Angriffswaffen, aber welche?

21. April 2022

Gehen wirs noch­mal durch. Am 24. März gibt der Direc­tor des ECFR die neu­en phi­lo­so­phi­schen Grund­sät­ze für Euro­pa durch, und der Stan­dard schreibt sie unge­fil­tert von Pro­ject Syn­di­ca­te ab.

Die zwei­te Fra­ge lau­tet, ob Euro­pa für eine regio­na­le Ord­nung bereit ist, die nicht auf Regeln und Insti­tu­tio­nen, son­dern auf einem Gleich­ge­wicht der Kräf­te basiert. Der alte Traum einer Ord­nung mit Russ­land ist geplatzt und wur­de durch eine Ord­nung gegen Russ­land ohne gemein­sa­me Insti­tu­tio­nen oder Ver­trau­en ersetzt. Dies wird zu einem gewal­ti­gen Schub der Wie­der­auf­rüs­tung füh­ren, der in Deutsch­land und Däne­mark bereits begon­nen hat. Außer­dem steht eine neue Debat­te über Mili­tär­ba­sen und Atom­waf­fen an, die Euro­pas Auf­merk­sam­keit (und ver­mut­lich Res­sour­cen) von ihrem glo­ba­len mul­ti­la­te­ra­len Enga­ge­ment abzie­hen wird.

Die letz­te gro­ße Fra­ge lau­tet, ob Euro­pa Teil einer regio­na­len Ord­nung ist oder einer glo­ba­len. Noch vor ein paar Wochen galt Euro­pa als geo­po­li­ti­scher Zuschau­er des wich­tigs­ten Kamp­fes im 21. Jahr­hun­dert: der Schlacht um die Kon­trol­le im Indo­pa­zi­fik. Der neue euro­päi­sche Krieg und die immer enge­re Part­ner­schaft zwi­schen Chi­na und Russ­land hat Euro­pa und “Eura­si­en” wie­der ins Zen­trum der Welt­büh­ne gerückt. Wie Jere­my Shapi­ro vom Euro­pean Coun­cil on For­eign Rela­ti­ons schreibt, muss die Nato sich jetzt mit den Demo­kra­tien in Asi­en ver­net­zen, ihre Poli­tik abstim­men und sogar ihre Res­sour­cen auf die euro­päi­sche und die pazi­fi­sche Büh­ne aufteilen.

Ich über­set­ze noch mal auf nicht ver­klau­su­liert - das Pri­mat Sta­bi­li­tät über Wirt­schafts­be­zie­hun­gen auf­zu­bau­en soll auf euro­päi­scher Ebe­ne zurück­tre­ten. Eini­ge ehem. Ost­block­staa­ten sol­len hoch­ge­rüs­tet wer­den. Zwecks erhöh­ter Resi­li­enz, soll über den Aspekt Ener­gie­si­cher­heit der Ein­fluss nor­di­scher Staa­ten zuneh­men, Groß­bri­tan­ni­en (Sicher­heits­ar­chi­tek­tur) soll eine gewich­ti­ge­re Rol­le ein­neh­men, und am Wich­tigs­ten, das ange­kün­dig­te Auf­rüs­tungs­bud­get in Deutsch­land soll vor allem in Nato Ver­bän­de flie­ßen, die sich zukünf­tig mehr im Indo-Pazifik enga­gie­ren soll­ten. Wäh­rend sich Deutsch­lands Ener­gie­kos­ten, post Spe­ku­la­ti­ons­bla­se, in etwa verdoppeln.

Deutsch­land hat da eine deut­lich ande­re Aus­rich­tung im Kopf (“Deutsch­land sol­le eine Frie­dens­macht blei­ben”), das Bud­get sol­le in die Erstel­lung eines kom­ple­men­tä­ren euro­päi­schen Ver­tei­di­gungs­bünd­nis­ses (Stra­te­gic Com­pass) fließen.

