkeit nicht gegeben, nicht wissenschaftlich. Und dann hilft es uns aktuell noch dazu kein Stück weiter.
These: Die Invasion war nur mit wenigen Menschen abgesprochen.
Problem: Truism, wird in Teilen von nachfolgenden Erklärungen widerlegt. Nicht exakt definiert, …
These: Putin hat nicht mit so harten Sanktionen des Westens gerechnet.
Problem: These nicht prüfbar, direkter Personenbezug auf eine Einzelperson. Nichts ausdefiniert, methodisch fragwürdig, Erkenntnisinteresse fraglich, Objektivierbarkeit nicht gegeben, nicht wissenschaftlich.
Gut, soweit wird der Redakteur nicht gedacht haben, bevor er den Artikel geschrieben hat. Also hat er wahrscheinlich erst mal eine Quellenprüfung gemacht.
Bloodlands received reviews ranging from highly critical to “rapturous”.[18][19] In assessing these reviews, Jacques Sémelin described it as one of those books that “change the way we look at a period in history”.[19] Sémelin noted that some historians have criticized the chronological construction of events, the arbitrary geographical delimitation, Snyder’s numbers on victims and violence, and a lack of focus on interactions between different actors.[19] Omer Bartov wrote that “the book presents no new evidence and makes no new arguments”,[20] and in a highly critical review Richard Evans wrote that, because of its lack of causal argument, “Snyder’s book is of no use”, and that Snyder “hasn’t really mastered the voluminous literature on Hitler’s Germany”, which “leads him into error in a number of places” regarding the politics of Nazi Germany.[21] On the other hand, Wendy Lower wrote that it was a “masterful synthesis”,[22] John Connelly called it “morally informed scholarship of the highest calibre”,[23] and Christopher Browning described it as “stunning”.[18]
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Ok, der Yale Professor ist nicht so ganz überzeugend darin neue Erkenntnisse in seinem Feld zu generieren, aber er macht das dadurch wett dass er darin “morally informed scholarship of the highest calibre” zu generieren, alle anderen übertrifft.
Na gut, zumindest ist er als wissenschaftlicher Experte unabhängig und kann einen neutralen Blick auf die Sachlage werfen…
Views on Putin
In The Road to Unfreedom, Snyder argues that Vladimir Putin’s regime in Russia is authoritarian, and that it uses fascist ideas in its rhetoric.[32] In December 2018, during a discussion with a fellow historian of Eastern Europe, John Connelly, Snyder referred to this as schizo-fascism:
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Schizo-Faschismus? Nagut, der Begriff muss sich erst noch ein wenig einspielen, in ein zwei Jahren bezeichnen wir Russlands Staatsform alle so. (Unabhängig davon, dass der Begriff Schizophrenie hier in einer vorurteilsgeprägten, populären Auslegung gefahren wird.)
Aber sonst ist er ein unbeschriebenes Blatt und nicht vor allem einer Fraktion zuordenbar…
Die Berliner Politikszene traf sich mit Timothy Snyder, einem der führenden amerikanischen Historiker und öffentlichen Intellektuellen. Es war eine Gelegenheit, über sein neuestes Buch „Road to Unfreedom“ und dessen mögliche Auswirkungen auf die politische Praxis zu sprechen. Die Veranstaltung wurde gemeinsam vom German Marshall Fund of the United States und Das Progressive Zentrum organisiert.
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Na gut, also er lässt sich schon mal von transatlantischen Freundschaftsinitiativen auf eine Booktour einladen, aber er wird wohl zumindest gut argumentiert haben!
Seit Kriegsbeginn hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dem Widerstand gegen die russische Militärmaschinerie ein Gesicht gegeben. Auch aus dem von der Kreml-Propaganda herbeigesehnten, freudigen Empfang für die an der “Spezialoperation” beteiligten russischen Truppen in der Ukraine wurde bekanntlich nichts. Die Invasion hat das Nationalbewusstsein der Ukraine stärker gefestigt, als es zu Friedenszeiten je möglich gewesen wäre.
