Also halten wir fest:
Die Ukraine verteidigt westliche Werte, auch wenn die Ukraine ein pluralistisches System ohne Rechtsstaatlichkeit und mit starken Demokratiedefiziten (Korruption) ist, so Meister, und der Parteienpluralismus von Selenskyj über den Krieg ausgesetzt wird (heutiger Stand, nach Äußerungen Selenskyjs - keine Wahlen im nächsten Jahr), ABER in der Ukraine findet ja ein Wertewandel statt -
weshalb “die Ukraine verteidigt europäische Werte” natürlich keine Propaganda ist, die für das Funktionsprinzip der Ukraine - Stichwort “wir brauchen jetzt eine EU-Beitrittsperspektive zur Motivation unserer Soldaten” (was offen als Argument vor den Zugreisen Europäischer Regierungsvertreter nach Kiew geäußert wurde und medial zirkuliert ist, da Selenskyj selbst es “zur Motivation der Bevölkerung in der Ukraine” als “Geste” öffentlich angefragt hat), notwendig ist, sondern vielmehr die Wahrheit, nichts als die Wahrheit und die reine Wahrheit.
[Auch wenn wir das Demokratien gegen Autokratien Narrativ weltweit nicht mehr weiter befeuern sollen, da das nicht funktioniert hat, weshalb wir davon außenpolitisch Abstand genommen haben.]
Das schafft der Stefan Meister aber nicht mehr als einmal in einer Stunde, oder?
Aber klar doch.
Stefan Meister ist der Meinung dass Putin beim Kriegsentscheid vor allem von Ja-Sagern umgeben war und so mit zu wenigen Einheiten etwas versucht hat, was er nicht schaffen konnte - nämlich die gesamte Ukraine einzunehmen [Meisters Meinung, ursprünglich von Mearsheimer], aber gleichzeitig auch während der Covid Krise zunehmend isoliert war [auch wenn Naftali Bennett das Gegenteil berichtet hat, nämlich dass Putin in Sochi in den Wochen davor von seiner Entourage an Ja-Sagern umgeben war], und hat in seiner Isolation die falschen Bücher gelesen -- trotzdem ist der Schwarzmeerhafen für Russlands Wirtschaft stark relevant [wir errinnern uns an den Venice Kommission Report der EU], so stark dass Russland jetzt noch nicht über einen Waffenstillstand verhandeln wollen würde, und viel stärker als der Donbas -- und gleichzeitig der Grund warum der Krieg jetzt leider noch achteinhalb Jahre gehen muss, da die Ukraine ja noch in einer schlechten Verhandlungsposition ist, und nur überleben kann, wenn sie die Krim wieder zurückverhandelt, da Russland sonst - über einen Militärhafen im schwarzen Meer, die ökonomische Lebensfähigkeit der Ukraine in Frage stellen kann.
Weshalb Russland ja seinen wichtigsten Marinestützpunkt im Mittelmeer in Verhandlungen aufgeben müsse. So Stefan Meister.
Dass “Putin setzt sich mit Staatsoberhäuptern an lange Tische, weil er Covid fürchtet” eine Propagandalüge war - ist hierfür nicht relevant.
(Ich musste im Studium an der Universität Wien noch lernen, dass die langen Tische in Russland zur Signalwirkung, dass man “in der Position weit auseinanderliegen würde” seit mehr als zwei Jahrzehnten eingesetzt werden. Das war in meinem Studium noch Prüfungsstoff.)
Dass Fiona Hill (Brookings Institution) das “Putin denkt er sei ein Zar” Narrativ in der Öffentlichen Verbreitung erfunden und weitergetragen hat -- und das von ihr bis zur vollkommenen Unglaubwürdigkeit zugespitzt wurde (“vor dem Kreml steht auch ein Statue von einem Vladimir - die Putin in Auftrag gegeben hat, und die sei jetzt wegen Doppel-Vladimir, ganz besonders für die Interpretation relevant”), während die Dame aber immer noch durch den englischsprachigen außenpolitischen Debatten Circuit getingelt ist, um aktiv auf die Frage zu antworten “Was denn Putin denkt -”, spielt dabei auch keine Rolle --
und dass jeder einzelne Aspekt dessen was Putin in “den von ihm referenzierten falschen Geschichtskanon” aus einem Propagandagesichtspunkt im Hinblick auf die Russische Gesellschaft wirkmächtig ist (“ein Volk”, “eine Nation”, “Ungerechtigkeit”, “Nazis”, “Heimholen”, “unsere religiösen Brüder”, …), ist auch nicht weiter relevant --
da die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) halt leider ebenfalls wieder keine Propaganda entdeckt hat.
Was will man machen…
Gut, die Brookings Institution ist institutionell dazu da amerikanische außenpolitische Interessen weltweit durchzusetzen, und die Dame war die Erste die das Narrativ medial verbreitet hat - aber das muss halt so sein, das hat schon seine Richtigkeit, was will man machen.
Also neben Stefan Meister in einzelnen Momenten dabei zusehen, wie er Argumente auf Fragen ersinnt, dann ideologisch abwägt - und erst dann von sich gibt.
So ist er beispielsweise auch der Meinung, dass eine Ukraine noch deutlich mehr Waffenlieferungen benötigen wird, und auch noch einmal eskaliert werden würde, damit die Ukraine in die Möglichkeit versetzt wird, die Krim durch eine bessere Ausgangslage in Verhandlungen wieder zurückverhandeln zu können, hält es aber gleichzeitig für eine Frage der Abwägung dass die deutsche Politik derzeit im Krieg zurückhaltend agiert und Taurus noch nicht geliefert wird.
Für jemanden der eingangs erwähnt, dass es ihn nicht in die Politik gezogen habe, da er nicht damit zurechtgekommen wäre politisch antworten und opportunistisch agieren zu müssen, ist das einfach eine außergewöhnliche Leistung.
edit:
Noch ein finales Argument des Vertreters der DGAP -- die deutsche Rechte (AfD) die ja putinnahe ist, setze sich nur für einen schnelleren Frieden ein, da das Thema von keiner anderen Partei politisch besetzt wäre.
Putin selbst wäre ja eigentlich für einen längeren Krieg.
Jetzt setzt sich aber gleichzeitig in den USA Code Pink (Friedensaktivismus Szene), die ja ebenfalls putinnahe sind - für eine Beendigung des Krieges ein, werden aber dort von Sanders nicht gehört, da der zuvor auf demokratische Parteilinie gebracht wurde für einen längeren Krieg zu sein - Zitat Code Pink Aktivistin, und der Standard musste noch schnell in Wien den Friedensgipfel der internationalen Friedensbewegungen -- an seinem ursprünglichen Austragungsort nicht mehr stattfinden lassen, da der ja von Russland unterwandert war --
Der Presseclub Concordia schlägt dem Fass grad den Boden aus
Was dann aber von der Wiener Zeitung (Gott hab sie seelig) noch über ein letztes Kommentar zurückgewiesen wurde.
Ich hoffe sie kennen sich aus.