Letz­te­rer wur­de im Wor­d­ing fürs appease­ment unse­rer Freun­de in den US noch mal ordent­lich angepasst -

bleibt aber im Wesent­li­chen so offen, dass eine euro­päi­sche Ver­tei­di­gungs­ar­chi­tek­tur Euro­pas, die kom­ple­men­tär zur Nato agiert, aber als eigen­stän­di­ger Ver­bund bestehen bleibt, wei­ter­hin die Ideen einer fran­zö­si­schen Regie­rung Macron im Hin­blick auf die euro­päi­sche Sicher­heits­ar­chi­tek­tur ermöglicht.

Dazu die US im Wesent­li­chen - ‘bet­ter not’, sie­he: CNN

Das Geld sol­le doch viel eher in die Nato flie­ßen, wenn schon Mili­ta­ri­sie­rung Euro­pas und eine Abkehr von der Idee der Wirt­schafts­macht, dann bit­te auch so, dass Euro­pa das nicht unab­hän­gig von der Nato koor­di­niert - und dass man die Euro­pä­er dann erst wie­der um die Teil­nah­me an Ein­sät­zen ersu­chen müsste.

Also stellt man den Stol­ten­berg nach vor­ne, und lässt ihn erst­mal per­ma­nen­te Nato Trup­pen­ver­bän­de an der Nato Ost­flan­ke for­dern: click (Gibts auch von Reu­ters, aber hin­ter einer Pay­wall) (“per­ma­nen­te” ist wesent­lich) - lässt den US Gene­ral­stab neue US Basen in der Regi­on emp­feh­len (click) und es vom ECFR so ver­tei­len, als sei das “die neue euro­päi­sche Phi­lo­so­phie” das “wor­über sich Poli­ti­ker jetzt Gedan­ken machen müss­ten”, und zusam­men mit “einem lan­ge andau­ern­den Zer­mür­bungs­krieg” das “wor­auf Poli­ti­ker die Bevöl­ke­rung ein­schwö­ren müssen”.

Nicht mei­ne Rede, ECFR Arti­kel. Über Pro­ject Syn­di­ca­te - vom Stan­dard abge­schrie­ben.

Jetzt will Deutsch­land das aber per­spek­ti­visch eher weni­ger. (Ver­mu­tung.) Grö­ße­re Bedeu­tung nor­di­scher Staa­ten inner­halb der EU (lang­fris­ti­ge Ener­gie­lie­fe­ran­ten), grö­ße­re Bedeu­tung der ehe­ma­li­gen Ost­block­staa­ten, in denen dann neue Nato Basen ste­hen, grö­ße­rer Ein­fluss der Nato und damit Groß­bri­tan­ni­ens auf struk­tur­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen Euro­pas, gerin­ge­rer Stel­len­wert von Glo­ba­li­sie­rung, der eige­nen Bedeu­tung als Han­dels­macht, … (pfeif auf “Wan­del durch Han­del”, hier gehts um Wirt­schafts­leis­tung). Also Deutsch­land zahlt schön für die Zei­ten­wen­de, über­holt Frank­reich in Punk­to Mili­tär­aus­ga­ben - ist aber unter Umstän­den ver­gleichs­wei­se schlecht dran, wenns dar­um geht zu bestim­men, was mit den 100 Mil­li­ar­den Son­der­ver­mö­gen pas­sie­ren soll.

Wovon hängt das jetzt ab? Ver­mut­lich von der Eska­la­ti­ons­ent­wick­lung des Krie­ges in der Ukrai­ne, da die deut­sche Rüs­tungs­in­dus­tie in etwa 30 Jah­re braucht, um das zu errei­chen. Hält der Ukrai­ne Krieg jetzt, sagen wir mal fünf Jah­re an, wer­den sich die Stim­men meh­ren, mit dem Geld doch eher Waf­fen aus dem Aus­land zu kau­fen - schließ­lich brau­che man sie bereits akut und nicht erst in Zukunft.