Selenskyj der dem Widerstand ein Gesicht gegeben hat belegt oder bedeutet was? Der freudige Empfang für die “Spezialoperation” in der Kreml Propaganda, hat in der Kreml Propaganda stattgefunden. Das er “bekanntlich nicht stattgefunden hätte”, bezieht sich inhaltlich eher auf eine von Selenskyj als Talkingpoint eingebrachte Paradeuniform, die bei Soldaten gefunden worden sei, oder auf Leute die nicht in den Straßen gejubelt haben, da zuvor die allgemeine Mobilmachung ausgerufen wurde? Oder darauf dass die Gefechte um Städte deutlich blutiger ausgefallen sind als “von der Propaganda erhofft”? Der zweifelhafte Vorteil an Propaganda ist nämlich, dass man nicht warten muss, bis etwas in der Wirklichkeit passiert, sondern produziert. Der letzte Satz ist dann aufgrund der Formulierung Schwachsinn - aber inhaltlich wahrscheinlich noch am ehesten tragfähig.
Am Wochenende kursierten Gerüchte, wonach Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu nicht freiwillig zwei Wochen lang aus der Öffentlichkeit verschwunden war. Er soll nach einem Rüffel durch Putin einen Herzinfarkt erlitten haben. Ganz gleich, ob diese medizinische Ferndiagnose zutrifft oder als Propaganda firmiert: Es läuft nicht mehr rund im Kreml. Snyder geht davon aus, dass Putin mittlerweile geleakten Geheimdienstinformationen die Schuld daran gibt, dass die Ukraine so gut auf den Überfall vorbereitet war. Sergej Beseda, Chef der internationalen Spionage beim Geheimdienst FSB, soll unter Hausarrest stehen – was Snyders These erhärten würde.
Nichts davon ist prüfbar. Mehr noch, nichts davon ist Snyders These - siehe: click Originalquelle ist ein Internet Gerücht, oder ein Report der Times (konnte die Times Quelle nicht verifizieren).
Eigentlich, so Snyder, hätte Russland schon nach zwei Tagen eine Marionettenregierung in Kiew installieren wollen – und mit dieser dann bequem verhandeln. Nun muss es mit durchaus selbstbewussten Selenskyj-Vertretern sprechen. Sogar der russische Oligarch Roman Abramowitsch sitzt als Vermittler jetzt mit am Tisch. Putin hat nicht nur die Ukraine, sondern auch den Westen unterschätzt. Seine Invasion steckt auch deshalb fest, weil sich die USA und Europa einig wie selten zuvor gezeigt haben.
Nichts davon ist prüfbar, oder objektivierbar - das meiste ist postuliert, mit einer emotionalisierten Prägung on top. Das Hauptargument bezieht sich entweder auf einen Talkingpoint Selenskyjs (Soldaten hatten Paradeuniformen dabei), oder auf den depublizierten Ria Artikel. Ersteres ist ein vergleichsweise neuer ukrainischer Talkingpoint (seit weniger als einer Woche), zweiteres zumindest in Teilen hinterfragbar (nicht dass es jemand machen würde 😉 ). Da stark auf Hyperbeln aufbauend, stark postulierend, stark Reaktionen prognostizierend die noch nicht eingetreten sind, dh. auf jeden Fall vorgeschrieben, aber eher nicht um ein offizielles Narrativ zu etablieren, sondern eher um es zu stützen. Vorproduzierter Flavortext für einen schnellen Sieg.
Vorproduzierte Meldungen sind im Agenturwesen jetzt nicht vollkommen ungewöhnlich. Dass die Strategie, die nur einem sehr kleinen Zirkel an Leuten bekannt war, bis zu einem Zeitgeschehenkommentator von RIA durchgesickert ist… scheint möglich, aber nicht notwendigerweise gesichert. Auch hier bleibts bei einem (sehr populären, und nicht unwahrscheinlichen aber doch) Gerücht.
(Zusatz: Sich öffentlich und plakativ darüber zu freuen, dass es nicht eingetreten ist, ist zwar demokratiepolitisch wünschenswert und wesentlich (von etwaigen sicherheitspolitischen Auswirkungen die ein “schneller russischer Erfolg” gehabt hätte ganz zu schweigen), aber ebenfalls ein Stück weit ambivalent zu betrachten. Und wenn nicht nach dem ersten Monat eines Zermürbungskriegs, vielleicht nach dem zweiten.)
All das hier sind ebenfalls Spielformen von Propaganda. Oder sagen wir es neutraler, die Etablierung nicht überprüfbarer Gerüchte als Episteme, des immer schon so Gewesenen, sogar der Yale Historiker habe es aufgegriffen (in Hypothesen, die keine sind) - und der Journalismus bringt es unreflektiert. Übernimmt Emotionalisierung, Pathos, Duktus, Fehler, …
Journalismus hier macht eigentlich nichts anderes außer das transportierte Gerücht etwas kompakter zu fassen.
Dem normalen Leser ist sowas weitestgehend egal, als jemand der das mal studiert hat, siehst du halt - wie alle journalistischen Qualitätskriterien auf einmal versagen… 🙂 Kommentar mit Nachricht vermischt wird. Wissenschaftlichkeit behauptet wird. Yale Qualität suggerieren soll… Und weit und breit kein analytischer oder - Gott bewahre - kritischer Betrachtungsansatz zu finden ist. Aber eigentlich wäre das (die Prüfung von Inhalten) immer noch eine Aufgabe von Journalismus.
Wie könnte man das jetzt besser zusammenfassen, als mit einem Kommentar Snyders der sich “theologischer Operatoren” bedient um moralische Argumentationen zu bauen? Snyder bezieht sich hier auf einen CNN Kommentar.
“For the past decade, Ukrainians have chosen an uncertain future over the myth of a past greatness based on blood ties. In doing so, the country has ceased to be legible to Putin and Russians who support him.”
@aglaser
#Ukraine #UkraineRussiaWar
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Natobeitritt in der Verfassung. Völkische interpretation, religiöse Konnotation (hardship over whats wrong), dann “Blood and honor” Rhetorik als Gegenpol (Flagge, oder in der russischen Propagandaumformung Nationalismus, gegen “Blutsbande”). Soweit so loaded, aber noch nicht unbedingt falsch -- jetzt kommt noch theologische Sprache -- indem die Ukrainer “hardship over whats wrong” gewählt haben, wurden sie für Putin (das Böse) unlesbar (haben sich seinem Blick und Einfluss entzogen - der Teufel Putin sieht sie nicht mehr, und kann sie nicht mehr verstehen) - und dann das PR Postulat, nicht nur wurden sie für Putin unlesbar, sondern auch für alle Russen, die sich auf Putin beziehen. Was das bedeutet? Keine Ahnung, aber ein Aufruf zur Fragmentarisierung (Böse Russen die Putin folgen und das Gute nicht mehr sehen können, weil es den Weg des Leides eingeschlagen hat) ist da implizit drinnen. Jetzt erinnern wir uns noch an die Rede Selenskyjs auf russisch an das russische Volk (click), zwei Stunden vor der Großinvasion, und wir sehen, dass das Wirkmotiv (“Theme”) dieser Aussage (= Fragmentierung) von Tag eins des Krieges im westlichen PR Kanon präsent war.
Sowas musst du jetzt natürlich als Yale Historiker mit vom G.M.F gesponserten Booktours von CNN retweeten… Wobei du das Zitat wählst.
So baut man aus Nichts Narrative - die dann magischerweise im Standard als Episteme (offiziell abgesegnete (Yale!) Erklärungsmuster) enden.