Die US stim­men ihren Kon­gress ja schon pflicht­be­son­nen auf einen lan­ge andau­ern­den Krieg ein der Jah­re dau­ern könn­te - gemeint sind hier aber so etwa 3-5 Jah­re. Stol­ten­berg wie­der­holt das am nächs­ten Tag (sel­bes Wor­d­ing) - Scholz spricht aber wei­ter­hin davon dass er auf ein bal­di­ges Kriegs­en­de hof­fe, aber nicht um jeden Preis. Dafür sprin­gen ihm Tei­le sei­ner eige­nen Frak­ti­on an die Gur­gel, die Grü­nen sowie­so, und natür­lich auch die kom­plet­te Oppo­si­ti­on (natür­lich, da die Umfra­gen besa­gen, dass etwa 60% der Deut­schen schwe­re Angriffs­waf­fen in der Ukrai­ne sehen wollen).

Scholz hat in den letz­ten Tagen einen teil­wei­sen Rück­zug von sei­ner Posi­ti­on ange­tre­ten, indem er ver­si­chert hat, dass Deutsch­land einen Ring­tausch von Pan­zern vor­be­rei­ten wür­de. Dh. Pan­zer aus alten Sov­jet­be­stän­den die in ande­ren EU Staa­ten noch vor­rä­tig sind, gehen in die Ukrai­ne, Deutsch­land zahlt für den Ersatz im EU Mit­glied­staat, der dann - es muss ja schnell gehen, um die Defen­siv­ka­pa­zi­tä­ten Euro­pas nicht zu schmä­lern, höher­wer­ti­ge­res Kriegs­ge­rät aus Deutsch­land, oder US Fer­ti­gung erhält.

Die Argu­men­te dafür war­um kei­ne deut­schen Pan­zer in die Ukrai­ne gelie­fert wer­den sol­len (Ein­schu­lung daue­re zu lan­ge, und die brau­che es zur Ein­hal­tung von Ver­pflich­tun­gen mit Büd­nis­part­nern) sind nicht die belast­bars­ten. Jetzt könn­te Deutsch­land noch Schüt­zen­pan­zer anstatt Leo­pard 2 lie­fern, aber auch die wür­den der Ukrai­ne einen Vor­teil bei Coun­ter­insur­gen­cy und long ran­ge war­fa­re ver­schaf­fen (bin in 5 Minu­ten Red­dit lesen, zum Mili­tär­ex­per­ten geworden.).

Wenn ich jetzt die offi­zi­el­le EU Posi­ti­on her­an­zie­he was im Krieg denn noch erreicht wer­den müs­se - dann unter­schei­det die sich aktu­ell doch sub­stan­zi­ell von der der Ukrai­ne.

Also was will ich jetzt? Den Krieg ver­län­gern? Russ­land wirt­schaft­lich maxi­mal scha­den (die Resi­li­enz für wirt­schaft­li­che Kriegs­füh­rung in Euro­pa ist ja erst im Auf­bau, und die Sank­tio­nen wir­ken eben­falls bes­ser, je län­ger sie (die frü­hen) wir­ken)? Die kom­plet­te Ukrai­ne zurück­er­obern (Russ­land hät­te da etwas dage­gen)? Der rus­si­schen Armee maxi­mal scha­den (um zu ver­hin­dern dass Russ­land danach in Nato Gebiet ein­mar­schiert, wo die US doch mit­be­kom­men haben, wie schlecht sie bei koor­di­nier­ter Angriffs­füh­rung meh­re­rer Ver­bän­de sind)? Das Ato­ma­re Wett­rüs­ten in Euro­pa zu beschleu­ni­gen? Regimechange…

Und bevor ich dazu kom­me ein Ziel zu defi­nie­ren, ist der Stan­dard schon wie­der vor­ge­prescht und hat Moria­wi­ecki zum Hel­den geschrieben…

Mora­wi­ecki will Scholz hin­sicht­lich schwe­ren Waf­fen und Deutsch­lands “Zwei­deu­tig­keit” überzeugen

Polens Regie­rungs­chef Mateusz Mora­wi­ecki will Kanz­ler Olaf Scholz (SPD) von der Not­wen­dig­keit über­zeu­gen, schwe­re Waf­fen an die Ukrai­ne zu lie­fern. Er wer­de Scholz kon­tak­tie­ren und ihm klar­ma­chen, dass dies ein Wen­de­punkt in der Geschich­te Euro­pas und der Welt sei, sag­te Mora­wi­ecki am Don­ners­tag in der Nähe von War­schau. Die Ukrai­ner brauch­ten etwas, womit sie sich ver­tei­di­gen könnten.