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edit: Der Standard schiebt noch mal ordentlich nach. Diesmal hat er einen “Geopolitiker” (was?) gefunden, der die selben Proklamationen wiederholt. Und Wiederholung ist wichtig, sonst setzen sich die mittles Spekulation kreierten Episteme nicht fest.
STANDARD: Wie konnte es so weit kommen?
Toal: Man glaubte irgendwann die eigene Propaganda. Man glaubte, dass die ukrainische Regierung im Wesentlichen eine westliche Marionettenregierung ist und von westlichen NGOs finanziert wird. Dass die Regierung keine populäre Legitimität habe und zusammenbrechen werde, sobald die heldenhaften Russen kommen und versuchen, das wahre ukrainische Volk von den besonderen Visionen der ukrainischen Faschisten und ihrer amerikanischen Verbündeten zu befreien.
Find ich auch, irgendwann glaubt man die eigenen erfundenen Episteme…
Wir sind zudem wieder bei einem wahnsinnige Akteure Narrativ, wahnsinnig, da sie die eigene PR glauben, und dass die ukrainische Regierung von westlichen NGOs finanziert worden wäre. (Hintergrund: click und click). Dann wird noch der Glaube an einen schnellen Zusammenbruchs der Regierung als “komplett widersinnig” verbreitet, daran können nur entrückte, emotional reagierende Potentaten glauben - während das gleichzeitig mit folgender Aussage konterkariert wird:
Zweitens ist ziemlich klar, dass er schlechte Informationen von den Geheimdiensten erhalten hat, wie man auch der Verhaftung jener FSB-Beamten entnehmen kann, die die Invasion vorbereiten sollten.
Bis man dann endlich bei
STANDARD: Was prägt Putins Verhalten?
landet und die Geschichte der persönlichen Prägung Putins durch seine Erlebnisse in Ostdeutschland erzählen kann. Die Erniedrigung. Die Verlusterfahrung
- und nur desshalb haben wir jetzt Krieg. Verstanden?
Dann kommt noch schnell das “Regimechange” Narrativ (hier: “im Sinne der Westmächte”, nicht der US), diesmal sogar detailliert ausgearbeitet,
STANDARD: Was besorgt Sie aktuell am meisten?
Toal: Es ist diese Art Vision von Gebieten ohne lästige Menschen. Sie erobern Gebiete, aber verdrängen gleichzeitig die Menschen, die dort leben. Das ist eine besonders beängstigende Vision eines territorialen Expansionismus, der keinerlei legitime Legitimität hat. Und das wird noch spannend in etwaigen Friedensverhandlungen, wenn sich die Ukraine in einer Pattsituation befinden sollte und in irgendeiner Weise bereit wäre, territoriale Zugeständnisse zu machen. Was die Ukraine unter Zwang zustimmt, wird die westliche Welt jedoch nicht zwangsläufig akzeptieren wollen und daher auch die Sanktionen nicht aufheben. Gleichzeitig muss möglicherweise aber das Ende von Sanktionen in Aussicht gestellt werden um Anreize für den russischen Staat zu schaffen, den Krieg einzustellen. Und so kann es zu einer Kluft kommen zwischen dem, was die ukrainische Regierung bereit ist zuzugeben, um den Krieg zu beenden, und dem, was die Westmächte zugeben wollen.
Regimechange, folgt also quasi ganz natürlich um dieses Dilemma aufzulösen. In vermutlich mehr als zwei Jahren, aber wenn wir uns ganz fest die Daumen drücken bereits 2024.
- erneut, jeder einzelne Aspekt basiert auf Spekulationen, die zu Epistemen stilisiert wurden. Und dann durch Wiederholung zur allgemein anerkannten Wahrheit werden.
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Und das geht jetzt jeden Tag so weiter, denn so macht man das. Manufacturing consent nach Chomsky.
The mass media serve as a system for communicating messages and symbols to the general populace. It is their function to amuse, entertain, and inform, and to inculcate individuals with the values, beliefs, and codes of behavior that will integrate them into the institutional structures of the larger society. In a world of concentrated wealth and major conflicts of class interest, to fulfill this role requires systematic propaganda.