Des­halb ist es not­wen­dig, ihnen Muni­ti­on und auch schwe­res Gerät zu geben. Hier ist die zwei­deu­ti­ge Hal­tung Deutsch­lands sicher­lich nicht hilf­reich.” Er wol­le mit Scholz reden, um die­se Hal­tung zu ändern.

Mora­wi­ecki beton­te, Polen lie­fe­re der Ukrai­ne eine gro­ße Men­ge an Aus­rüs­tung und Ver­tei­di­gungs­ge­rät, damit das Nach­bar­land sich gegen den bru­ta­len und kri­mi­nel­len rus­si­schen Angriff weh­ren kön­ne. Deutsch­land und Polen müss­ten gemein­sam han­deln, um die Chan­cen für die Wie­der­her­stel­lung des Frie­dens und der Sicher­heit zu erhö­hen. Dazu sei auch eine ent­schlos­se­ne Abkehr von rus­si­schem Erd­öl, rus­si­schem Gas und rus­si­scher Koh­le nötig.

src: click

Ah, sor­ry - Gewohn­heits­feh­ler, dies­mal hat nur die Bevöl­ke­rung die den Arti­kel kom­men­tiert ihn zum Hel­den (und Scholz zum kor­rup­ten SPD Bon­zen) gestem­pelt. Der Stan­dard hat neu­tral formuliert.

Es gesche­hen noch Zei­ten und Wunder.

Bis zum nächs­ten Pro­ject Syn­di­ca­te Arti­kel, den der Stan­dard wie­der unkom­men­tiert abschreibt…

edit: Aktu­el­ler Bericht der die Zahl aktu­el­ler Bin­nen­flücht­lin­ge inner­halb der Ukrai­ne lis­tet: click

edit2: Die Grü­nen sind gera­de hoch­krea­tiv geworden!

Hof­rei­ter warnt Regie­rung vor einem „De-facto-dritten-Weltkrieg“

Durch Deutsch­lands Zurück­hal­tung bei Waf­fen­lie­fe­run­gen an die Ukrai­ne dro­he sich der Krieg aus­zu­wei­ten, sagt der Grü­ne Hof­rei­ter. Er wider­spricht dem Kanzler.

Deutsch­land kön­ne zu wenig Waf­fen lie­fern um den drit­ten Welt­krieg zu ver­mei­den! src: click

What we do is heroic, the other side does propaganda though

20. April 2022

Erin­nert sich hier noch wer an das Pro­fil Inter­view mit dem rus­si­schen Bot­schaf­ter?

Das, das zuerst únkommentiert (aber mit kri­ti­schen Nach­fra­gen ver­se­hen) erschie­nen ist? Wor­auf sich Armin Wolf gegen die offen gelas­se­nen non deni­al deni­als gestellt und einen Fak­ten­check ein­ge­for­dert hat?

Wor­auf die Redak­ti­on des pro­fil dann erst mal den Kol­ler bekom­men hat, sich danach selbst denun­ziert hat (“man habe ja nur ver­öf­fent­licht, um der Öffent­lich­keit zu ver­deut­li­chen wie rus­si­sche Pro­pa­gan­da funk­tio­niert” - ansons­ten hät­te man selbst­re­dend zensiert…)

Und dann nur vier Tage spä­ter nach­ge­reicht hat, wie rus­si­sche Pro­pa­gan­da im Inter­view wirk­lich funk­tio­niert, das dann aber in einem over­spe­ci­fic rebuttal?