In countries where the levers of power are in the hands of a state bureaucracy, the monopolistic control over the media, often supplemented by official censorship, makes it clear that the media serve the ends of a dominant elite. It is much more difficult to see a propaganda system at work where the media are private and formal censorship is absent. This is especially true where the media actively compete, periodically attack and expose corporate and governmental malfeasance, and aggressively portray themselves as spokesmen for free speech and the general community interest. What is not evident (and remains undiscussed in the media) is the limited nature of such critiques, as well as the huge inequality in command of resources, and its effect both on access to a private media system and on its behavior and performance.
A propaganda model focuses on this inequality of wealth and power and its multilevel effects on mass-media interests and choices. It traces the routes by which money and power are able to filter out the news fit to print, marginalize dissent, and allow the government and dominant private interests to get their messages across to the public. The essential ingredients of our propaganda model, or set of news “filters,” fall under the following headings: (I) the size, concentrated ownership, owner wealth, and profit orientation of the dominant mass-media firms; (~) advertising as the primary income source of the mass media; (3) the reliance of the media on information provided by government, business, and “experts” funded and approved by these primary sources and agents of power;[…]
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Wer ist eigentlich dieser “Geopolitiker” den der Standard hier interviewt hat?
Gerhard Toal, Virginia Tech, Mershon Center for international security studies.
Diesmal keine unmittelbare Think Tank Nähe, ordentliche institutionelle Laufbahn, … Er spricht von einer bestimmten “dominanten Konzeption” der Maidan 2014 Proteste im Westen die nicht die komplette Komplexität der Vorgänge widerspiegele, …” “Kein Coup, aber das war die dominate Wahrnehmung der russischen Sicherheitsapparats, der Victoria Nuland in der Ukraine beim Kekse verteilen beobachten konnte” (siehe: click).
(Startet im eingebetteten Youtube Video bei 17:30min in.)
Wait what? Und wie bekommen wir das jetzt mit “und was war Putins Motivation durch persönliche Prägung” zusammen?
Achja, garnicht - aber dafür hat man ja Medien die es darauf verkürzen können. Oder alternativ darüber spekulieren, was sich Putin, der russische Sicherheitsapparat oder sonst wer gedacht haben könnte (Geopolitik soll das aber trotzdem sein.), und die daraus die “dominante Konzeption” von Wirklichkeit basteln. Und mit jeder Repetition wird es ein Stück weit wahrer.
Komisch, Gerhard Toal ist ebenfalls der Meinung, dass der “hier ging es nicht um die Nato” Standpunkt falsch ist (“Wenn ein Staat etwas ununterbrochen und widerholt erwähnt, dann ist das als Datenpunkt zu werten.”) -- da kann man dem Standard nur gratulieren, dass er bei “Maidan war komplexer, und die populäre westliche Konzeption ist zu vereinfacht”, “Russische Sicherheitsdienste haben die Vorkommnisse als Coup aufgefasst, auch wenn es keiner war” und “die Nato Osterweiterung hat eine essentielle Rolle gespielt” mit dem sager “Putin hat seine eigene Propaganda geglaubt und ist emotional motiviert (persönliche Prägung)” aus dem Interview rausgeht.
Da hat wohl wer wieder mal nur die richtigen Fragen gestellt. Um nichts davon im Artikel zu haben.