Ich habs damals hier nicht auf­ge­grif­fen, da die For­mu­lie­rung des rus­si­schen Bot­schaf­ters bewusst wage (“ein Kran­ken­haus in Mariu­pol”) und die Gegen­dar­stel­lung des Pro­fil (“die­ses Kran­ken­haus in Mariu­pol hat­te einen Bom­ben­kra­ter vor der Tür”) bewusst über­spe­zi­fisch waren. Zu einem Zeit­punkt zu dem kei­ne Inter­na­tio­na­le Unter­su­chungs­kom­mis­si­on ein Ergeb­nis ver­laut­bart hat­te - der Teil hat sich mitt­ler­wei­le geän­dert, und es exis­tie­ren der OSZE zur Fol­ge nun glaub­haf­te Nach­wei­se: click (die drei OSZE Exper­ten waren nicht vor Ort und stüt­zen sich auf Beweis­ma­te­ri­al der ukrai­ni­schen Regie­rung sowie NGOs in dem Feld mit denen sie kom­mu­ni­zie­ren konnten) -

vor dem Hin­ter­grund, dass die WHO 150 Angrif­fe auf medi­zi­ni­sche Ein­rich­tun­gen in der Ukrai­ne doku­men­tiert hat - bei denen aus deren Daten­bank nicht ersicht­lich ist in wel­cher Stadt oder Regi­on sie ver­übt wur­den (wäh­rend bel­ling­cat in ihrer Daten­bank nur eine ande­re Health faci­li­ty in Mariu­pol gelis­tet haben (Daten­bank ist hier nicht kom­plett)), könn­ten die bei­den theo­re­tisch immer noch anein­an­der vor­bei­re­den -- aber die­se Argu­men­ta­ti­on war selbst mir zu shaky, also hab ichs damals gelassen.

Was ich jedoch nicht so ein­fach ver­kraf­te, ist der Impuls der Chef­re­dak­ti­on des Pro­fil sich selbst zu denun­zie­ren um die Ver­öf­fent­li­chung nach­fol­gend mit etwas zu recht­fer­ti­gen, was sie dann erst vier Tage spä­ter tun (den Fak­ten­check nach­lie­fern). Auch das impli­zier­te “das gehört ein­fach kom­plett zen­siert” (weil das ist ja Pro­pa­gan­da) berei­tet mir dezen­tes Krib­beln ent­lang des Rück­grads. Wie Wolf wäre ich näher an der Posi­ti­on ‘Ver­öf­fent­li­chen, aber kontextualisieren’.

Jetzt ist da aber schon wie­der was passiert…

Der Wal­lisch hat wie­der mal einen Arti­kel publiziert.

Hier in Auszügen:

War­um Kiews Diplo­ma­ten mit dras­ti­schen Wor­ten vor Russ­land warnen

Die Ver­bün­de­ten der Ukrai­ne soll­ten dabei hel­fen, dass die­ser Krieg nicht ver­ges­sen wird

Kon­fron­ta­ti­on, um Auf­merk­sam­keit zu erreichen

Was die­se kon­fron­ta­ti­ve Form der ukrai­ni­schen Diplo­ma­tie bezweckt, ist jeden­falls son­nen­klar: Auf­merk­sam­keit erzie­len, den Fin­ger in Wun­den legen, gegen das Ver­ges­sen und die Gleich­gül­tig­keit ankämp­fen. Das hat obers­te Prio­ri­tät – auch um den Preis zwi­schen­zeit­li­cher Irri­ta­ti­on. Um Aus­spra­che, Klä­rung, sogar Ver­söh­nung kann man sich spä­ter kümmern.

Denn in einem Fall hät­te die Ukrai­ne ihren Kampf ums Über­le­ben schon jetzt ver­lo­ren: wenn die Soli­da­ri­tät, die Waf­fen­hil­fe, das poli­ti­sche Enga­ge­ment für die Ver­tei­di­ger nach­las­sen wür­den; und womög­lich auch die Sank­tio­nen gegen den Aggres­sor. Das will, ja das muss Kiew verhindern.

Ja ich würd sagen, an der Stel­le soll­te man Pro­pa­gan­da in die Bericht­erstat­tung ein­bin­den oder etwa nicht?

Andrij Mel­nyk, der ukrai­ni­sche Bot­schaf­ter in Deutsch­land, ver­steckt sich schon seit Mona­ten nicht mehr hin­ter diplo­ma­ti­scher Ver­klau­su­lie­rung, son­dern spricht direkt aus, was aus Sicht der Ukrai­ne falsch läuft in der deut­schen Außen­po­li­tik. Er schreckt nicht davor zurück, die aus Kie­wer Sicht all­zu Russland-freundliche Poli­tik des vor­ma­li­gen Außen­mi­nis­ters und nun­meh­ri­gen Bun­des­prä­si­den­ten Frank-Walter Stein­mei­er anzu­pran­gern; eine Poli­tik, die letzt­lich den rus­si­schen Angriff auf die Ukrai­ne erst mög­lich gemacht habe. “Die Auf­ar­bei­tung kommt noch. Shame on you”, wet­ter­te der Diplo­mat in ver­blüf­fen­der, für man­che auch empö­ren­der Direktheit.

Andrij Mel­nyk wet­ter­te: “Die Auf­ar­bei­tung kommt noch. Shame on you.”

Völ­lig undi­plo­ma­tisch tritt auch der ukrai­ni­sche Bot­schaf­ter bei den Ver­ein­ten Natio­nen, Ser­gej Kys­lyzja, auf. Er sag­te zu Kriegs­be­ginn zu Was­si­li Nebens­ja, sei­nem rus­si­schen Gegen­über im UN-Sicherheitsrat: “Für Kriegs­ver­bre­cher gibt es kein Fege­feu­er. Sie fah­ren direkt zur Höl­le, Botschafter.”

Gut, den Teil bei dem Selen­skyj zum Sturz west­li­cher Regie­run­gen durch das Volk auf­ruft, das schon viel wei­ter wäre als die Regie­run­gen hat er aus­ge­las­sen - sie­he: click

Aber man darf den Leser nicht gleich überbeanspruchen…

Abwen­den darf kei­ne Opti­on sein

Es wäre ein Sün­den­fall der Ver­bün­de­ten der Ukrai­ne, wür­de die­ser Krieg all­mäh­lich aus dem Fokus unse­rer Auf­merk­sam­keit rücken; wür­de unse­re Betrof­fen­heit nach­las­sen; wür­de der Umstand unwi­der­spro­chen blei­ben, dass eine Bri­ga­de für offen­sicht­li­che Kriegs­ver­bre­chen vom Kreml geehrt wird.

Also in dem Fall Pro­pa­gan­da bit­te nicht zen­sie­ren, das hät­te dann ja uner­wünsch­te Aus­wir­kun­gen aufs Volk. Natür­lich mora­lisch begründet.

Wie jetzt Wider­spruch gegen die Ehrung von Kriegs­ver­bre­chern (bin ich dabei), mit Diplo­ma­ten­re­den zusam­men hängt, die davor gehal­ten wur­den, die dar­auf abzie­len den Adres­sa­ten emo­tio­nal nicht zu ver­ges­sen las­sen, das weiß der Wal­lisch auch, er muss ein­fach die Exis­tenz von Jour­na­lis­mus als Instanz aus­blen­den, und schon klappts. Weil, ver­öf­fent­li­chen, aber kon­tex­tua­li­sie­ren, das geht ja nicht mehr. Ent­we­der du bist hei­lig, oder du bist böse. Eit­her you are with us, or you are the enemy.