Laut Gerhard Toal wäre die russische Fehleinschätzung, dass “Unterstützung” für eine Militärische Operation gegeben wäre dadurch zu erklären, dass unterschiedliche Umfrage Institute aus den “temporary occupied territories” unterschiedliche Daten rausgetragen haben. Dh. dass Leute “erwünscht” geantwortet hätten. Damit wäre “die Russen haben ihrer eigenen Propaganda geglaubt” im gewissen Sinne objektivierbar. Aber das deckt dann auch nur öffentlichkeitspolitische Aspekte einer Invasion ab. Das wäre jetzt in etwa so, als würden ich argumentieren, die US hätten den Irakkrieg verloren, da die Bevölkerung sie nicht als Befreier gefeiert hat. Zwischen dem Punkt, und dem eigentlichen Abzug, gab es noch einige in den Sand gesetzte Verhandlungsentscheidungen, den Ausschluss gewisser Gruppierungen von Verhandlungen, …
Ich werde an der Stelle immer so ungut skeptisch, an der mir jemand zu erklären versucht, dass die Propaganda die in den Separatisten-Regionen nicht erfolgreich genug war um einen Krieg überflüssig werden zu lassen, jetzt gut genug gewirkt hat um den russischen Führungszirkel daran glauben zu lassen, dass eine Invasion positiv aufgenommen werden würde.
edit: Das ganze kulminiert dann darin, dass sich Gerald Toal im Mershon Center Video nur unter Vorbehalt dazu äußert “was Putin persönlich antreibt”, da er hier kein Experte sei, im Standard aber genau eine diesbezügliche Aussage der Aufmacher des Artikels wird.
Aber es ist mehr als das - zum einen haben wir hier einen Experten der drei (vier auf der Folie, fürs Argument bracht er nur dre) Telefonumfragen im Donbas dazu nutzt das Narrativ zu bauen, er wüsste warum es den Angriffsbefehl gab. Eine Herleitung fährt wonach “sozial erwünschte Antworten” je nach Vorwahl der Nummer zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt haben, daraus dann ableitet, dass man im Kreml in diesem Punkt einer Fehlentscheidung aufgesessen sei. Woraus dann beim Standard “Putin hat seine eigene Propaganda geglaubt” wird. Wir haben hier induktive Logik ohne Überprüfbarkeit und dann Ubersprungslogik, die zur Überschrift wird.
Es ist aber mehr als das. Die “Interpretation” des “Denkens und des Geisteszustands Putins” durch “ich fühle, und denke mir“und dann Cold Reading durch die Bank ist ein Interpretationsmodus, der sich bei immer mehr Experten finden lässt. Die Propaganda Bilder mit den langen Tischen, die normalerweise aufgrund von Signalwirkung gemacht werden, animieren Lendvai dazu von Corona Angst zu schwadronieren, die PR Fotos in ner Großgruppe von Stewardessen rufen danach aber natürlich keine entsprechende Gegenreaktion hervor. Selbst Fiona Hill ist mittlerweile bereits unter die Leser von Gemütsverfassungen und individuell persönlichen Motivationen gegangen, vor dem Hintergrund dass sie “Putin einmal getroffen” und ein Buch über ihn verfasst hat. Ich mein ich finde das ganz nett, wie hier weiße Flecken durch Charakterinterpretationen aufgefüllt werden - aber die Pitfalls von induktiver Logik beim Lesen von emotionalen Ausdrücken und facial expressions kenne ich seit dem Leute wie Renee Ellory damit in den US Law enforcement Arbeit gemacht haben.
Welches Meeting, dass wir soetwas jetzt als anerkannte Argumentation “warum ein Krieg ausgelöst wurde” akzeptieren, habe ich verpasst?
Negative Attribution bei hoher Personalisierung vor diesem Hintergrund hat genau eine mögliche Wirkung auf dem politischen Parkett - und die ist, dass dadurch Regime Change erleichtert wird. (Für Bevölkerungen, für Machtzirkel, …) Dass das immer bewußt zum Einsatz kommt, will ich garnicht behaupten, Leute projizieren hier oftmals Wunschvorschtellungen. Wie die projizierte Auslegung einer Experten Meinung “was Putin denkt” dann in die Überschrift von Artikelserien kommt und zum Haupterklärungsmuster in der dominanten Auslegung des Zeitgeschehens wird - ist dann jedoch wieder nur mit Chomsky (Propagandamodell des Journalismus) zu erklären.