Der Arti­kel ist so gut, den muss man zur Gän­ze selbst gele­sen haben, um zu glau­ben was da drin steht.

edit: Beson­ders beliebt in die­sem Zusam­men­hang ist auch das obli­ga­to­ri­sche, ange­pinn­te “der Sün­den­fall pas­sier­te bereits 2014” Kom­men­tar, damit man sich die Zeit dazwi­schen nicht zu genau ansieht. Da wir ja alle wis­sen dass Krie­ge oft­mals die Fol­gen von Sün­den­fäl­len sind (*sarc*). Gera­de die katho­li­sche Kir­che kann ein Lied davon sin­gen. Moment, wo steht die eigent­lich im Moment? Ah.

edit2: Die Wie­ner­zei­tung erdreis­tet sich doch glatt dem zu wider­spre­chen. Na zum Glück liest die niemand.

edit3: Irgend­wie blöd, jetzt for­dert Khrush­che­va auf DW gera­de mehr diplo­ma­ti­sche Bezie­hun­gen zu Russ­land für den Fall dass das Land zukünf­tig wei­ter desta­bi­li­siert wird. Falls das ein­tre­ten soll­te, glaub ich, bekommt die gesam­te Pro­fil Redak­ti­on gleich noch­mal den Koller.

Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen

20. April 2022

Deutsch­land gibt die Pro­duk­ti­on von in Deutsch­land pro­du­zier­ten Kriegs­gü­tern frei und finan­ziert sie (nach aktua­li­sier­ter Wunsch­lis­te der Ukrai­ne). Mit dabei - Pan­zer­ab­wehr­waf­fen, Luft­ab­wehr, Muni­ti­on, “und auch das was man in einem Artil­le­rie­ge­fecht ein­set­zen kann” (auf Nach­fra­ge noch ein­mal zu “Bestand­tei­le von Artil­le­rie die man ein­set­zen kann” unkon­kret kon­kre­ti­siert). Deutsch­land finan­ziert die Umrüs­tungs­pro­gram­me ande­rer Staa­ten (‘unter­stützt sie’), bei denen schwe­re Angriffs­waf­fen aus ehe­ma­li­ger sowje­ti­scher Pro­duk­ti­on in die Ukrai­ne gehen und die US den Ersatz für die bereit­stel­len­den Nato Staa­ten lie­fern. Deutsch­land sieht es als sei­ne Rol­le die gefor­der­te 50 Mil­li­ar­den Euro für die Auf­recht­erhal­tung der Ukrai­ni­schen Wirt­schaft im Rah­men sei­nes G7 Vor­sit­zes zu ermöglichen.

Begrün­dung: Wer­te­ord­nung (Angriffs­krieg steht dann immer im sel­ben Satz gleich dane­ben, damit es auch ein­gän­gig bleibt wie wesent­lich das jetzt ist, da der Angriffs­krieg ja unwi­der­spro­chen falsch, ver­werf­lich und völ­ker­rechts­wid­rig ist), und um eine Aus­wei­tung des Krie­ges auf ande­re Regio­nen zu verhindern.

edit: Mehr Waf­fen­lie­fe­run­gen im Kon­text: click

What heavenly bliss -

19. April 2022


this fee­ling of get­ting to know, that the US was so proac­ti­ve and pro­duc­ti­ve at this years munich secu­ri­ty conference.

Also the fee­ling of eter­nal gra­ti­tu­de, that stems from knowing that the EU cur­r­ent­ly has a com­ple­te depen­den­cy on the US in mili­ta­ry defen­se sup­port mat­ters (via NATO), real­ly is unparalleled.

On a sideno­te - it is such a joy to final­ly see the open socie­ty foun­da­ti­on (has Pro­ject Syn­di­ca­te yet ano­t­her arti­cle rea­dy - for der Stan­dard to copy and repu­blish in full, without any edi­to­ri­al con­text - as it does?) the for­mer head of the munich secu­ri­ty con­fe­rence and Joseph S. Nye united in videoconference.

Cant wait for the deba­te amongst them. I’ll defi­ni­te­ly set asi­de five minu­tes for them to sol­ve all the dis­pu­tes that might arise.

Also, this.

19. April 2022